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Die Falschmünzer vom Mäuseweg

Die Falschmünzer vom Mäuseweg

Titel: Die Falschmünzer vom Mäuseweg
Autoren: Stefan Wolf
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das unmöglich. Jetzt
rächte sich seine Unsportlichkeit. Aber er hatte auch da einen Ausweg gefunden.
Eine Strickleiter nämlich, die er an derselben Stelle festhakte wie Tarzan sein
Seil.
    Diesmal freilich verzichtete
Klößchen.
    »Du rennst sicherlich in nem
irren Tempo zur Stadt. Da wäre ich sowieso gleich abgehängt. Weißt du, wo Hehne
wohnt?«
    »Klar. Die Adresse steht im
Telefonbuch. Tschüss!«
    Tarzan war fertig, schloss
seinen Anorak und wieselte hinaus.
    Auf Zehenspitzen schlich er die
Treppe zum Speicher hinauf. Auf einem Balken hatte er das Seil versteckt. Er
holte es, kehrte in den zweiten Stock zurück und pirschte zum Flurfenster. Es
wurde leise geöffnet.
    Eine Armlänge entfernt sprang
die Mauer vor. Hier begann das Nebenhaus, ein Anbau. In dem Winkel rankte sich
im Sommer wilder Wein. Jetzt waren die Ranken natürlich blattlos und kahl. An
einigen Stellen hatte Hausmeister Mandl feste Haken in die Mauer getrieben. Sie
hielten das Holzgitter, das die Weinranken stützte.
    Am obersten Haken machte Tarzan
das Seil fest. Er schwang sich hinaus, stellte beide Füße auf den Sims, zog das
Fenster zu und klemmte ein mitgebrachtes Stück Pappe in den Rahmen. Lautlos und
katzengewandt ließ er sich hinunter und sprang in den Schnee.
    Alle Lampen waren erloschen.
Dicke Finsternis hüllte die große Internatsschule ein.
    Auf sein Rennrad musste er leider
verzichten. Denn Mandl schloss nachts auch den Fahrradkeller ab.

14. Endlich hinter Schloss und
Riegel
     
    Während er in flottem Dauerlauf
der Stadt zustrebte, drehte sich das Karussell seiner Gedanken.
    Was wollten die Geldfälscher
von Hehne? Ihn ausrauben? War er ein reicher Mann? Wohl kaum. Aber wenn sie ihn
fesselten und ihm die Augen verbanden, dann...
    Klar! Das musste es sein! Sie
wollten ihn mitnehmen. Als Geisel? Auch das wäre sinnlos gewesen. Aber
vielleicht sollte er ihnen den Banktresor öffnen!
    Nein!, dachte er. Funktioniert
nicht. Dazu sind immer zwei Schlüssel nötig. Den einen hat der Direktor, den
anderen hat der Prokurist.
    Das hatte er zigmal schon in
der Presse gelesen, immer wenn es um Bankraub und Bankeinbruch ging.
    Hehne allein nützte also
nichts. Denn den zweiten Schlüssel hatte sicherlich Frau Göttling und...
    Die Erkenntnis traf ihn wie der
berühmte Blitz aus heiterem Himmel. Fast wäre er gestolpert und hätte eine
Bauchlandung gemacht, obwohl er gerade die ersten Häuser erreichte und ihm
Laternen den Weg beschienen.

    Frau Göttling und Hehne
— das war die Lösung. Wenn die Bankräuber beide hatten und beide Schlüssel,
dann — ja, dann stand ihnen buchstäblich nichts mehr im Wege und sie konnten
den Tresor knacken wie ein gläsernes Sparschwein.
    Er wusste, wo Frau Göttling
wohnte. Es war ganz in der Nähe. Oft schon war er an dem kleinen Haus
vorbeigekommen. Im Sommer hatte er Frau Göttling im Garten gesehen, wo sie
Unkraut jätete und Blumen goss.
    Er änderte die Richtung.
    Nach wenigen Minuten erreichte
er den dunklen Teil einer Nebenstraße. Schon von Weitem sah er: Vor Frau
Göttlings Haus stand ein kleiner Lieferwagen, unbeleuchtet, aber mit leise
tuckerndem Motor.
    Geduckt schlich er näher.
    Als ihn noch wenige Schritte
von dem Fahrzeug trennten, kamen dunkle Gestalten vom Haus her.
    Mit einem Satz flankte Tarzan
über den angrenzenden Zaun. Atemlos duckte er sich hinter ein Tännchen.
    »Beeilt euch!«, hörte er
Markers knarrige Stimme.
    Tarzan riskierte ein Auge.
    Sie kamen dicht an ihm vorbei.
Er erkannte Marker. Hinter ihm kam einer, dessen silberblonde oder weiße
Lockenpracht sogar in der Dunkelheit leuchtete.
    Dann folgten vier Gestalten,
die eine schlaffe Last trugen, offensichtlich Frau Göttling.
    »Hoffentlich habe ich ihr nicht
zu viel Chloroform gegeben«, meinte der Lockige. »Na ja, betäubt ist betäubt.
Sie wird schon wieder aufwachen. Und den zweiten Schlüssel haben wir. Das ist
die Hauptsache.«
    »Pst!«, machte Marker.
    Jetzt rückten die anderen vier
in Tarzans Blickfeld.
    Er traute seinen Augen nicht.
    Ihre Lederkleidung knirschte.
Die Nietenverzierung schimmerte. Er vermeinte sogar die Schnapswolke zu
riechen, in die sich die vier Ledertypen, die Handtaschenräuber, am Sonntag in
Dengenbach gehüllt hatten.

    Lockenkopf öffnete die
Heckklappe des Lieferwagens. Die Bewusstlose wurde verstaut.
    Leise sagte Marker: »Also, ihr
fahrt mit den beiden zum Mäuseweg. Kowalske und ich gehen zur Bank. Göbel wird
schon warten. Du, Plasch, bringst uns die Blüten. Den Wagen kannst du
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