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Die Eule - Niederrhein-Krimi

Die Eule - Niederrhein-Krimi

Titel: Die Eule - Niederrhein-Krimi
Autoren: Renate Thomas u Wirth Hesse
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als Einziger unverletzt bleiben, glauben Sie mir. Na, geht es wieder?«
    Karin Krafft hielt ihre linke Hand mit gespreizten Fingern in die Höhe. »Alles wieder ruhig. Für einen Moment sah ich uns in einem verspätet hochgehenden Zündsatz umkommen. Mensch, ich bin so dünnhäutig geworden. Richtig verweichlicht.«
    Der Kollege lächelte ihr zu. »Kleinkinder können eben keine harten Mütter gebrauchen. Ich glaube, das ist ganz natürlich so. Keine Sorge, Sie werden schon zu Ihrer alten Form zurückfinden. Bestimmt.«
    Der junge Mann in dem blauen Pullover mit dem Malteseremblem wollte Tee nachschenken, beide lehnten dankend ab.
    »Ach, sagen Sie, wie kommt dieses Zelt hier an die Unfallstelle?«, fragte Heierbeck.
    Bewegt erzählte der Helfer, er sei Fahrer des Begleitfahrzeugs gewesen, hätte von Weitem die Katastrophe mit ansehen müssen. Er und seine Kollegin hätten sofort Erste Hilfe geleistet und alles Notwendige in die Wege geleitet.
    »Und als Letztes haben wir aus dem Lager in Xanten das Zelt angefordert, weil doch so viele Unverletzte am Straßenrand saßen und immer wieder zur Unfallstelle schauten. Wir wollten sie aus dem Geschehen holen.«
    »Das haben Sie prima gemacht. Umsichtig und professionell. Können Sie mir noch einmal zeigen, wo Ihr Wagen sich befand, als das hier geschah?«
    Heierbeck und der Malteser verließen das Zelt. Karin fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und straffte ihre Haltung. Eine klare Stimme sprach sie von der Seite an.
    »Ich kenne das. Man kann nichts dagegen tun. Die Angst überkommt einen ohne Vorwarnung, lähmt den Körper. Sie waren nicht in der Lage, alleine zu laufen, richtig?«
    Die Hauptkommissarin sah sich um. Die ältere Frau saß mit versteinerter Miene dort, fixierte sie aus grauen Augen und sprach mit unbewegtem Gesicht.
    »Als die Toten noch auf dem Radweg und der Straße lagen und das Blut, das viele Blut den Asphalt färbte, als das Stöhnen der Verletzten, das Wimmern der zitternden Unverletzten die einzigen Geräusche waren, da überkam es mich wieder, dieses panische Gefühl. Angst kann man nicht steuern, glauben Sie mir. Sie wird lästig wie ein Schnupfen. Nur ist sie nicht nach acht Tagen wieder weg.«
    »Frau Garowske? Cornelia Garowske? Ich bin Hauptkommissarin Krafft.«
    Sie schauten sich an, lange und intensiv. Nur nicht wegsehen, dachte Karin Krafft. Immer noch im Blickkontakt, nickte die Frau und sprach weiter.
    »Sie leiten den Einsatz hier?«
    »Ja.«
    »Sie sind viel zu weich für diesen Job, aber wenigstens stehen Sie dazu. Anders als der alte Mann vorhin. Der wollte stark sein, aber seine Aura ist ganz schwach.«
    Karin horchte auf. Jetzt bloß keinen Fehler machen. »Sie verfügen über eine außergewöhnliche Wahrnehmung.«
    »Nennen Sie es Menschenkenntnis oder Wahrnehmung. Alles ist eine Frage der inneren Disziplin.«
    »Sie haben diese Wallfahrt organisiert?«
    »Ja.«
    »Von welcher Kirchengemeinde aus sind Sie gestartet?«
    Cornelia Garowske streifte die Thermodecke von den Schultern, faltete sie ordentlich zusammen, legte sie neben sich auf die Bank und stand auf.
    »Von der Gemeinde der Gerechten dieser Welt. Ich will jetzt nach Hause, Frau Krafft. Stellen Sie mir morgen alle Fragen, die Sie haben. Ich werde gerne und mit Ehrlichkeit antworten. Jetzt will ich nach Hause.«
    »Wo ist denn diese Gemeinde ansässig?«
    Cornelia Garowske stand da, blickte aus dem Zelt, schien nichts zu hören. Fertig, abreisefertig.
    »Frau Garowske?«
    Keine Regung. Sie steht da wie Queen Mum, der ein Lakai die Tür öffnen soll, dachte Karin. Da wird heute nichts mehr zu machen sein.
    »Kommen Sie, ich bringe Sie nach Hause.«
    * * *
    Es erwies sich als äußerst schwierig, unter den angegebenen Adressen der Opfer Angehörige anzutreffen. Burmeester und Termath erreichten in zwei Fällen lediglich Nachbarn. Der Schlosser Kai Manzel hinterließ eine geschiedene Frau und eine kleine Tochter, die vielleicht in Wesel lebten, erfuhren sie nach mühevollem Klinkenputzen. Der Nachbar im Nebenhaus wusste auch den Namen seiner aktuellen Lebensgefährtin, da ihre Post öfter in seinem Kasten landete. Beim Blick auf die Liste der Verletzten fand Burmeester den Namen Monika Engelmann, eingeliefert ins Xantener Sankt-Josef-Hospital. Wenigstens lebte die Frau. Dem geschockten Nachbarn fiel ansonsten nur noch ein, dass es einen Bruder in Kanada gebe.
    Der Wohnsitz von Holger Winter, dem vierundzwanzigjährigen Bäcker und Konditor, entpuppte sich als
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