Die Frauen des Journalisten (German Edition)
durchstehen. Alles wird gut werden.“ In ihrem Kopf sprach sie mit der großen Schwester.
„Wenn ich dir am Ende alles erzählen kann, was ich getan habe, wird es vielleicht sogar uns beiden helfen.“
Nach einer Weile stand sie dann auf, brachte ihr Tablett zur Geschirrstation und stieg kurz darauf wieder in ihr Auto. Sie stellte ihr Autoradio an, bevor sie losfahren wollte. Aus dem Radio kamen einige Takte Jazzmusik, sie erstarrte.
„Wie ich diese Musik hasse, davon wird einem ekelhaft übel.“, brüllte sie das Radio an und stellte es angewidert ab. Dann fuhr sie weiter nach Leipzig.
Claudia erreichte das Haus in dem schönen Park zum Nachmittagskaffee. Wie schon oft, lief sie sofort in den Aufenthaltsraum, wo zu dieser Zeit noch einige Bewohner des Hauses saßen. Sie sah sofort, dass ihr Platz leer war. Sie sah sich um, nein, die Schwester saß auch nicht an einem anderen Tisch. Erregt lief sie draußen den Gang entlang zu ihrem Zimmer, wollte die Tür aufreißen. Aber die Tür war verschlossen. Claudia wollte gerade ihre Hand heben, um an die Tür zu schlagen, da besann sie sich. Ihre Erregung stieg, was war hier los? War sie vielleicht krank geworden?
Als sie über den langen Flur zum Zimmer gelaufen war, hatte sie die offene Tür des Dienstzimmers völlig übersehen. Aber die Schwester am Schreibtisch hatte bemerkt, wer da so eilig vorbei lief. Sie war auf den Flur getreten und empfing Claudia jetzt.
„Wo ist sie? Ist sie krank?“ Claudia war dem Weinen nahe, konnte ihre Erregung nicht zügeln.
„Komm erst mal rein und setzt dich.“, forderte sie die Schwester beruhigend auf.
Claudia setzte sich in dem schmalen Büro auf den angebotenen Stuhl vor dem Schreibtisch. Die Schwester blieb neben ihr stehen, nahm beruhigend Claudias Hand.
„Sie ist ausgezogen. Sie wurde abgeholt.“
Claudia starrte ihre ehemalige Kollegin mit weiten Augen an.
„Aber das geht doch gar nicht. Davon weiß ich nichts. Wer hat sie denn abgeholt? Warum?“ Claudia war außer sich, sie fing an zu zittern.
„Claudia beruhige dich bitte. Ich weiß wie sehr du sie gemocht hast, dass sie für dich fast wie eine Schwester war. Du bist aber nicht mit ihr verwandt. Es tut mir leid, mehr kann ich dir nicht sagen. Alles hat seine Richtigkeit, die Angelegenheit wurde von amtlicher Seite geprüft und so entschieden.“
Claudia weinte nun doch, fassungslos.
„Es gibt ja niemand, der mit ihr verwandt ist. Sie hat doch nur mich. Das kann alles nicht richtig sein.“
„Doch Claudia, es hat schon seit einiger Zeit Bemühungen gegeben, sie hier heraus zu holen. Nochmal: du warst nur ihre Freundin, niemand musste dich davon in Kenntnis setzen. Aber das weißt du auch ohne, dass ich es dir erklären muss Beruhige dich jetzt bitte. Wenn du möchtest, kannst du noch etwas drüben sitzen bleiben.“ Sie reichte Claudia die Hand, um sich zu verabschieden.
„Du wirst darüber hinwegkommen, bestimmt. Sie hat jetzt wieder ein richtiges zu Hause. Glaube mir.“
Claudia war langsam aufgestanden, schüttelte den Kopf und verließ das Büro.
***
Gegen 9 Uhr traf Röder in der Kanzlei ein. Es duftete bereits nach frischem Kaffee.
Karin war schon seit einer Stunde im Büro, um das Tagesgeschäft vorzubereiten.
„Guten Morgen Karin, da komme ich ja gerade richtig. Gestern Abend bin ich doch erst spät zurück gewesen. Bringen Sie mir bitte gleich eine Tasse rüber. Ach, Paul wird auch gleich kommen. Der ist ja immer glücklich über Ihren Kaffee.“
„Guten Morgen, Herr Röder, ich komme gleich rüber und bringe alles.“
Mit ihrem beladenen Tablett und einem Notizblock unter dem Arm folgte sie Röder wenig später. Kaum war sie fertig mit dem Tischdecken, klingelte es zweimal kurz. Lienhardts Zeichen. Karin Sander ließ Lienhardt herein und nahm ihn mit in das Chefzimmer. Nach einer kurzen Plauderei, während der sie ihren Kaffee tranken, begann Röder die Beratung. Beide Männer berichteten kurz, was sie in den beiden letzten Tagen im Fall Wortmann erreicht hatten, in der Art, dass Karin für den Akt genaue Notizen machen konnte. Anschließend verließ sie die Männer.
„Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Warum hat sie nicht gesagt, wo sie wirklich arbeitet? Es kann doch nicht sein, dass sie sich schämt in einem Pflegeheim zu arbeiten. Oder?“, begann Röder das nachfolgende Gespräch.
„Für eine solche Arbeit muss man sich nicht schämen. Vor Menschen, die dort arbeiten
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