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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen
Autoren: Aufbau
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uns nicht zu beeilen. Zuerst finden die Hinrichtungen statt.« Der eine zog verächtlich die Mundwinkel herab.
     »Das ist ein Spaß für das einfache Volk.«
    Der andere stimmte ihm lachend zu. »Wen interessieren schon ein paar ungehorsame Sklaven, die den wilden Tieren zum Fraß vorgeworfen
     werden!«
    Sie machte ein paar weitere Schritte auf den Eingang der Katakomben zu und stellte fest, dass Hermut es ihr gleichtat. Seine
     Augen warnten nicht mehr, sie lockten sie jetzt. Vorsichtig löste sie sich von ihrem Obstkarren und trat ein paar Schritte
     zur Seite. Niemand wurde auf sie aufmerksam. Immer tiefer zog sie sich in die Dunkelheit der Arkaden zurück. Die Wachmänner
     hatten noch immer keinen Blick für sie, erst recht nicht die beiden vornehmen Römer.
    |12| »Sehen wir nach, ob Flavus schon in seiner Loge angekommen ist. Er wird uns einen guten Tropfen spendieren!«
    »Flavus wird heute nicht erscheinen. Seine Gemahlin auch nicht. Ich habe es von Vergilius gehört.«
    Die Stimme des Älteren klang erstaunt. »Flavus versäumt sonst keinen Gladiatorenkampf. Und Salvia auch nicht.«
    »Ich weiß zufällig, dass eine seiner Sklavinnen heute hingerichtet wird. Salvia selbst hat sie zum Tode verurteilen lassen.«
    Beide lachten sie nun. »Zwei Barbaren, die nicht das Blut ihrer Sklavin sehen wollen?«
    Da mischte sich eine dritte Stimme ein. »Ihr sprecht von einem römischen Offizier. Dass Flavus in Germanien geboren wurde,
     ist ohne Belang.«
    Nun war sie an der Stelle angekommen, wo Hermut auf sie wartete. Ein fragender Blick empfing sie, sie antwortete mit einem
     kurzen Nicken. Es war so weit. Die nächste Gelegenheit würden sie nutzen. Und dann … dann gab es kein Zurück mehr.
    Hermuts Augen wanderten zu ihrem Umhang, der mit einer geflochtenen Kordel fest umgürtet war. Sie führte beide Fäuste an ihre
     Brust und klopfte sanft mit den Knöcheln darauf. Ein feiner metallischer Klang war zu hören.
    Hermut nickte zufrieden. Ja, sie waren gut vorbereitet.
    »Ihr seid sicher, dass Ihr es tun wollt?«, flüsterte er.
    Sie nickte tapfer. »Es ist das Einzige, was ich für ihn tun kann. Wahrscheinlich das Letzte.«
    Die Sänften der kaiserlichen Familie lockten die Wärter noch ein paar Schritte weiter auf den Platz hinaus. Die Gelegenheit
     war günstig. Hermut nickte zu der niedrigen Tür, die aussah wie eine schadhafte Stelle im Gewand des Amphitheaters. Ein ausgefranstes
     Loch, dahinter die Schwärze der Katakomben.
    Hermut blieb neben ihrem Obstkarren stehen, als sie auf das Loch zuhuschte. Er folgte ihr erst, nachdem er sich ein letztes
     Mal versichert hatte, dass niemand sie beachtete.
    Die Kälte, die das dicke Gemäuer einschloss, tat ihr gut. Die Sonnenglut hatte sie an die Hitze des Kampfes erinnert, der
     den |13| Gladiatoren bevorstand, an das heiße Blut, das vergossen werden musste, an den heißen Atem aus den Nüstern der Löwen – und
     an die heiße, alles versengende Angst.
    Der Gang, den sie betraten, führte an den Höhlen vorbei, in denen der Tod wartete. Hinter jedem Gitter starrten ihnen Augen
     entgegen, verzweifelte und stumpfe, kämpferische und müde Blicke folgten ihnen. Von den zum Tode Verurteilten klammerten sich
     manche ans Gitter, als wollten sie sich am Leben festhalten, andere hatten sich in die dunkelste Ecke ihrer Höhle zurückgezogen,
     als könnten sie sich vor ihrem Ende verstecken.
    Hermut war nun an ihrer Seite. Gemeinsam schlichen sie von Verlies zu Verlies, von Gitter zu Gitter, spähten hindurch, huschten
     weiter. Aus keiner der finsteren Höhlen drang ein Laut. Keine Stimme, kein Flüstern, kein Stöhnen, nichts! Totenstille herrschte.
     Nur die Umhänge raschelten, ihre Füße scharrten, kaum hörbar.
    Dann plötzlich schwere Schritte! Entsetzt griff sie nach Hermuts Arm, ihr Atem stockte, die Augen weiteten sich. Wohin? Waffengeklirr,
     eine tiefe, brummende Stimme! Wohin? Die Angst lähmte sie, der Aufruhr in ihrem Innern nagelte sie auf die Stelle.
    Erst der Griff Hermuts nach ihrem Arm befreite sie. »Schnell!«
    Ein Mauervorsprung! In der Dunkelheit kaum zu erkennen! Schon zerrte er sie einen Schritt darauf zu, stieß sie in die finstere
     Ecke, presste sie an die kalte, feuchte Wand. »Still! Nicht bewegen!«
    Nicht zittern! Nicht atmen! Sterben, nur für ein paar Augenblicke!
    Das Licht der Fackeln an den Wänden zuckte über den Gang. Nun sah sie, wie der Wärter mit großen, langsamen Schritten an ihnen
     vorbeiging. Er blieb stehen, sah
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