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Die Frau vom Leuchtturm - Roman

Titel: Die Frau vom Leuchtturm - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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nach dem Benzinventil und öffnete es. Dann stand ich auf und fasste nach dem Sitz, um das kleine Moped von seinem Ständer zu rollen.
    Da lag etwas auf dem Sitz. Meine Finger berührten die harte Schale meines Fahrradhelms. Darunter lag die alte Skijacke, die ich bei meiner letzten Fahrt getragen hatte und eigentlich zum Waschen mit ins Haus hatte nehmen wollen.
    Rasch fuhr ich mit den Armen in die herrliche Wärme der dick gepolsterten Jacke und zog mir den Reißverschluss bis ans Kinn hoch. Ich setzte den Helm auf, trat an die Tür und riskierte noch einen Blick aufs Haus. Hinter dem Küchenfenster flackerte Kerzenlicht.
    Ich betete, mein Glück werde mich nicht im Stich lassen und dass Bobby drinnen weiter nach einer Taschenlampe suchte. Ich schob die Türen des Kutschenhauses auf, kletterte auf das Moped und trat um mein Leben. Der kalte Motor sprang sofort an, um dann ebenso schnell zu spucken und auszugehen.
    Mir war egal, wie viel Lärm ich veranstaltete, da ich annahm, dass er in dem heulenden Sturm ohnehin
unterging. Ich trat noch heftiger in die Pedale und drehte hektisch den Gashebel. Als ich die hintere Stoßstange des Volvos passierte, erwachte der wunderbare kleine Motor knatternd zum Leben, und ich fuhr die Ausfahrt entlang.
    Wenn ich am Ende der Ausfahrt scharf nach rechts abbog, konnte ich in weniger als fünf Minuten mitten in Freedman’s Cove - und unter Menschen - sein. Wenn ich es so weit schaffte, war ich in Sicherheit. Denn Bobby, da war ich mir ganz sicher, würde es nicht wagen, mir dorthin zu folgen, wo man ihn sehen könnte.
    Regentropfen peitschten mein ungeschütztes Gesicht wie glühende Nadeln und zwangen mich, die Augen zu schmalen Schlitzen zusammenzukneifen. Als ich mich der Vorderseite des Hauses näherte, drehte ich den Kopf, um etwas zu sehen, und rechnete fast damit, dass Bobby von der vorderen Veranda springen würde.
    Aber da war niemand.
    Immer noch war das Glück auf meiner Seite.
    Ich wandte das Gesicht wieder in den tobenden Sturm. Da ich noch nicht wagte, den Scheinwerfer einzuschalten, spähte ich aus zusammengekniffenen Augen zum Ende der Auffahrt und schickte mich an, hart rechts abzubiegen, nach Freedman’s Cove und in Sicherheit.
    Da tauchte aus dem Regen und der Dunkelheit eine hochgewachsene Gestalt drohend vor mir auf.
    Bobby!
    Er stand mitten in der Auffahrt, an der Stelle, wo sie auf die Straße mündete. Er drehte mir den Rücken zu, sah in Richtung Freedman’s Cove und versperrte mir den Weg. Das Moped schoss auf ihn zu und hatte ihn fast passiert, als er sich langsam umdrehte, das scharfe
Messer hob, das er in der einen Hand trug, und die Taschenlampe in der anderen anknipste.
    Der Widerschein der Taschenlampe verlieh Bobbys von Rachedurst verzerrten Zügen etwas Dämonisches. Er riss den Mund zu einem erstickten Wutschrei auf und holte mit dem Messer ungelenk nach mir aus.
    Ich spürte mehr, als ich hörte, wie der glänzende Nylonärmel meiner gesteppten Skijacke aufriss. Ein glühender Schmerz schoss von meinem rechten Ellbogen bis zur Schulter empor. Mein Schrei blieb mir in der Kehle stecken, als mir die Vespa so stark nach links wegrutschte, dass ich beinahe zu Füßen meines Angreifers auf dem Straßenpflaster gelandet wäre.
    Der Hinterreifen erwischte Bobbys Bein, so dass er ungelenk auf die Knie fiel. Einen entsetzlichen Moment lang waren unsere Gesichter nur Zentimeter voneinander entfernt, und seine Augen, in denen der Wahnsinn stand, sahen in meine. Der Blick in diese kalten, grausamen Augen war, als sähe man direkt in die Hölle.
    Und dann war der Moment vorbei - denn der dicke, stabile Reifen der Vespa fand plötzlich Halt auf dem feuchten Straßenpflaster. Das Moped richtete sich auf, und ich raste in die Dunkelheit davon. Hinter mir ließ ich Bobby Hayward und meinen Tod zurück, aber ich entfernte mich auch von Dan und von Freedman’s Cove und dem Schutz, den sie mir verhießen.
    Meine Begegnung mit Bobby hatte mich gezwungen, nach links abzubiegen, auf den steinernen Damm und den sturmumtosten Leuchtturm von Maidenstone Island zu.
    Ein paar Hundert Meter vom Haus entfernt, an der Stelle, wo der Damm begann, hielt ich an und schaltete
den Scheinwerfer der Vespa ein. Ein relativ kräftiger Lichtstrahl breitete sich vor mir aus und erhellte ein Bild, das fast so furchteinflößend war wie das, das ich gerade hinter mir gelassen hatte.
    Der erhöht angelegte Damm, der nach Maidenstone Island führt, war vor aufgewühltem Wasser kaum zu
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