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Die Feuertaufe

Die Feuertaufe

Titel: Die Feuertaufe
Autoren: David Weber
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Gefährten dominierte – auch wenn besagter Glaube mittlerweile so manche Veränderung erfahren hatte.
    Trotzdem fühlte sich Judith mit ihren Mitflüchtlingen immer noch deutlich enger verbunden als mit beinahe allen anderen Manticoranern. Ganz besonders eng war Judiths Beziehung zu genau der Frau, zu der sie nun hastete, um ihr das Problem darzulegen.
    »Dinah!«, sagte Judith, eilte an ihr vorbei und schloss die Tür hinter sich. »Ruth ist weg! Spurlos verschwunden!«
    Dann sprudelten die Worte nur so aus ihr heraus: wie es an der Tür geschellt hatte, wie diese neue Mitarbeiterin des Sozialdienstes gefragt hatte, ob sie kurz mit Judith sprechen könne. Ruth hatte gerade geschlafen, und damit die Kleine nicht gestört wurde, war Judith mit ihrem Besuch auf den Flur hinausgegangen.
    Dinah hörte ihrer Freundin zu, ohne sie auch nur ein einziges Mal zu unterbrechen. Der Blick aus ihren grauen Augen wurde hart wie Stahl, als ihr die Tragweite dessen, was Judith ihr gerade berichtete, nur allzu bewusst wurde. Dinah war schon zu alt, um noch die lebensverlängernden Prolong-Behandlungen der Manticoraner erhalten zu können, trotzdem hatte sie von der deutlich fortschrittlicheren Medizin der Manticoraner profitiert. Das Herzleiden, das sie während der Flucht von Masada beinahe das Leben gekostet hatte, war mittlerweile vollständig kuriert. Nachdem nun also ihr Herz nicht mehr so schwach war – was ihre ansonsten unbeugsame Stärke empfindlich vermindert hatte –, wirkte Dinah beinahe ein ganzes Jahrzehnt jünger als zuvor. Sie hatte jetzt mehr Ähnlichkeit mit einer grauhaarigen, grauäugigen, ein wenig rundlichen Taube als mit der verhärmten alten Frau, zu der sie achtunddreißig Jahre Ehe mit Ephraim Templeton gemacht hatten.
    »Ich war keine fünf Minuten weg«, schloss Judith ihren Bericht. »Als ich wieder ins Apartment zurückgegangen bin, kam mir irgendetwas ein bisschen sonderbar vor. Ich habe nachgeschaut, ob Ruth vielleicht aus ihrem Bettchen geklettert ist – darin wird sie Tag für Tag geschickter –, aber sie war fort.«
    »Du hast überall nachgeschaut.« Dinahs Worte waren eine Feststellung, keine Frage. Sie kannte Judith besser als jeder andere Mensch, daher wusste sie auch, wie gründlich ihre jüngere Freundin war. Manchmal grenzte diese Gründlichkeit fast schon an Besessenheit. Aber genau dieser Charakterzug Judiths hatte ihnen in der Vergangenheit gute Dienste geleistet.
    »Natürlich.«
    »Aber du würdest es mir nicht übel nehmen, wenn ich selbst noch einmal schaue?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Gut. Dann mache ich das gleich. Sprich du währenddessen mit den Nachbarn! Frag sie, ob sie Ruth vielleicht gesehen haben! Und frag sie auch nach dieser Mitarbeiterin vom Sozialdienst!«
    Judith drückte Dinah gerade die Schlüssel des Apartments in die Hand, als ihr klar wurde, wie sonderbar diese letzte Empfehlung war.
    »Nach der? Warum denn das?«
    »Du hast mir doch gerade erzählt, welche Fragen sie dir gestellt hat. Es wundert mich einfach, dass sie nicht auch bei mir geklingelt hat. Ich war in den letzten Stunden die ganze Zeit zu Hause – ich musste ja noch die Texte für den morgigen Gottesdienst vorbereiten.«
    Judith runzelte die Stirn. Das war wirklich sonderbar. Auch wenn die Flucht von Masada letztendlich nur dank Judiths eigener Fähigkeiten möglich gewesen war, bestand doch keinerlei Zweifel daran, wer die eigentliche Anführerin ihrer Gemeinschaft war – und wer die Leitung des Bundes der Schwestern Barbaras innegehabt hatte, schon lange bevor sie Masada selbst hinter sich ließen. Diese neue Mitarbeiterin des Sozialdienstes hätte sich Dinah doch wenigstens vorstellen müssen!
    »Dann werde ich auch danach fragen«, versprach Judith. Eigentlich hatte sie geglaubt, noch mehr Angst könne sie überhaupt nicht verspüren, doch Dinahs Worte hatten jene Furcht, die tief in Judiths Herzen geschlummert hatte, in einen scharfkantigen Kristall verwandelt.
    Sie wartete nicht auf den Lift, sondern rannte die Treppe hinab.
    »Oh, Michael!«
    Eine Frauenstimme, recht hoch, aber doch melodisch. Sie klang weich, voller Herzlichkeit. Trotzdem beschleunigte Michael Winton, Lieutenant Senior Grade, zugeteilt Ihrer Majestät Schiff Diadem , seine Schritte noch, statt langsamer zu werden.
    Michael versuchte so zu tun, als gälte dieser Ruf einer anderen Person, die ebenfalls diesen Vornamen trug, nicht etwa ihm. Doch obwohl sein Name in seinen verschiedensten Schreibweisen im
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