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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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stehen und blickte den Davontobenden still und anscheinend ernst sinnend nach. Smart aber störte ihn bald aus seinem Nachdenken auf; – er lehnte die Büchse oben an einen Pfosten der Veranda und stieg herunter zu dem Richter, der ihm so freundlich zu Hilfe gekommen war.
    »Danke Euch, Sir«, sagte er hier, während er ihm freundlich die Hand entgegenstreckte. »Danke Euch für Euer rechtzeitig eingelegtes Wort! – Ihr hättet zu keiner gelegeneren Zeit dazwischentreten können.«
    »Nicht mehr als Bürgerpflicht«, lächelte der Richter. »Die Menge läßt sich gern von einem entschlossenen Mann leiten, und wenn man den richtigen Zeitpunkt trifft, so vermag ein ernstes Wort oft Gewaltiges.«
    »Nun, ich weiß nicht«, – meinte Smart kopfschüttelnd, während er einen nichts weniger als freundlichen Seitenblick zum Flusse hinabwarf. »Dergleichen Volk läßt sich sonst nicht leicht zurückschrecken, weder von freundlicher Rede noch feindlicher Waffe. Es sind meistens Leute, die nichts weiter auf der Welt zu verlieren haben als ihr Leben und, da sie das keinen Pfifferling achten, der Gefahr deshalb trotzig entgegengehen. Ich bin übrigens doch froh, so wohlfeilen Kaufes losgekommen zu sein; denn – Blut zu vergießen ist immer eine häßliche Geschichte. Aber so tretet doch einen Augenblick ins Gastzimmer! Ich komme gleich nach, muß nur erst einmal nach meiner Alten in der Küche sehen und alles Nötige bestellen.«
    »lch danke Euch«, sagte der Richter. »Ich muß nach Hause gehen. Es sind heute mit dem letzten Dampfboot Briefe angekommen, und vom Flusse herunter habe ich auch mehrerer Geschäftssachen wegen einen Besuch zu erwarten. Wollt Ihr mir aber einen Gefallen tun, so kommt Ihr nachher ein bißchen zu mir herüber. Bringt auch Eure alte Lady mit; – ich habe noch manches mit Euch zu besprechen.«
    »Meine Alte wird wohl daheim bleiben müssen«, sagte der Yankee lächelnd. »Wir haben das Haus voll Leute; aber ich selbst – ei nun, ich bin überdies recht lange nicht bei Mrs. Dayton gewesen. Die Burschen werden doch nicht noch einmal kommen?«
    »Habt keine Angst«, beruhigte ihn der Richter. »Das Volk ist wild und hitzköpfig, auch wohl ein wenig roh; aber bewußter Schlechtigkeit halte ich sie nicht für fähig. Sie hätten Euch vielleicht im ersten wilden Zorn das Haus über dem Kopfe angesteckt; wenn der aber erst einmal verraucht ist, so wird keiner mehr daran denken, Euch zu belästigen.«
    »Desto besser«, sagte Jonathan Smart. »Angst hätte ich übrigens auch nicht. – Mein Scipio hält, wenn ich fort bin, Wacht, und der Hornruf aus dem Fenster kann mich überall in Helena erreichen. – Also auf Wiedersehen! In einem halben Stündchen komme ich hinüber.«
    Er trat, während der Richter seiner eigenen Wohnung zuschritt, ins Haus zurück und stand gleich darauf vor seiner ›besseren Hälfte‹, wie sie sich selbst zu nennen pflegte, die er übrigens teils durch die übermäßige Arbeit, teils durch die vorangegangene Szene, in der übelsten Laune von der Welt fand. Mrs. Smart war auch keineswegs die Frau, die irgendeinen Groll lange und heimlich mit sich herumgetragen hätte. Was ihr auf dem Herzen lag, mußte heraus, mochte es sein, was es wollte. So schob sie sich denn, als sie ihren Herrn und Gemahl nahen hörte, den Sonnenbonnet, den sie der Kaminglut wegen auch in der Küche trug, zurück, stemmte beide Arme, in der Rechten noch immer den langen hölzernen Kochlöffel haltend, fest in die Seite und empfing den langsam herbeischlendernden Gatten mit einem scharfen: »So, was hat der Herr denn heute wieder einmal für ganz absonderlich gescheite Streiche angerichtet? Man darf den Rücken nicht mehr wenden, schon ist irgendein Unglück im Anmarsch, und kein Kuchen kann im ganzen Neste gebacken werden, ohne daß Mr. Smart nicht seinen Finger und seine Nase hineinstecken müßte.«
    »Mrs. Smart«, sagte Jonathan, der gerade jetzt viel zu guter Laune war, um sie sich durch den Unwillen seiner Gattin verderben zu lassen, »ich habe heute ein Menschenleben gerettet, und das, sollte ich denken –«
    »Ach, was da, Menschenleben«, unterbrach ihn in allem Eifer Mrs. Smart. »Menschenleben hin, Menschenleben her; was geht dich das Leben anderer Leute an? An deine Frau sollst du denken, aber die mag sich schinden und quälen, die mag sich mühen und plagen, das ist diesem Herrn der Schöpfung ganz einerlei. Er wirft auch die Gallonen guten Pfirsich-Brandy gerade so auf die Straße hinaus,
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