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Die Essenz der Lehre Buddhas

Die Essenz der Lehre Buddhas

Titel: Die Essenz der Lehre Buddhas
Autoren: Dalai Lama
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bekommen.
    Während unserer Meditation über die Leerheit sollten wir völlig im Bewusstsein der Leerheit aufgehen. Während wir in vollkommener Sammlung über das Nichtvorhandensein eines Ichs meditieren, sind wir auf eine Negation ausgerichtet: Es wird nichts bejaht oder bekräftigt. In unserem Bewusstsein ist nichts weiter als die schiere Negation eines aus sich selbst existierenden Ichs. Solange wir meditieren, sind wir allerdings keiner echten Herausforderung ausgesetzt. Auf die Probe wird unsere spirituelle Erfahrung erst dann gestellt, wenn wir die meditative Versenkung beenden und uns wieder auf die Welt einlassen. Alle Sinne, etwa das Seh- und Geruchsvermögen, schalten sich wieder ein, wenn sie erneut den inneren und äußeren Umständen ausgesetzt werden. Jetzt kann unsere neu gewonnene Wahrnehmung aller Dinge als leer uns helfen und dem natürlichen Hang, am Gefühl eines Ichs festzuhalten, entgegenwirken.

    Meditation über Leerheit lässt uns auch die Widrigkeiten des Lebens als Schritte auf dem Weg zu Erleuchtung erkennen. Vielleicht erleben wir die Dinge dann so wie der kaschmirische Meister Shakya Sri: »Wenn ich glücklich bin, möge mein Glück allen zugutekommen, und wenn ich leide, möge das Meer der Leiden austrocknen.« Wenn jemand den Dharma so üben kann, bewirkt sein Leben mitten in New York City mehr als die Abgeschiedenheit in einer Berghöhle. Solange wir diesen inneren Frieden nicht gefunden haben, wird unser Geist immer wieder von Ärger und Hass heimgesucht werden, selbst wenn wir ein Einsiedlerleben führen.
    Oder wie Shantideva in seinem Leitfaden zum Leben eines Bodhisattwas sagt: »Überwinde alle Formen der Müdigkeit und reite auf dem Bodhicitta-Pferd von Freude zu Freude. Welcher verständige Mensch würde nicht mit Wonne eine solche Reise antreten?«

Nachwort

    V or vielen Jahren hatte ich das Glück, Seine Heiligkeit fragen zu können, was die wichtigste Lehre des Buddha sei. Er schwieg einen Augenblick und sagte dann: »Shunyata. Leerheit.« Nach meinen eigenen Erfahrungen sind die Lehren des Buddha ungemein wertvoll für uns. Wie eine wirksame Medizin sprechen sie unsere persönlichen Fragen und Themen sehr gezielt an. Und dann der erstaunliche Gleichklang mit den Lehren und Lehrern anderer spiritueller Traditionen: Liebe, Mitgefühl, Mildtätigkeit, Ehrlichkeit, Freundlichkeit, Großzügigkeit, Selbstlosigkeit, Freude und Vergebung – das sind menschliche Züge, die sich der Anerkennung und Bewunderung vieler, wenn nicht aller erfreuen. Im Buddhismus wird großer Wert auf die möglichst umfassende Ausbildung dieser wunderbaren Eigenschaften gelegt.
    Doch der Buddha Shakyamuni hat uns ein einzigartiges großes Geschenk gemacht, als er den letzten Grund aller unserer Leiden als Einzelne und in der Gemeinschaft erklärte. Er besteht im nicht hinterfragten Glauben an die Existenz eines eigenständigen, ewigen Ichs. Wir leiden und wir benehmen uns schlecht, weil wir glauben, wir existierten wirklich so, wie es den Anschein hat – unabhängig und real und dem eigenen Antrieb folgend.

    Der Buddha deutete an, dass es sich dabei um eine Halluzination handelt, um die Unwahrheit, die letztlich und von Urbeginn an hinter allen unseren Problemen und Leiden steht. Wir sind so an diese irrtümliche Sicht der Dinge gewöhnt, so durchtränkt von ihr, dass wir nur mit gewaltiger und beharrlicher Anstrengung und nur mit der gütigen Hilfe derer, denen es bereits gelungen ist, die Illusion zu durchschauen, einen Schimmer der Wahrheit erhaschen.
    Als Schauspieler und Filmemacher erstaunt es mich, wie sehr ich im Kino doch bereit bin, die distanzierte Perspektive abzulegen. Mir ist klar, dass da buchstäblich nichts weiter zu sehen ist als Lichter und Schatten, die mit vierundzwanzig Bildern pro Sekunde auf eine flache weiße Leinwand projiziert werden. Es ist ein Zaubertrick, der von Filmmagiern ausgeheckt wurde. Trotzdem lasse ich mich von meinen eigenen Tricks fesseln. Das Filmerlebnis ist einfach eine Konvention, eine Erzählsprache, die wir bereitwillig akzeptieren. Den Rest erledigt unser Gehirn: Es füllt die Lücken, erzeugt die Illusion von Realität, Bewegung und Kontinuität. Wenn wir uns einmal bereitgefunden haben, die Illusion als echt zu nehmen, erzeugen wir auch die entsprechenden Emotionen. Wir lieben die Helden und hassen die Schurken, wir fürchten die Monster, wir weinen vor Freude oder Schmerz. Wir sind in diese Welt hineinversetzt, und der Strom unserer Gefühle
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