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Die Flamme erlischt

Die Flamme erlischt

Titel: Die Flamme erlischt
Autoren: George R. R. Martin
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und Spiele veranstaltet.« »Wo ist dein Arbeitsgebiet?«
    »In der Wildnis«, antwortete Ruark an ihrer Stelle. »Hinter den Städten, jenseits der Gebirgskette.« »Dort hinten«, rief Gwen. Dirk sah auf und konnte am Horizont vage eine Reihe von Bergen ausmachen, eine schroffe, schwarze Barriere, die dem Freigelände entwuchs und die tiefer gelegenen Sterne verdeckte. Ein Funke blutroten Lichts glimmte an einem der Gipfel. Während sie sich ihm näherten, schien er immer größer, mächtiger und höher zu werden, die Leuchtkraft des Lichtes veränderte sich jedoch nicht. Es blieb bei einem trüben, drohenden Rot, das Dirk irgendwie an das Flüsterjuwel erinnerte. »Meine Heimat«, verkündete Gwen, als das Licht anschwoll. »Die Stadt Larteyn. Lar bedeutet auf altkavalarisch Himmel. Es ist die Stadt Hoch Kavalaans. Manche Leute nennen sie auch die Feuerfeste.« Mit einem Blick erkannte er den Grund dafür. In den Bergrücken hineingebaut, auf allen Seiten von Fels umgeben, stellte die Stadt mit ihrem massigen, quaderförmigen Äußeren, ihren dicken Mauern und den schießschartenähnlichen Fenstern tatsächlich so etwas wie eine Festung dar. Selbst die Türme, die sich hinter den Stadtmauern erhoben, schienen wuchtig und solide. Direkt hinter ihnen erhob sich drohend der Berg, sein dunkles Gestein wie blutbefleckt vom reflektierten Licht. Aber was auf den Mauern und Straßen von Larteyn glühte, war kein Lichtreflex, sondern ein Feuer, das von innen heraus strahlte. »Glühstein«, beantwortete Gwen seine unausgesprochene Frage. »Am Tage absorbiert er Licht, das nachts wieder abgestrahlt wird. Auf Hoch Kavalaan wird er fast ausschließlich zur Schmuckherstellung verwendet, aber aus Anlaß des Festivals baute man ihn tonnenweise ab und verschiffte ihn nach Worlorn.«
    »Eindrucksvoll barock«, bemerkte Ruark. »Eindrucksvoll kavalarisch.« Dirk nickte nur.
    »Du hättest die Stadt in früheren Zeiten erleben müssen«, sagte Gwen. »Am Tage trank Larteyn von den sieben Sonnen, und bei Nacht erleuchtete sie die Berge wie ein Feuerdolch. Jetzt verblassen die Steine – denn mit jeder Stunde entfernen wir uns weiter vom Rad. In zehn Jahren wird die Stadt so dunkel wie ein verkohltes Holzscheit sein.« »Sie kommt mir nicht sehr groß vor. Wieviel Menschen lebten in ihr?«
    »Eine Million waren es damals. Man sieht nur die Spitze eines Eisberges. Die Stadt wurde in den Fels hineingebaut.«
    »Echt kavalarisch«, sagte Ruark. »Ein sicherer Schlupfwinkel, eine Feste im Stein. Aber jetzt ist sie verlassen. Nach der letzten Zählung wird sie noch von zwanzig Leuten bewohnt, uns eingeschlossen.« Der Luftwagen ließ den Steilhang am Rande des breiten Felsplateaus hinter sich, überflog die äußere Mauer und senkte sich in flachem Winkel auf die Stadt hinab, vorbei an Felsen und Glühstein. Unter sich bemerkte Dirk breite Gehwege, ganze Reihen von im Wind schaukelnden Wimpeln und große, gemeißelte Wasserspeier mit brennenden Glühsteinaugen. Die Gebäude waren aus weißem Stein und schwarzem Ebenholz. An ihren Fronten reflektierten sich die Felsfeuer in langen roten Streifen, wie Wunden im Fell einer unförmigen Bestie. Sie flogen über Türme, Kuppeln und Straßen hinweg, über sich windende Gassen und großzügige Boulevards, offene Höfe und ein riesiges Freilufttheater mit einem Meer von Sitzplätzen.
    Leer, alles leer. Nicht eine Gestalt bewegte sich auf den rotgetränkten Wegen Larteyns.
    Gwen flog in einer Spirale zum Dach eines vierkantigen schwarzen Turmes hinab. Während sie kurz ohne Bewegung verharrten, als Gwen die Antischwerkraft für die Landung drosselte, bemerkte Dirk zwei andere Gleiter auf dem Landeplatz unter ihnen: eine schnittige gelbe Träne und einen martialisch anmutenden, sehr alten Militärgleiter, dem die Jahrhunderte harten Einsatzes anzumerken waren. Er war olivgrün, klobig und stark gepanzert. Aus dem vorderen Verdeck ragte eine Laserkanone, und aus dem Heck stachen Impulsröhren hervor. Sie landeten ihren metallenen Flugrochen zwischen den beiden Luftwagen und stiegen alle drei aus. Als sie bei den Aufzügen anlangten, drehte sich Gwen um und sah Dirk mit einem im brütenden Rotlicht fremdartig brennenden Gesicht an. »Es ist schon spät«, sagte sie. »Am besten begeben wir uns gleich zur Ruhe.« Damit war Dirk entlassen. »Und Jaan?« fragte er. »Du wirst ihn morgen treffen«, erwiderte sie. »Zuerst muß ich aber die Chance haben, mit ihm zu reden.«
    »Warum?« fragte er. Aber Gwen
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