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Die Finsteren

Die Finsteren

Titel: Die Finsteren
Autoren: Bryan Smith
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kurz nach Mitternacht sein sollte.
    Aber du beobachtest weiter, wartest und weißt, dass sie auftauchen werden. Und das tun sie auch. Letztlich tun sie es immer. Manchmal allein. Andere Male in Zweier- oder Dreiergruppen. Wie Schatten schleichen sie durch die Nacht, immer schwarz gekleidet, immer irgendwie in der Lage, dem direkten Schein der Straßenlaternen auszuweichen. Es macht dich wahnsinnig. Beunruhigt dich. Deinen Freunden gegenüber würdest du es nie zugeben, aber sie jagen dir wirklich ganz schön Angst ein. Es ist beschämend. Viele gibt es nicht von ihnen. Deine eigene Clique ist ihnen zahlenmäßig haushoch überlegen. Viele deiner Freunde sind Sportler, kräftig und furchterregend, durchtrainiert.
    Aber es stimmt. Du hast Angst vor ihnen und du gestehst es dir selbst gegenüber ein.
    Hier in der Dunkelheit. Allein.
    Nachts kommen die Finsteren heraus .
    Stell dem Streber in der Pause auf dem Gang ein Bein, und du lachst wahrscheinlich über das zittrige Häufchen, das schlottert und flennt und umherkriecht, um die Schulbücher aufzuheben, die ihm heruntergepurzelt sind. Aber sobald du beschließt, dich mit einem Mitglied dieser anderen Gruppe von Außenseitern anzulegen, bleibt dir das Lachen schnell im Halse stecken. Wenn du Glück hast, kommst du mit einem blauen Auge davon. Aber es kann auch ganz dumm ausgehen und dir so ergehen wie dem Star des Football-Teams, der eines Morgens auf dem Parkplatz vor der Schule halb totgetrampelt wurde. Eine Handvoll solcher Zwischenfälle hat den Schlägern beigebracht, einen großen Bogen um die Finsteren zu machen. Und doch hängt dauerhaft eine gewisse Anspannung in der Luft, ein langsam vor sich hin köchelndes Gewaltpotenzial. Man erzählt sich so einiges. Auf dem Schulhof gehen Gerüchte um. Ein Kampf steht bevor. Ein Krieg. Einige deiner Freunde haben genug von den Einschüchterungen.
    Aber es ist schwer zu begreifen, wie verdammt unheimlich und schräg sie sind.
    Nachts kommen die Finsteren heraus.
    Jede Nacht.
    Heute Nacht.
    In diesem Moment.
    Ich bring ihn um .
    Das ging Mark Bell durch den Kopf, als er zur dunklen Decke seines Zimmers hinaufstarrte. Zwischendurch schaute er dann und wann auf den stumm geschalteten Fernseher auf seiner Kommode. Es lief gerade eine Folge von South Park auf Comedy Central, aber vorwiegend kreisten seine Gedanken um die Wut, die er in sich spürte.
    Ich tu’s wirklich. Ich schlitz dem Arschloch die Kehle von einem Ohr zum anderen auf, wenn er noch einmal solche Scheiße über sie erzählt .
    Falls sie ihn noch weiter reizten, würde er es wirklich tun. Viel fehlte nicht mehr. So konnten diese Scheißer einfach nicht über sie reden. Sie war besser als sie alle zusammen.
    Ich bring dich um, dachte er.
    Ich schau dir beim Verbluten zu. Ich seh dabei zu, wie sich dein beschissenes Leben auf den Boden ergießt .
    Sie hatten nicht bemerkt, dass er in der Nähe stand. Sonst hätten sie sich nie so das Maul über sie zerrissen. Es war in einer Unterrichtspause passiert. Von hinten schlich er sich an sie heran. Drei dieser bescheuerten Hinterwäldler. Einheimische . Allein die Bezeichnung reichte, dass er seine Mundwinkel angewidert verzog. Mittlerweile lebte er seit über einem Jahr in Ransom, aber er betrachtete sich selbst nicht als Einheimischen . Dieser Ort war nicht seine richtige Heimat. Das war Atlanta. So würde es immer sein. Eines Tages kehrte er dorthin zurück. Oder auch nicht. Vielleicht zog er stattdessen nach Manhattan. Oder nach Los Angeles. Oder Chicago. Hauptsache groß und hektisch, vollgestopft mit Leben und Möglichkeiten. Überall war es besser als hier. Hier fühlte sich alles nach Tod an.
    Die beschissenen Einheimischen waren daran schuld.
    Gut, dachte er.
    Sollen sie doch in diesem Kaff verrotten .
    Sie hatten sich um einige offene Spinde auf dem Gang versammelt. Marks eigener Spind befand sich ganz in der Nähe auf derselben Seite des Korridors. Die zehn Minuten Pause neigten sich dem Ende entgegen und die Gänge leerten sich rasch. Nur diese drei Idioten hatten es anscheinend nicht besonders eilig, zum nächsten Förderkurs zu gehen, der auf ihrem Stundenplan stand. Mark verspürte die übliche, instinktive Abscheu, als er sich ihnen näherte. Sie trugen T-Shirts, die für abgehalfterte Classic-Rock-Bands und NASCAR-Piloten warben, dazu an den Knien zerfetzte, schmutzige Jeans.
    Er stand knapp sechs Meter von ihnen entfernt, als er ihren Namen hörte. Schlagartig erstarrte er, die Hand am
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