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Die Frauen von Nell Gwynnes

Die Frauen von Nell Gwynnes

Titel: Die Frauen von Nell Gwynnes
Autoren: Kage Baker
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Zwillinge und sie lebten nun als Schutzbefohlene in seinem Haushalt.
    Lady Beatrice erreichte ihre Türschwelle, und man begrüsste sie mit Schreckensschreien. Offensichtlich waren ihre Briefe in der Post verlorengegangen. Ihre Mutter fiel in Ohnmacht. Onkel Frederiks Frau kam dazu und fiel ebenfalls in Ohnmacht. Charlotte und Louise rannten herbei, um zu sehen, was geschehen war. Sie fielen zwar nicht in Ohnmacht, stiessen aber spitze Schreie aus. Onkel Frederik folgte ihnen und starrte den Heimkömmling an, dass ihm die Augen schier aus dem Schädel quollen.
    Nachdem man ihre Mama und Tante Harriet ins Leben zurückgeholt hatte, sassen sie engumschlungen und weinend auf einer Récamière, während Lady Beatrice berichtete, was ihr zugestossen war.
    Es folgte eine lange, schmerzliche Debatte. Sie dauerte den Tee und das Abendessen hindurch an. Es erwies sich, dass man Lady Beatrices unerwartete Rückkehr unter die Lebenden als ausgesprochen lästig empfand, auch wenn man sie durchaus tiefempfunden und ernsthaft betrauert hatte, als Mama annehmen musste, sie sei gestorben. Hatte sie denn keinen Gedanken daran verschwendet, was für eine Schande sie über das Haus brachte, wenn sie zurückkehrte, nach allem, was ihr geschehen war? Was sollten Tante Harriets Nachbarn denken?
    Ihr Onkel Frederik sagte ihr praktisch ins Gesicht, sie habe in jenen Monaten in Dschellalabad ihren Körper an die Soldaten des dreizehnten Regiments verkauft – und falls nicht, so hätte sie es genausogut tun können, denn jeder hier würde es glauben.
    An diesem Punkt fiel ihre Mama erneut in Ohnmacht. Während der allgemeinen Bemühungen, sie wieder zu sich zu bringen, attackierten Charlotte und Louise ihre Schwester aufs heftigste und beschimpften sie ob ihrer Selbstsucht. Hatte sie denn keinen Gedanken daran verschwendet, welche Auswirkungen ihre skandalösen Erlebnisse auf ihrer beider Aussichten auf eine gute Partie haben würden? An diesem Punkt setzte ihre Mama sich wieder auf und flehte Lady Beatrice unter Tränen an, ins Kloster zu gehen. Diese antwortete, sie glaube nicht mehr an Gott.
    Daraufhin erhob sich ihr Onkel Frederik vom Abendessenstisch, das Gesicht vor Wut dunkel verfärbt, während die Bediensteten gerade den Fischgang auftrugen. Er teilte Lady Beatrice mit, sie dürfe diese eine Nacht um ihrer armen Mama willen unter seinem Dach schlafen, aber am nächsten Morgen werde er sie persönlich ins nächste Kloster bringen.
    Woraufhin ihre Tante Harriet wiederum in den Raum warf, das nächste Koster befinde sich in Frankreich, so dass er den ganzen Tag fahren und obendrein noch eine Schiffspassage werde buchen müssen, was alles andere als achtbar sei. Ihr Onkel Frederik brüllte, das sei ihm gottverdammt egal. Ihre Mama wurde erneut ohnmächtig.
    Lady Beatrice entschuldigte und erhob sich. Sie ging nach oben, fand das Zimmer ihrer Mutter, plünderte deren Schmuckkästchen und verliess das Haus durch die Hintertür.
    Sie erwischte im Dorf die Nachtkutsche nach London, wo sie eine Halskette ihrer Mutter versetzte und sich für ein Quartal in einem kleinen Raum in der Marylebone Road einmietete. Danach suchte sie eine Schneiderin auf und liess sich aus der strahlendsten scharlachroten Seide, die sie in deren Stoffvorräten finden konnte, ein Ensemble abstecken. Später suchte sie einen Hutmacher auf und gab die passende Kopfbedeckung in Auftrag.
    Am nächsten Tag suchte sie in den Geschäften nach Schuhen und fand ein Paar von der Stange in ihrer Grösse, die wirkten, als kämen sie mit weiten Strecken zurecht. Des weiteren erstand Lady Beatrice eine Auswahl an Kosmetika.
    Sie holte ihr scharlachrotes Gewand ab, als es fertig war. In ihrem Zimmerchen legte sie es an und stellte sich vor das gesprungene Spiegelglas über ihrem Waschtisch. Hoch erhobenen Hauptes umrandete sie ihre grauen Augen mit dem schwärzesten Kohlstift.
    Was blieb ihr noch, ausser zu sterben?

Kapitel 3
    In welchem sie ihr Leben fortsetzt.

    D ie Arbeit schien keineswegs so furchtbar zu sein, wie Lady Beatrice gehört hatte. Allerdings wurde ihr klar, dass ihre Perspektive ein wenig ungewöhnlich war. Sie fand nie Befriedigung durch den Akt, aber zumindest war er nicht schmerzhaft wie zuvor auf dem Chaiber-Pass. Sie achtete sorgfältig darauf, stets mehrere Lammhaut-Hüllen in ihrem Pompadour mitzuführen, und liess ihren Körper schuften wie einen Brauereigaul. Er leistete ihr gute Dienste und ermöglichte ihr anständige Mahlzeiten, einen sauberen
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