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Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Michael Wilcke
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erklärte ich ihm. »Es bewahrt seinen Besitzer vor dem Aufflammen der Begierden.«
    »Wer hätte das für möglich gehalten?«, bemerkte Lüders. »Und dieser Strohhalm hier?«
    »Der stammt aus der Krippe des Jesuskindes«, behaupteteich und bemühte mich, überzeugend zu klingen. »Wirksam gegen Schlaflosigkeit und Haarausfall.«
    »Sieh mal einer an«, knurrte Lüders. »Und worum handelt es sich bei diesem seltsamen Kleinod?« Er bezog sich auf das schmale Holzstück, das er nun zwischen Daumen und Zeigefinger hielt.
    »Ein Splitter aus der Arche Noah«, sagte ich.
    »Schützt vor …?«
    »Hochwasser und Fußschweiß.«
    Lüders brummte abfällig und warf alles zurück in die Kiste. »Ich war im vergangenen Herbst bei eurer Vorstellung zugegen«, sagte er, »als ihr auf dem Jahrmarkt hier in Osnabrück eure angeblichen Reliquien feilgeboten habt.«
    »Von deren heiliger Kraft ihre Besitzer gewiss auch heute noch einen Nutzen ziehen«, erwiderte ich.
    »Unsinn!« Der Ton des Amtmannes nahm an Schärfe zu. »Ihr betreibt eine billige Posse. Der Tand, den ihr verkauft, ist ebenso ein Betrug wie diese Frau, die ihr als orientalische Prinzessin vorstellt. Ohne ihre Verkleidung ist sie nur eine gewöhnliche Vagantin.«
    Jasmin holte tief Luft, doch bevor sie den Amtmann Lüders beleidigen konnte, hielt ich sie mit einem Fingerzeig auf und wandte ein: »Ich betrachte mich als ehrlichen Geschäftsmann. Was kann ichdafür, dass Ihr nicht an diese Wunder glauben wollt.«
    »Wie auch immer«, sagte Lüders. »Im Grunde habe ich euch nicht wegen dieser zweifelhaften Reliquien aufgesucht.«
    »Weshalb dann?«, wollte ich wissen.
    Lüders deutete auf Reynold. »Gegen diesen Quacksalber sind zahlreiche Beschwerden beim Rat eingegangen. Während eures letzten Aufenthaltes hat dieser selbsternannte Medikus einigen leidgeprüften Bürgern seinen Theriak verkauft, durch den diese nur noch heftiger erkrankten.«
    »Dabei muss es sich um einen Irrtum handeln«, protestierte Reynold.
    Lüders nahm eine der Flaschen zur Hand und klopfte mit dem Silberring darauf. »Ich weiß nicht, was du in deine Tränke mischst, aber jeder Einzelne, der ihn zu sich genommen hat, litt anschließend an heftigem Erbrechen und Durchfällen. Eine Frau, die von einem Hühnerauge geplagt wurde, wäre fast gestorben, nachdem sie von dem Theriak getrunken hat.«
    »Ich bin kein Scharlatan.« Reynold verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. »Man kennt und schätzt mich als Meister der Medizin, der stets um das Wohl der Menschen besorgt ist.«
    »Du bist eine Gefahr für die Bürger dieser Stadt«,schimpfte Lüders. »Und deine einzige Sorge gilt deiner Geldbörse.« Er blickte in die Runde. »Ihr alle seid Lügner und Betrüger.« Der Amtmann ging zum Wagen und klopfte mit seinem Ring auf das Holz. Anscheinend gefiel ihm diese Geste.
    »Ich weise euch hiermit im Namen des Rates an: Packt eure Sachen zusammen, und verlasst diesen Markt!«
    »Aber unsere Vorstellung«, hob ich an.
    »Die wird es nicht geben.«
    »Und wenn wir uns weigern zu gehen?«
    »Dann schicke ich die Büttel aus und lasse jeden von euch vor Gericht stellen«, erwiderte Lüders. »In unserem Gefängnisturm findet sich gewiss noch Platz für dich, deine falsche Prinzessin und diesen Giftmischer.«
    Für den Amtmann schien die Angelegenheit damit beendet zu sein. Er wollte gehen, stieß jedoch gegen meine Tochter Mieke, die in diesem Moment herbeigelaufen kam. Kurz sah es so aus, als würden beide zu Boden stürzen, doch sie hielten sich schwankend auf den Beinen.
    »Geh mir aus dem Weg, du ungeschicktes Balg!«, grollte Lüders und stieß Mieke rüde zur Seite. Die wartete ab, bis er davongestapft war, dann öffnete sie ihre Hand, betrachtete kurz den silbernen Ring und schob ihn unter den Saum ihres Hemdes.
    Ich zwinkerte ihr zu und konnte es ihr nicht übelnehmen, dass sie dem aufgeblasenen Amtmann diesen Streich gespielt hatte.
    Trotzdem fühlte ich mich ernüchtert. Ich zweifelte nicht daran, dass Lüders seiner Drohung Taten folgen lassen würde, wenn wir seine Anweisung missachteten. Und auch wenn ich ihn in Gedanken die Blattern und die Pest an den Hals wünschte, änderte das nichts daran, dass heute kein einziger Heller in unsere Taschen wandern würde.

KAPITEL 2
    Zähneknirschend befolgten wir die Anweisung des Amtmannes, verstauten unser Gepäck auf dem Wagen und verließen den Platz vor dem Johannistor. Lüders hatte uns eine Strafe angedroht, wenn ich auf der Bühne
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