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Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Michael Wilcke
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alter Narr. Du setzt kein Vertrauen in mich.«
    »In einen Quacksalber, der mit seiner Dreckapotheke über das Land zieht und den Leuten nutzlose Allheilmittel andreht? Natürlich nicht.«
    »Lass ihn zur Sache kommen«, sagte ich. Reynold hatte meine Neugier geweckt.
    Er zog ein hochnäsiges Gesicht in Jasmins Richtung und berichtete dann: »Durch die halbe Stadt bin ich gelaufen, um meinen Theriak zu verkaufen, und ich muss schweren Herzens eingestehen: Niemand wollte auch nur einen Heller dafür springen lassen. Unweit des Domplatzes begegnete ich aber zwei Männern, die einen Karren zogen, der mit herrlichen Weizenbroten, Würsten und geschlachteten Rebhühnern beladen war sowie mit mehreren Gallonen Wein. Die beiden Kerle baten mich um Hilfe, weil ihnen der Wagen zu schwer wurde. Da ich ein großes Herz besitze, packte ich sogleich mit an und brachte mit ihnen den Karren zum Wirtschaftshof eines Barfüßerklosters nahe der Kirche St. Katharinen. Dort schafften wir die Speisen vom Karrenin den Keller des Wirtschaftshofes. Ich fragte die beiden, warum sie ihre Kammer so üppig bestückten. Einer von ihnen verriet mir, dass die Vorräte für ein großes Festmahl benötigt würden, das in zwei Tagen im Kloster ausgerichtet werden soll.«
    »Ein Fest, zu dem nun gewiss alle von uns eingeladen wurden, weil du den beiden so aufopfernd zur Hand gegangen bist«, spottete Jasmin.
    Reynold strafte sie mit einem mürrischen Blick. »Natürlich nicht. Aber warum sollten wir uns von diesen Vorräten nicht ein wenig für ein eigenes Festmahl abzweigen?«
    »Was genau hast du im Sinn?«, wollte ich wissen.
    »Unsere übliche Vorgehensweise.« Reynold griente. »Täuschung, Ablenkung, Bereicherung. Ich habe dort im Wirtschaftshof nur drei Männer zu Gesicht bekommen, und ich weiß, auf welchem Weg wir in den Keller gelangen, wo all diese Schätze auf uns warten.«
    Ich rieb mein Kinn und überlegte. Reynolds Vorschlag besaß einen gewissen Reiz. Und es wäre nicht die erste Unternehmung dieser Art, die ich mit meinen Gefährten in Angriff nahm. Ab und an kommt es vor, dass unsere Gemeinschaft den Besitzrechten anderer Menschen nicht den nötigen Respekt entgegenbringt. Böse Zungen würden eine solche Tat als Diebstahl oder Mundraub bezeichnen, aber für michstellt diese nicht ganz freiwillige Almosengabe ein gutes Werk dar. Es ist eines jeden Menschen Christenpflicht, die Bedürftigen – also auch meine Gefährten und mich – zu unterstützen. Bestimmt haben wir im Laufe der letzten Jahre die eine oder andere Seele errettet, indem wir uns an fremdem Besitz schadlos gehalten haben und so ein Almosen erzwingen konnten.
    Augenblicklich bildete sich ein Plan in meinem Kopf, und ich fragte Reynold: »In der Nähe dieses Hauses – hast du da einen Baum oder eine Hecke gesehen?«
    »Es gibt dort eine Buschhecke neben der Einfahrt zum Hinterhof.«
    »Gut«, meinte ich, »das macht es einfacher.«
    Jasmin räusperte sich. »Du wirst doch nicht wieder …«
    »Ein Feuer wird sie ablenken«, bekräftigte ich meinen Plan. »Ich werde als Bettler vor die Tür des Wirtschaftshofes treten. Reynold schüttet etwas Öl in die Hecke und entzündet sie. Sollten die Kerle im Wirtschaftshof das Feuer nicht bemerken, mache ich sie darauf aufmerksam. Jedermann im Gebäude wird nach draußen stürzen, und wir machen uns die Verwirrung zunutze, indem wir in den Keller laufen und so viele Vorräte an uns nehmen, wie wir tragen können.«
    Mein simpler Plan stieß nicht auf Jasmins Gegenliebe. »Du willst es genau so machen wie in Rheine? Und wenn erneut alles außer Kontrolle gerät?«
    »Was in Rheine geschehen ist, war nur eine unglückliche Fügung des Schicksals«, beteuerte ich, aber Jasmin fiel mir sofort aufgebracht ins Wort.
    »Unglücklich?« Sie lachte bitter. »Das große Stallgebäude stand in Flammen, und du wärest um ein Haar festgenommen worden.«
    »Bin ich aber nicht«, verteidigte ich mich.
    »Wenn eine Dummheit gelingt, bleibt es trotzdem eine Dummheit«, meinte sie.
    »Ich finde, das mit dem Feuer ist ein guter Plan«, sagte Reynold.
    »Jasmin?«, fragte ich vorsichtig. »Bist du dabei? Hilfst du uns, diese Köstlichkeiten aus dem Keller zu schaffen?«
    Sie seufzte, nickte dann aber.
    »Also ist es beschlossen«, rief ich aus. »Und heute Abend fressen und saufen wir, bis uns alles bis zum Halse steht.«

KAPITEL 3
    Die Aussicht auf ein opulentes Mahl am Abend trieb uns dazu an, eilig alle Vorbereitungen zu erledigen. Reynold
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