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Die Finsternis

Die Finsternis

Titel: Die Finsternis
Autoren: Kate Falls
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zu zeigen. Das Mädchen machte kletternde Bewegungen. Als ich nickte, lächelte es zaghaft – als hätte ich ihm ein kleines bisschen Hoffnung gegeben.
    Ich schwamm zu der Stelle, wo Ratters U-Boot unter der Drift festhing. Gerade als ich bemerkte, dass das U-Boot verdächtig ruhig war, sauste eine Harpune durch das Wasser und verfehlte mich nur um ein Haar. Ich schoss wieder nach oben und ging hinter der Drift in Deckung. Vorsichtig kroch ich am Rand entlang, spähte dann nach unten und entdeckte Ratter, der in einem schlecht passenden Taucheranzug mit einer Harpunenkanone in der Hand neben der Luke im Wasser trieb. Er hatte sich mit einer Halteleine an seinem U-Boot festgebunden.
    Wieder sank die Drift ein paar Zentimeter in die Tiefe. Wie sollte ich Ratter ohne eine Waffe von der Luke verscheuchen, damit meine Eltern und die Surfs fliehen konnten?
    Plötzlich wusste ich die Antwort. Ich hatte eine Waffe. Eine, auf die mich Abgeordneter Tupper gebracht hatte. Meine Haut kribbelte vor Unbehagen.
    Ich hatte mir geschworen, niemals zu versuchen, einen Menschen mit meiner Dunklen Gabe zu betäuben. Aber was hatte ich für eine Wahl? Zu viele Menschenleben hingen davon ab. Ich musste die Leute rechtzeitig zur Oberfläche bringen. Denn nur so konnte ich sie vor dem Ertrinken bewahren.
    In meinem Kopf nahm ein Plan Gestalt an. Ich würde Ratter gerade lange genug betäuben, um ihm die Harpunenkanone abzunehmen.
    Ich schwamm an der Drift entlang, bis ich etwa sechs Meter von der Stelle entfernt war, wo Ratter mich zuletzt gesehen hatte. Sobald ich meine Deckung verlassen hatte, würde er mich sicher schnell entdeckt und den Abzug im gleichen Moment gedrückt haben. Ich musste schneller sein als er. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, kam hinter der Drift hervor, und sowie ich Ratter im Blick hatte, schoss ich meinen Sonar auf ihn ab, stärker als jemals zuvor.
    Sein Körper zuckte, als hätte er einen Elektrozaun berührt, dann öffneten sich seine Hände. Er ließ die Harpunenkanone los und sie schraubte sich spiralförmig in die Tiefe. Ohne zu wissen, wie viel Zeit mir blieb, bis er wieder zu sich kam, schwamm ich auf Ratter zu. Er trieb auf der Stelle und schien zu schlafen. Seine Gesichtszüge waren erschlafft und hinter dem Plexiglas seines Helms sah ich auch, dass sein Mund offen stand.
    Ich fing das Ende des Netzes wieder ein und schwamm zur Luke, als plötzlich die Scheinwerfer des U-Boots ausgingen. Wahrscheinlich hatte Ratter tatsächlich die Motoren überlastet. Alles um mich herum versank in Dunkelheit, denn auf der Drift funktionierte – abgesehen von den Taschenlampen – kein Licht. Aber ich musste mir deshalb keine Sorgen machen. Mit den Helmlichtern und meiner Dunklen Gabe konnte ich mich sehr gut orientieren. Was die Surfs betraf, sah das natürlich schon wieder ganz anders aus.
    Ohne Vorwarnung fiel plötzlich die Abdeckung der Luke, in der noch immer der Bohrer des U-Boots steckte, ab. Meine Helmlichter fingen den metallischen Schimmer von Dads Taucheranzug im Inneren der Luftschleuse ein. Er hatte es geschafft, das letzte Scharnier zu entfernen. Ich blickte mich um und sah, wie das U-Boot langsam sank. Ohne einen Motor, der den Großteil der Arbeit machte, war es zu schwer, um vom Auftrieb in der Schwebe gehalten zu werden. Dad schwamm durch die Lukenöffnung und gab mir ein Zeichen, dass ich das Netz herbringen sollte. Erst nachdem ich ihm das eine Ende des Netzes gereicht hatte und gerade meine Position an der anderen Ecke einnahm, fiel mir Ratter wieder ein. In einem Anflug von Panik schickte ich schnell ein paar Klicks in die Tiefe, wo das U-Boot gesunken war.
    Die Echos, die zu mir zurückgeworfen wurden, ließen vor meinem geistigen Auge ein Bild von Ratter entstehen. Er war nicht mehr betäubt und schlug wild mit den Armen und Beinen um sich, während er rückwärts durch das Wasser geschleppt wurde. Er war noch immer mit der Halteleine an seinem U-Boot festgemacht. Das Gewicht des U-Boots zog ihn so schnell nach unten, dass er sofort reagieren musste – er hätte nur den Tauchgürtel lösen müssen und er wäre frei gewesen.
    Doch er tat es nicht. Vielleicht war sein Gehirn immer noch betäubt. Oder es hatte unter Hochdruck nie gut funktioniert. Doch jetzt verließen die Surfs einer nach dem andern die Drift und kletterten an dem Fischernetz hinauf, sodass ich meine Ecke des Netzes gut festhalten musste. Andernfalls würde das Netz in der Strömung nach oben peitschen und es könnte
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