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Die Farbe des Himmels

Die Farbe des Himmels

Titel: Die Farbe des Himmels
Autoren: Britt Silvija und Reissmann Hinzmann
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vorzustellen, was noch schlimmer hätte sein können, und ich war richtig froh, dass ich noch so glimpflich davongekommen war. Dann ging’s mir gleich besser. Das hab ich mein Leben lang beibehalten, und es hat immer geholfen.« Sie hob den Kopf und blickte Messmer offen an. »Aber diese Strategie funktioniert jetzt nicht, verstehst du? Es gibt nichts, was noch schlimmer sein könnte als das, was gerade geschieht.«
    Messmer nahm ihre eiskalten Hände in seine und drückte sie sacht.
    »Ich muss unbedingt noch zum Kriminaltechnischen Institut«, sagte Thea und entzog ihm ihre Hände. »A-ber bei diesem Mistwetter komme ich nicht mal bis zum Auto, ohne zu ersaufen oder vom Hagel durchlöchert zu werden.«
    Messmer stand auf und trat ans Fenster. »Manchmal braucht es ein Unwetter, damit man wieder durchatmen und klar sehen kann.«
    Thea war die Doppeldeutigkeit seiner Worte nicht entgangen. Ein ohrenbetäubendes Krachen ließ sie zusammenfahren. Es musste ganz in der Nähe eingeschlagen haben.
    »Komm da lieber weg«, entfuhr es ihr.
    »Du sorgst dich doch nicht etwa um mich, oder?« Messmer schaute sie ungläubig an, und um seinen Mundwinkel zuckte es schon wieder belustigt.
    Thea hätte sich ohrfeigen können.
    »Du wirst das Ergebnis der DNA-Untersuchung nicht früher bekommen, auch wenn du stündlich danach fragst. Es braucht nun mal so lange, wie es braucht. Die geben uns schon Bescheid, wenn sie so weit sind. Das weißt du doch.« Messmer trat vom Fenster zurück. »Der Gedanke, dass deine Mutter eine Mörderin sein soll, tut weh.« Messmers Stimme war jetzt leise und sanft. »Aber es muss wehtun, wenn es heilen soll.«
    »Wer sagt das?« Thea sah ihn erstaunt an.
    »Die Urgl.«
    »Wer um Gottes willen ist die Urgl?«
    »Kennst du die etwa nicht? Urgl ist ein Gnomenweibchen aus Michael Endes ›Die unendliche Geschichte‹, eine Heilerin.
    Und die Frau von Engywuck, dem Erforscher des südlichen Orakels.«
    »Du hast die ›Unendliche Geschichte‹ gelesen?«
    »Mit meinem Sohn zusammen. Er war vollkommen vernarrt in das Buch. Und ich finde, es steckt viel Weisheit drin.«
    Thea war sprachlos. Diese Seite Messmers kannte sie noch nicht.
    Er ging im Büro auf und ab. »Bei den sichergestellten Gegenständen aus dem Hotelzimmer ist auch der Schlüssel vom Haus deiner Mutter in Italien. Das ist eine echt schöne Gegend da unten. Ich hab da mal mit Ulrike und Matthias Urlaub gemacht, am Meer, als meine kleine Welt noch in Ordnung war. Castiglione della Pescaia hieß der Ort …« Er verharrte einige Sekunden, als wäre er gerade sehr weit weg.
    Thea wusste nichts zu erwidern. Sie hatte noch nie erlebt, dass er von seiner Ehe sprach.
    »Ich mach dir jetzt einen Vorschlag.« Messmer blieb an der Tür stehen. »Du nimmst Urlaub, fährst nach Siena und siehst dich in dem Haus um. Vielleicht findest du Indizien für die Tat, vielleicht auch nicht. Auf jeden Fall verlasse ich mich auf dich. Dort unten bist du deiner Mutter so nahe, wie es im Augenblick vertretbar ist.«
    Thea hob den Kopf und sah Messmer ungläubig an. »Aber das darf ich doch nicht. In ihr Haus, meine ich, ohne einen Durchsuchungsbeschluss.«
    »Ich rede mit Rudi darüber. Ich bin sicher, er wird nichts dagegen haben.« Messmer setzte sich wieder ihr gegenüber. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass deine Mutter dich anzeigt, wenn sie erfährt, dass du in ihrem Haus auf sie wartest.«
    Ich hoffe es, dachte Thea. Was wird wohl in ihr vorgehen, wenn sie erfährt, dass ich dort auf sie warte?
    »Und wenn das DNA-Ergebnis kommt, ruf ich dich auf dem Handy an.«
    Thea sah aus dem Fenster. Das Unwetter hatte so plötzlich aufgehört, wie es angefangen hatte. »Du gibst mir Bescheid, versprochen?«
    »Du hast mein Indianerehrenwort«, sagte Messmer und streckte ihr die Hand hin.
    Die Wolkendecke brach auf. Ein Sonnenstrahl kämpfte sich durch eine Lücke und brachte eine Strähne von Theas rotem Haar zum Leuchten.
     

NEUN
     
    Die Via Aurelia zog sich schnurgerade durch die mit Ginster und Lavendel bewachsene Landschaft. Rechts blitzte ab und zu eine Ahnung der grünblauen Wasserfläche durch die Pinien. Thea hatte das Mittelmeer noch nie gesehen. Sie war überhaupt noch nicht weit gereist in ihrem Leben. Im Kinderheim hatte es keine Ferienfahrten gegeben, und später, während der Ausbildung, und dann als Polizistin war sie nie auf die Idee verfallen, in den Süden zu reisen. Ein schwerer Fehler, wie sie jetzt feststellte. Vielleicht hatte sie nicht ganz
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