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Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter

Titel: Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
Autoren: Licia Troisi
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eben dort, wo Erde und Wolken sich zu berühren schienen, erhob sich etwas Riesengroßes. Es schien braun zu sein, obwohl auf diese Entfernung die Farbe nur schwer zu erkennen war, und ragte schlank und doch klobig aus der Ebene auf. Mit offenem Mund stand das Mädchen da und starrte es an. Es wusste nicht, was das war, vielleicht ein Berg oder etwas ganz anderes, doch vor sich erkannte sie eine Spur, die dorthin führte.
    Da sind sicher Leute, sagte sie sich , viele Leute . Und unter vielen Leuten würde sie gewiss jemanden finden, der ihr helfen konnte.
    Ob ich es wohl bis dorthin schaffe, bevor ich wieder Hunger oder Durst bekomme ?
    Mittlerweile hatte sie den Fluss aus den Augen verloren. Aber einen kleinen Vorrat an Beeren und Früchten konnte sie noch pflücken. Sie kehrte deshalb noch einmal in den Wald zurück und marschierte dann entschlossen los, auf diesen eigenartigen Berg zu.
     
    Anfangs lief sie nur auf dieser Spur, einem staubigen, steinigen Band, merkte dann aber, dass es angenehmer war, barfuß durch das Gras zu wandern, und das tat sie, ohne aber den eigentlichen Weg zum Ziel aus den Augen zu lassen.
    Immer mächtiger baute sich vor ihr der Turm auf – ja, so nannte man den Berg, wie ihr jetzt wieder einfiel. Er war rund und verjüngte sich leicht nach oben. An den Außenseiten ragten überall Gebäudeteile hervor, und sie machte Kuppeln und abfallende Dächer aus. Am Fuß des Turmes breiteten sich in
alle Richtungen Häuser in die Ebene aus, so als seien sie aus ihm hervorgequollen, weil er es nicht schaffte, sie alle zu fassen. Es war ein überwältigender, aufwühlender Anblick, und ihr Herz bebte. Außerhalb des Waldes gab es also eine Welt, eine Welt voller Dinge, die ihr den Atem nahmen. Dort, zwischen den Bäumen, hatte sie instinktiv auseinandergehalten, was gefährlich oder ungefährlich für sie war. Aber wie würde es zwischen den Häusern sein? Sie zweifelte, ob ihr das Gespür auch dort weiterhelfen würde.
    Lange noch wanderte sie auf den Turm zu und machte auch nicht halt, als die Sonne schon am Horizont unterging. Gemächlich legte sich die Dämmerung über die Ebene, doch sie musste weiter. Die Vorstellung, dort völlig ungeschützt im Freien am Straßenrand zu nächtigen, machte ihr Angst.
    So war es bereits dunkel, als sie an ihr Ziel gelangte. Unter dem Turm stehend, kam sie sich klein und nichtig vor. Von weitem hatte er schon übermächtig ausgesehen, doch nun fühlte sie sich wie erdrückt davon. Mehr als die Hälfte des Himmels nahm er ein und schien sich endlos weit in die Höhe zu recken. Die Häuser, die rings um seinen Fuß lagen, wirkten wie zusammengestaucht durch seinen enormen Umfang. Den Kopf in den Nacken gelegt, starrte das Mädchen lange hinauf. Nur der Anblick des Mondes etwas seitlich davon machte ihr wieder ein wenig Mut. Sie fasste sich ein Herz und ging weiter, trat ein in ein Labyrinth aus gewundenen Gängen und Gassen. Nicht das kleinste Büschel Gras war mehr zu sehen, nichts als Stein und ein wenig Stroh auf den Dächern einiger Häuser.
    Zögernd wagte sie sich weiter vor in eine dieser Gassen und bewegte sich entlang niedriger Behausungen aus rötlichem Backstein oder größeren hellen Quadern. Überall waren die Türen verriegelt. Durch die Fenster drangen matte, flackernde Lichter, auch hier und dort Stimmen von Leuten, die sich gedämpft unterhielten.
    Und nun? Sollte sie jemanden ansprechen und versuchen,
sich mit Gesten verständlich zu machen? Doch es war niemand zu sehen. Aufs Geratewohl bog sie in diese oder jene Gasse ein in der Hoffnung, irgendjemandem zu begegnen, den sie ansprechen konnte. Doch was sie fand, war nur ein fremde, ungastliche Welt.
    Erst als sie in eine breitere Straße gelangte, änderte sich das Bild. Zu beiden Seiten öffneten sich Hauseingänge, und hier und dort blickte sie in erhellte Innenräume, wo eine Reihe von Leuten an Tischen saß. Auch auf der Straße waren Leute zu sehen, nicht viele, doch das Treiben wirkte recht lebendig. Nervös nestelte das Mädchen an einem Zipfel seines Hemdes, bevor es sich endlich einen Ruck gab. Seine Wahl fiel auf eine Frau, die ihr einigermaßen vertrauenswürdig erschien. Eine Hand ausgestreckt, trat sie auf sie zu. Die Frau musterte sie einen Augenblick, machte dann einen Schritt zur Seite und ging ihr aus dem Weg. So stand das Mädchen ratlos auf der Straße und schaute dem langen Rock der fremden Frau nach, die sich, in den Hüften wiegend, langsam entfernte. Dann der nächste
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