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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)
Autoren: Giuseppe Furno
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speziellen Aufgaben zu unterscheiden,wurden vom Großen Rat gewählt und waren mächtiger als der Doge selbst. Alle Urkunden und Beschlüsse mussten ihnen vorgelegt werden. Da der Doge jedoch den Vorsitz in allen Verfassungsorganen der Republik führte und das Recht hatte, Gesetzesanträge zu stellen, konnte er indirekt Einfluss auf die Politik nehmen. Seine eigentliche Macht lag in dem Wissen, das er durch schweigende Teilnahme an den Sitzungen sämtlicher Gremien erwarb. Das zeigen auch die Vorsichtsmaßnahmen, die seinen Familienmitgliedern auferlegt wurden: Dogensöhne und -brüder waren von allen öffentlichen Ämtern und kirchlichen Würden ausgeschlossen, sie durften keine Geschenke machen oder annehmen und hatten kein Stimmrecht im Senat und im Großen Rat.
    Das Beratergremium des Dogen, ursprünglich Consiglio minore , kleiner Rat, entwickelte sich im 15. Jh. zu einem repräsentativen Staatsorgan, Signoria genannt, wie die Stadtregierungen anderer italienischer Städte. Es bestand aus dem Dogen, seinen 6 Beratern und drei Vorsitzenden der Quarantia. Die Signoria vertrat die Republik als eine Art kollektives Staatsoberhaupt nach außen.
    Weit mächtiger als die Signoria mit ihren Repräsentationsaufgaben war der Senat . Ursprünglich bildete er ein gemeinsames Organ mit der Quarantia , dem Rat der Vierzig, der sich dann zum Obersten Gerichtshof der Republik entwickelte, während der Senat die Entscheidungen des Großen Rats in praktische Politik umsetzte: Er bestimmte die Innen- und Außenpolitik, hatte legislative Funktionen, war oberstes Verwaltungsorgan und Gerichtshof. Zeitweilig zählte er über 300 Mitglieder, zudenen die Prokuratoren von San Marco, die Signoria, der Rat der Zehn, die Avogadori di Comun, die Häupter der Quarantia, die Patroni (Leiter) des Arsenale und die Savi gehörten. Wie alle Verwaltungsorgane der Serenissima gab auch der Senat seine Macht an Ausschüsse und Gremien ab, wie z.   B. das Collegio von 16 Savi, »Weisen« mit besonderen Regierungsaufgaben, also etwa unsere heutigen Minister. Das Collegio bildete zusammen mit der Signoria und den Häuptern der Quarantia wiederum das Pien Collegio , das die Beschlüsse des Senats durchführte. Im Laufe der Zeit gewann es immer mehr Macht, einzelne Savi konnten die Politik bestimmen.
    Die einzige Institution, durch die das Bürgertum an der Macht beteiligt war, war die Dogenkanzlei, deren Leiter, der Großkanzler , ebenso wie andere hohe Beamte der Kanzlei, dem Bürgertum entstammte. Die Kanzlei bereitete Gesetzestexte vor und archivierte alle Akten der Serenissima. Der Großkanzler wurde vom Großen Rat auf Lebenszeit gewählt, nahm an allen Sitzungen der Verfassungsorgane teil, war also über die Politik, sogar über Staatsgeheimnisse informiert, hatte aber weder Rede- noch Stimmrecht. Ähnlich gut informiert waren die drei Avogadori di Comun , »Anwälte der Kommune«, die – ebenfalls ohne Stimmrecht – an allen Sitzungen staatlicher Gremien teilnahmen. Sie mussten darüber wachen, dass Verfassungsorgane und Amtsinhaber die Gesetze einhielten, hatten also die Funktion eines Generalstaatsanwalts. Außerdem prüften sie die Kassen und die Zahlung der Steuern. Kontrollfunktionen übten auch die neun Prokuratoren von San Marco aus, sechs waren für die sechs Sestieri (Stadtteile), drei für den Markusdom, den Campanile und das Vermögen des Markusdoms zuständig. Sie hatten ihren Amtssitz in den Prokuratien rund um den Markusplatz, waren lebenslang Mitglied des Senats und oft auch Savio im Collegio. Das Prokuratorenamt war nach dem des Dogen die höchste Würde Venedigs, und viele Dogen waren vor ihrer Wahl Prokuratoren gewesen.
    Wege und Fortbewegung
    In der auf Pfählen erbauten Lagunenstadt bewegten sich die Menschen ebenso selbstverständlich zu Wasser wie zu Land. Eine unüberschaubare Zahl an Bezeichnungen für unterschiedliche Bootstypen ist eine der Folgen. Aber auch die Fußwege und Plätze wurden sorgsam unterschieden: Unter anderem heißen die engeren Straßen Calle , die Straßen längs der Kanäle Fondamenta oder   – im Fall der größeren Anlegestellen am Canal Grande   – Rive . Mercerie sind die Straßen mit Geschäften. Ein Campo ist ein Platz, an dem eine Kirche steht, Corti sind die Innenhöfe der Häuser. Die Piazza San Marco hieß gemeinhin nur die Piazza , die Piazzetta hingegen ist der kleinere angrenzende Platz vor dem Dogenpalast. Ein Sotoportego schließlich ist ein Fußweg, der unter einem Haus, manchmal
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