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Die Eule - Niederrhein-Krimi

Die Eule - Niederrhein-Krimi

Titel: Die Eule - Niederrhein-Krimi
Autoren: Renate Thomas u Wirth Hesse
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Oderstudienrat in Mathematik und Physik, das sagt doch schon alles. Ich hätte wissen müssen, wohin er sich entwickeln würde, aber nein, in jungen Jahren fühlt man sich noch allmächtig und glaubt, einen Menschen verändern zu können. Der hat mir nach seiner Pensionierung jeden Zahnstocher vorgerechnet. Kennen Sie Loriot in dem Film ›Papa ante portas‹? Der spielt einen pensionierten Firmenchef, der zu Hause das Heft in die Hand nimmt. Das ist noch witzig. Hier fror der Humor vor der Haustür ein. Theo kritisierte, organisierte, mischte alles auf. Wundern Sie sich nicht, ich kann da einfach nichts betrauern. Im Gegenteil, ich wäre im Laufe des nächsten halben Jahres zu einer Freundin gezogen, wenn er sich nicht bewegt hätte. Theo sollte sich entscheiden, mit mir zusammen eine Paarberatung aufzusuchen. Der Gedanke, anderen Leuten von familieninternen Problemen zu erzählen, war ihm zutiefst peinlich. Und jetzt hat sich das alles aufgelöst. Einfach so. Da hat der liebe Gott seine Finger im Spiel gehabt, davon bin ich überzeugt. Tut mir leid, meine Herren, es gibt hier keine trauernde Witwe.«
    Auf die Frage, was sie mit »Sekte« meinte, fiel ihre Antwort knapp und bündig aus.
    »Sie nennen sich ›Die Gerechten der Welt‹ und wollen Einfluss in globale Geschicke nehmen, indem sie die Kraft des gemeinsamen Gebets nutzen. Schauen Sie nicht so ungläubig. Theo, habe ich immer gesagt, Theo, du bist doch ein denkender Mensch. Und dann glaubst du allen Ernstes daran, durch Beten das Handeln von Merkel und Putin zu beeinflussen? Immer wieder fuhr er nach Wesel zu den Treffen seiner Gemeinschaft. Ich habe mich ja geweigert, mehr als einmal wollte er, dass ich mitkomme. Fahr du nur zu deiner Sekte, habe ich gesagt. Dann bist du mir von den Füßen weg, habe ich gedacht. Und jetzt? Bei der Wallfahrt überfahren, unglaublich, oder? Jetzt entschuldigen Sie mich, ich muss noch ein paar Menschen benachrichtigen.«
    Simon Termath saß auf dem strapazierten Beifahrersitz des alten Polo und schüttelte immer noch den Kopf.
    »Ich kann das nicht fassen. Dass die sich nicht geschämt hat. Es gibt doch noch so etwas wie Anstand.«
    Sie verließen Mehrhoog, bogen links auf die B 8 ein in Richtung Wesel. Es platzte nur so aus Simon Termath heraus.
    »Da ist man sein halbes Leben oder länger mit einer Frau zusammen, und nach dem Ableben tanzt sie auf dem Tisch.«
    Burmeester schaute ihn kritisch von der Seite an. »Ich kann sie irgendwie verstehen. Wenn der Partner plötzlich nur noch nörgelt …«
    Sie glitten durch den Diersfordter Wald.
    »Papperlapapp. In guten wie in schlechten Zeiten, heißt es bei der Eheschließung, und nicht nur in Saus und Braus.«
    Burmeester bog rasant auf die Reeser Landstraße ein und erwischte knapp oberhalb der Geschwindigkeitsbegrenzung die grüne Welle. »Du zeichnest dem Mann einen Heiligenschein, ohne ihn gekannt zu haben. Männersolidarität?«
    »Quatsch. Mich macht es wütend, dass man sich heutzutage nicht mehr sicher sein, wer noch zu einem steht.«
    Links bog Burmeester in den Herzogenring ein und stellte seine rote Rostlaube auf dem Parkplatz für Dienstfahrzeuge hinter dem Dienstgebäude ab. Simon Termath war nicht zu beruhigen.
    »Der Lehrer hat nicht viel von seinem Ruhestand gehabt neben diesem ignoranten Drachen. Vier Jahre. Mensch, Junge, pass bloß auf mit den Frauen. Ich bin mir gar nicht mehr so sicher, ob meine nicht auch heimliche Pläne schmiedet. Sie oder ich.« Termath pellte sich stöhnend aus dem Auto. »Sie wird es ganz geschickt machen, wenn ich zu Hause bin. Zu Tode füttern.«
    »Was?«
    »Mit guter Butter, Sahne und dem Besten vom Ei.«
    Burmeester konnte sich nicht mehr beherrschen, prustete los. »Entschuldige, aber du bist nölig wie ein Grundschulkind. Das will ich nicht, das geht nicht, das wird besonders schlimm. Du gehst doch in den Ruhestand und nicht in Dauerkur nach Bad Sassendorf. Also, wo liegt das Problem? Freu dich doch mal.«
    Mürrisch schlurfte Termath hinter ihm her. »Du hast ja keine Ahnung.«
    »Komm, wir machen die Berichte fertig, bereiten die Lagebesprechung für morgen vor, und vielleicht ist dann heute mal pünktlich Feierabend.«
    »Nee, nee, ich habe bis zweiundzwanzig Uhr plus Bereitschaft, war etwas spät dran und gehe keine Minute eher.«
    Burmeester wartete auf dem Treppenabsatz auf ihn. »Sag mal, wer hat hier die Fluchtgedanken, deine Frau oder du? Vielleicht solltet ihr mal drüber reden.«
    »Wie, reden?«
    »Setzt euch an
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