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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken
Autoren: Karl May
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alle Vortheile.«
    Jetzt brach ein allgemeines Halloh aus. Die Sache lag so klar, daß sie weiter gar keiner Erklärung bedurfte. Wadenbach hatte seinem Mitcandidaten eine Nase gedreht, und dieser konnte nun lange suchen, bis er für seinen Gegner eine bessere fand.
    Der Halberfrorene machte natürlich gute Miene zum bösen Spiele und setzte sich mit zu den Uebrigen.
    »Mein Brauner mag hier im Stalle stehen bleiben, bis wir für heute fertig sind. Ich gehe nich erst nach Hause. Gebt mir noch ein Glas Grog!«
    »Willst Du nicht lieber einen Pommeranzen nehmen?« fragte Wadenbach. »Der ist gut gegen alle möglichen Arten von Erkältung und hilft auch für den Aerger.«
    »Danke schön; ich habe auf Deine Hämorrhoiden bis jetzt noch nicht abonnirt! Uebrigens habe ich den Pommeranzen zu Hause besser, als er hier im lustigen Manne ist.«
    »Das ist ‘mal nicht wahr! Wenn irgend Jemand den Pommeranzen kennt, so kenne ich ihn. Ich habe drei Meilen im Umkreise in jede alte Flasche geguckt und kenne also meine Sorte. Der lustige Mann hat den besten, und dabei bleibt’s.«
    »Laß Dir nichts weiß machen, Gevatter! Ich mache eine Wette mit um Alles, was Du willst, daß der meinige besser ist.«
    »’S ist aber nicht wahr! Ich setze auf der Stelle ein Faß Chemnitzer Schloßbier.«
    »Gut, ich halte Deine Wette. Jetzt auf der Stelle wird der Pommeranzen geschafft; die ganze Versammlung muß kosten und ihr Urtheil abgeben. Wir nehmen den Ballotagekasten her, und weiß gilt für mich und schwarz für Dich. Bist Du einverstanden?«
    »Freilich. He, Wirthshaus, hast Du noch Chemnitzer ›Schloß?‹«
    »Leider nicht. Ich habe vorhin den letzten Tropfen selber noch getrunken und bekomme erst morgen Mittag welches.«
    »So lange können wir nicht warten, und von den andern Wirthen will mir’s nicht schmecken. Ich weiß nicht, woran das eigentlich liegt. Das beste Chemnitzer ›Schloß‹ hat man in der Langenberger Teichschenke. Wißt Ihr was? Der Hahnemann muß seinen Braunen wieder anspannen, und wir holen das Faß aus Langenberg.«
    Der Vorschlag wurde von der Gesellschaft, welche sich schon in einem etwas angetrunkenen Zustande befand, lachend angenommen, und nur Hahnemann schüttelte verneinend den Kopf.
    »Da mache ich nicht mit! Erstens habe ich das Fahren in diesem Wetter satt, und zweitens ist mein Brauner zu müde.«
    »Es ist auch gar nicht nothwendig,« rief ein Anderer, »daß Du selbst fährst, und was Deinen Braunen betrifft, so ist’s bis Langenberg ja nur ein Katzensprung. Er hat sich schon ausgeruht.«
    »Nein, ich muß das Pferd schonen.«
    »Was Du doch dumm bist! Willst Du Dich denn zum zweiten Male von Wadenbach leimen lassen?«
    »Wieso denn?«
    »Na, Du siehst doch ein, daß er blos deßhalb das Bier aus Langenberg haben will, weil er wußte, daß es dort Niemand holt. Denn seine Wette muß er verlieren; Dein Pommeranzen ist der beste; das wissen wir Alle zusammen.«
    »Das ist nicht wahr?« vertheidigte sich Wadenbach, der sich schon einen ziemlichen Spitz angetrunken hatte. »Wenn Ihr das denkt, so will ich gleich selber fahren. Giebst Du mir den Braunen?«
    »Wenn Du selber fährst, ja!«
    »Gut, spanne ein; ich will derweile noch Einen trinken, daß ich warm bleibe.«
    »Da muß ich Dir aber einen Zettel an meine Leute mitgeben,« meinte Hahnemann, dem plötzlich ein Gedanke kam; »sonst mußt Du gewärtig sein, den Pommeranzen gar nicht zu kriegen.«
    »Meinswegen! Ich will ihn Deiner Alten geben.«
    In kurzer Zeit war das Pferd vorgespannt, und Wadenbach saß mit dem Zettel in der Tasche und der Peitsche in der Hand, im Schlitten.
    »Fahr zu, Gevatter,« sprach Hahnemann. »Sei nicht lange außen und grüße mir den Teichwirth. Hopp, Brauner!«
    Das Pferd zog an, und das Fuhrwerk setzte sich in Bewegung.
    Noch immer schneite es, was vom Himmel herunter wollte, so daß man kein Auge aufzuthun vermochte und kaum rechts und links die Chausseebäume zu erkennen waren. Wadenbach drückte sich zusammen. Er merkte jetzt in der frischen Luft erst, daß der Spitz größer sei, als er es geglaubt hatte; doch grad dieser Umstand schützte ihn einigermaßen gegen Sturm und Kälte.
    Es war ihm lieb, daß die Teichwirthschaft grad so als erstes Haus am Ende von Langenberg lag, wie der »lustige Mann« das letzte Haus der Stadt war. So war der Weg zwischen beiden Orten so kurz wie möglich, und obgleich er den Pommeranzen erst auf dem Rückwege mitzunehmen brauchte hielt er nach einer Weile doch vor Hahnemanns
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