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Die Frauen des Journalisten (German Edition)

Die Frauen des Journalisten (German Edition)

Titel: Die Frauen des Journalisten (German Edition)
Autoren: Gerlind Schmidt
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anders verlaufen, wenn Irene das Kind damals zur Welt gebracht hätte? Sein Leben wäre vermutlich so ähnlich verlaufen wie jenes seiner ehemaligen Kommilitonen. Frau, Kind, Geld verdienen müssen, Verpflichtungen ohne Ende.
    Ein Lachen stieg in ihm auf, als die Erinnerung an eine Veranstaltung in der kleinen Stadt am Harz auftauchte. Kaum 17 war er damals. Wie war das gewesen? Plötzlich sah er alles vor sich, als sei es gestern gewesen. Der Große Saal der Stadt war voll, alles junge Menschen um die 18 Jahre. „Muße die Liebe zerschellen?“, ja so oder ähnlich war das Motto der Veranstaltung gewesen. Viele junge Menschen hatten damals in der DDR sehr jung geheiratet. Die jungen Ehen hatten dann manchmal kaum zwei Jahre gehalten, so dass die Scheidungen rasant anstiegen. Na klar, wie kann man auch so jung und mit Kind in einer Ehe glücklich werden. Ohne eigene Wohnung, ohne ausreichendes Einkommen und überhaupt. Was für eine blöde Frage er damals gestellt hatte. Ungefähr so muss die gewesen sein: „Ist ein Mann geistig und moralisch reif mit 18 Jahren eine Ehe einzugehen?“
    Der Versammlungsleiter hatte die Anwesenden darüber abstimmen lassen. Mit dem Ergebnis, dass die Mehrheit sich dagegen entschied. Er hatte daraus nichts gelernt. Er war wohl der Erste aus seinem Jahrgang gewesen, der so früh geheiratet hatte. Nein, so wie es später gekommen war, für ihn ist es richtig gewesen. Fast könnte man da an ein vorbestimmtes Schicksal glauben.
    Ein noch viel wichtigerer Eingriff in sein Leben war doch aber die politische Wende im Osten Deutschlands gewesen. So wie wahrscheinlich für die meisten Menschen hier. Ihm war die neue Freiheit nach kurzer Zeit hilfreich gewesen für seine berufliche Laufbahn. Sicher es war nicht alles glatt gegangen am Anfang, aber offen und neugierig wie er war,  hatte er fast instinktiv das Richtige getan. Bei diesem Gedanken empfand er eine innere Befriedigung.
    Irene – ja sie war nicht sehr stark. Er machte eine Bewegung mit der rechten Hand, so als wolle er eine Fliege verscheuchen, mit ihm hatte das nichts mehr zu tun.
     
    ***
     
      Sie, Irene Wortmann, hatte ihren Mann während seines Studiums in Leipzig kennen gelernt. Damals war sie gerade achtzehn. Sie war noch in ihrer Lehrzeit und mit einer Freundin ging sie abends häufig in Gaststätten, in denen auch Studenten anzutreffen waren. Mit ihrem dunklen Haar, dass sie schulterlang trug und ihren großen braunen Augen, war sie darauf aus, unter den Studenten ihren Mann zu finden. Ihre schon sehr weiblichen Formen ließen sie älter erscheinen. Sie war sich der Wirkung ihrer Formen sehr bewusst und verstand es, ihre Reize gezielt einzusetzen. Andere Mädchen in ihrem Alter waren dagegen oft knabenhaft.
    Irene hatte auch kaum mehr zu bieten als ihre weiblichen Reize. Durchschnittlich intelligent, ohne besondere Vorlieben, dachte sie daran möglichst früh zu heiraten. Sie wollte einen Mann, der für alles sorgen konnte, ihr ein komfortables Leben bieten würde. Zu Hause bei ihrer Mutter war es eng und die Wohnungseinrichtung einfach. Immer gab es nur das Nötigste. Eine kleine Kammer aber gehörte nur ihr. Manchmal schämte sie sich für alle diese Dürftigkeiten. Obwohl die Mutter trotz ihres geringen Einkommens, dass sie als Verkäuferin bekam, alles für sie  gab, was sie brauchte. Ihr eigenes Lehrlingsgeld durfte sie für sich behalten, so dass sie sich davon moderne Kleidung kaufen konnte.
    Während einer ihrer abendlichen Ausflüge lernte sie Wortmann kennen. Wortmann begriff sofort mit seinem jugendlichen Kennerblick, was sich ihm da anbot. Und noch am gleichen Abend landete er in Irenes Bett. Sie hatte bereits einige sexuelle Erfahrungen, das spürte er und es machte ihn zusätzlich an. Zwischen den beiden entspann sich eine ziemlich heftige, unkomplizierte Beziehung. Er besuchte sie unregelmäßig, wenn die Mutter nicht zu Hause war, meist nachmittags. Gelegentlich dann ein Kinobesuch, sonst schob Wortmann sein Studium vor. Eines Abends  wurde aber alles plötzlich anders. An einem sehr schönen warmen Frühsommerabend eröffnete ihm Irene, nachdem sie miteinander geschlafen hatten, dass sie schwanger sei. Einfach so, ohne ihn irgendwie vorzubereiten.
    „Was, was redest du da? Wir haben immer aufgepasst“, fragte er entsetzt.
    „Es ist aber so. Ich bin zum zweiten Mal über meine Regel. Mein nächster Frauenarzttermin ist übermorgen.“
    Sie sah Zweifel in Michaels Augen. Sie sah auch die nächste
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