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Die Essenz der Lehre Buddhas

Die Essenz der Lehre Buddhas

Titel: Die Essenz der Lehre Buddhas
Autoren: Dalai Lama
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wird überwältigend. Wir klammern uns sowohl an den Realitätsgehalt, den wir dem gewünschten Objekt fälschlich zuschreiben, als auch an das irrtümliche Ich-Gefühl, das wir als Kern unseres Wünschens spüren. Wir stehen jetzt unter dem Einfluss aller drei Wurzelgifte – Anhaftung, Zorn und Unwissenheit. Wenn wir dem seinen Lauf lassen, sind uns weitere Leiden sicher.
    Es ist bestimmt nicht einfach, sich all das bewusst zu halten, wenn uns gerade wirklich ein solches Missgeschick ereilt. Deshalb müssen wir uns in Zeiten der Ruhe der Betrachtung dieser Dinge widmen. Durch gesammelte analytische Meditation können wir unseren Geist nach und nach an diese neue Haltung gegenüber Erlebnissen
gewöhnen, die wir als Ungerechtigkeit oder Missgeschick erleben. Mit der Zeit werden wir den Dingen in dieser neuen Haltung immer besser standhalten können, wir werden geduldig und tolerant bleiben, wenn wir uns auf unangemessene Art provoziert fühlen. Es kann sein, dass wir erst nach Jahren der Praxis Veränderungen an uns bemerken, aber unsere Beharrlichkeit wird ganz bestimmt Früchte tragen.
    Die drei Kostbarkeiten
    Wir haben angesprochen, wie wichtig es ist, die Kostbarkeit dieser so flüchtigen menschlichen Existenz zu erkennen, die Karma-Gesetze von Ursache und Wirkung zu verstehen und uns die Allgegenwärtigkeit des Leidens vor Augen zu halten. Verschaffen wir uns nun im nächsten Schritt ein Bild von der Zuflucht, die uns der buddhistische Pfad bietet. Dazu müssen wir wissen, was mit dem »Dharma des wahren Aufhörens« gemeint ist, denn darum geht es uns letztlich als Praktizierenden des Buddhismus. Ohne diese Möglichkeit, die Kette des Karmas abbrechen zu lassen, haben Gedanken über die Kostbarkeit der menschlichen Geburt wenig Sinn, denn wir wüssten dann gar nicht, welche Chance sie uns eigentlich eröffnet. Wir müssen wissen, dass Freiheit vom leidvollen Samsara möglich ist und wir selbst diese Befreiung
herbeiführen können. So gelangen wir zu echter Wertschätzung für dieses Leben und die Möglichkeiten, die es uns bietet.
    Der Gedanke unserer Vergänglichkeit und des wartenden Todes wird unserer jetzigen Inkarnation etwas von Dringlichkeit geben. Wüssten wir nicht um die Chancen, die uns dieses vergängliche Menschendasein bietet, wäre die Betrachtung des Todes wohl eher eine deprimierende, wenn nicht masochistische Angelegenheit.
    Wenn wir unsere Praxis so weit geordnet angelegt haben, werden wir die Unterstützung durch einen spirituellen Führer oder Lehrer zu schätzen wissen. Ein wahrer Meister ist sehr nützlich für die Befreiung aus den Teufelskreisen des Samsara. Ich spreche nicht von irgendeinem Lehrer, sondern meine einen qualifizierten Meister von tiefem Glauben an Buddha, Dharma und Sangha – die drei Kostbarkeiten –, zu denen wir als Buddhisten Zuflucht nehmen. Solch ein Meister muss ganz davon durchdrungen sein, im Einklang mit den Lehren des Buddha zu leben. Ein Lehrer, der diese Eigenschaften besitzt, wird eine Verkörperung des Dharma.
    In unserer analytischen Meditation unterziehen wir den Dharma einer eingehenden kritischen Betrachtung. So entsteht tiefe Bewunderung für den Buddha, der Glaube, dass er ein wahrer Lehrer ist. Wir verstehen den buddhistischen Pfad immer besser, und unsere Verehrung des Sangha – der Gemeinschaft all derer, die mit uns den Weg gehen – nimmt zu.
    Geben und nehmen
    Wir arbeiten darauf hin, andere so wichtig zu nehmen, dass wir ihre Leiden nicht mehr mit ansehen können. Da wir ihnen ihre Leiden aber nicht einfach nehmen können, arbeiten wir an uns selbst, und zwar mit einer Übung, die »Geben und Nehmen« genannt wird. Wir stellen uns bildlich vor, dass wir alle unsere guten Eigenschaften, unseren Wohlstand, unsere Mittel, unseren Besitz anderen schenken und dafür alle ihre Schwierigkeiten auf uns nehmen. In unserer Meditation versuchen wir die Leiden anderer als so unerträglich zu empfinden, dass unser Mitgefühl schließlich eine Art Siedepunkt erreicht.
    Wir widmen uns also dieser Meditation des Gebens und Nehmens – Tonglen auf Tibetisch – mit tief empfundenem Mitgefühl, in dem wir alle Leiden anderer auf uns nehmen möchten, von den Schmerzen einer Krankheit bis hin zum Grund-Leiden des bedingten Daseins. Zum Beginn stellen wir uns vor, dass wir die Leiden anderer auf uns nehmen. Danach bringen wir ihnen alles dar, was wir an Mitteln, an Glück und an Rechtschaffenheit zu bieten haben. Das vorgestellte Nehmen stärkt unser
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