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DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

Titel: DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
Autoren: Diane Ducret
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und Rumäniens abgebildet, wie es neben Zhou Enlai auf dem Platz des Himmlischen Friedens steht. Schon da setzt Elena Jiang Qings Ratschläge um: Sie präsentiert sich an der Seite ihres Ehemannes möglichst vorteilhaft, um an Popularität und Einfluss zu gewinnen. Ihre Macht wächst. Jetzt kann sie sich brüsten, Seite an Seite mit Nicolae das Land zu neuen Ufern zu führen.
    Nun, da sie einmal den Rausch des Bades in der Menge erfahren hat, sie teilhaben durfte an den Paraden und den öffentlich inszenierten Lobhudeleien, zu denen die chinesische Regierung das Volk zwang, will sie alles haben. Sie wird künftig bei allen Staatsakten präsent sein.
    Als das Paar am 25. Juni nach Rumänien zurückkehrt, erhalten die Rumänen einen ersten Vorgeschmack auf die neue Elena. Sie ist sorgfältig frisiert und besser gekleidet als früher und lässt sich gerne von den Fotografen ablichten. Von nun an wird sie Propaganda für sich selbst machen, unabhängig von ihrem Ehemann.
    Am 23. August nimmt sie zum ersten Mal an einer großen Versammlung teil. Zuerst steht sie hinter Nicolae und macht ein Zeichen mit der Hand, dann tritt sie nach vorn und grüßt mit hoch erhobenem Kopf in die Menge. Am 4. Oktober bestätigt Scînteia , Rumäniens Staatsblatt „Der Funke“, Elenas neue Rolle. Sie wird nicht mehr als Nicolaes Frau dargestellt, sondern als Genossin Elena: „Angesehene Ingenieurin, Doktorin, Leiterin des Nationalrates für Wissenschaft und Technik“. Eine geschickte Taktik: Zwei Jahre später wird sie mit ihrer ersten offiziellen Regierungsmission betraut.
    Kulturrevolution oder sexuelle Revolution?
    Nicolae war stets beeindruckt, wie Mao auf das schwache Geschlecht wirkte und es zu beherrschen verstand. Die Umgestaltung Rumäniens war ohne die „Neue Frau“ nicht möglich. Für Nicolae ist es „die größte Ehre der Frau, Kinder in die Welt zu setzen, ihnen das Leben zu schenken und sie aufzuziehen. Es gibt kein anderes Ziel für eine Frau als schwanger zu werden“ [11] , erklärt er. Wirklich neu ist dieses Frauenbild allerdings nicht. Er will auch für Rumänien haben, was er in China gesehen hat: Frauen, befreit von ihrer angeborenen Lasterhaftigkeit und ihrer anarchischen Sexualität. Dort sind die Frauen nicht angemalt, anders als diese koketten Rumäninnen, die sich viel zu stark schminken. Außerdem wollen die Rumäninnen immer noch dieses sündteure französische Parfum. Und wer sich das nicht leisten kann, greift eben zu den Billigimporten aus Bulgarien. Was für eine Schande! Dem wird Nicolae ein Ende setzen. Außerdem sind die Chinesinnen schlank und nicht so naschsüchtig.
    Die Aufgabe gestaltet sich alles andere als leicht: Mao hat es geschafft, das Sexualverhalten der Chinesinnen zu kontrollieren, indem er ihre Ästhetik und ihren Geschmack veränderte. Außerdem hat der Führer der Volksrepublik China dem Land eine strikte Bevölkerungspolitik verordnet. Wer mehr als zwei Kinder hat, wird empfindlich bestraft.
    Nicolae aber will aus Rumänien eine große Nation machen. Und das im wortwörtlichen Sinne: Er will die Bevölkerungszahlen steigern. Dazu muss die Geburtenrate steigen. Doch die Rumäninnen sind viel zu europäisiert: Sie treiben heimlich ab und kaufen Verhütungsmittel im Ausland oder auf dem Schwarzmarkt. Nicolae und Elena wollen den Rumäninnen zeigen, woher der Wind weht. Sie werden ihnen ihre sexuellen Gewohnheiten schon austreiben. Das sind ohnehin nur Flausen, die ihnen die kapitalistische Gesellschaft in den Kopf gesetzt hat.
    Das Paar Ceauşescu schreibt künftig vor, wie oft es in einer Familie Sexualverkehr zu geben hat: Eine Koitushäufigkeit von drei bis vier Mal pro Woche stellt ein „normales“ Intimleben dar. Diese Norm darf der durchschnittliche Rumäne nur in den Monaten nach der Hochzeit überschreiten. Eine Missachtung derselben soll angeblich schwere gesundheitliche Konsequenzen (wie Schlaflosigkeit, Nervosität etc.) nach sich ziehen. Vor allem der Coitus interruptus ist zu vermeiden, denn diese Praktik hat schwerwiegende dysfunktionale Begleiterscheinungen zur Folge, wie zum Beispiel Impotenz [12] .
    Ohnehin hat eines der ersten Dekrete Ceauşescus, das am 1. Oktober 1966 erlassen wurde, die Frauen zum Ziel. Darin bezeichnet er die Abtreibung als „schwerwiegenden Angriff auf die Gesundheit der Frau, der darüber hinaus negative Auswirkungen auf das Bevölkerungswachstum habe“. Die Frau soll nämlich zu ihrer ursprünglichen Rolle zurückgeführt werden: der
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