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Die Erfuellung

Die Erfuellung

Titel: Die Erfuellung
Autoren: Catherine Cookson
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ins Licht. »Ich … ich fürchte, ich habe mich verlaufen«, stammelte sie in sein schweres rotes Gesicht hinein.
    »Ja? Wollten Sie zur Bucht, nach Surfpoint Bay?«
    »Nein, daher komme ich gerade. Ich war unterwegs nach Fowler Hall und muss die falsche Abzweigung genommen haben.«
    Obwohl das Paar vor ihr keine Regung zeigte, spürte Linda sofort, wie entsetzt die beiden waren. Sie hatte keine Ahnung, wie lange das Schweigen dauerte, aber es wurde von einer weiteren Männerstimme im Haus durchbrochen. »Wo seid ihr?«
    »Komm mal kurz her.« Die Frau sprach über ihre Schulter, ohne Linda aus den Augen zu lassen. Dann erschien ein junger Mann, der so schlank, dunkel und groß war, dass er nur der Sohn der Frau sein konnte. »Die junge Dame hat sich verlaufen. Sie wollte nach … da oben.« Die letzten beiden Worte schienen ihr nur schwer über die Lippen zu kommen, und sie unterstrich sie mit einer bedeutungsvollen Seitwärtsbewegung ihres Kopfes.
    Der junge Mann stand nun direkt vor Linda. Die Überraschung in den kecken dunklen Augen, die sie abschätzend musterten, war nicht zu übersehen.
    Dann herrschte erneut Schweigen.
    »Wieso haben Sie denn diesen Weg genommen? Sie hätten an der Küste entlanggehen müssen.« Die Stimme des älteren Mannes klang rau und schroff. Als Linda erwiderte, die andere Abzweigung hätte ihr zu gefährlich ausgesehen, wechselten die drei rasche Blicke.
    Dann schien die Frau die Sache in die Hand zu nehmen. »Sie kommen besser herein«, meinte sie, »bis wir uns was überlegt haben. In der Dunkelheit schaffen Sie es nicht bis dahin, zumindest nicht allein.« Damit drehte sie sich um und ging ins Haus, während die Männer zu beiden Seiten der Tür stehen blieben, bis Linda ihr gefolgt war. Als sie zwischen ihnen hindurchging, überkam sie ein merkwürdiges Gefühl, und sie senkte den Blick, als hätten sich die beiden vor ihr entblößt.
    Zunächst gelangte sie in einen mit Glas abgetrennten Vorraum und von dort in eine große Halle, die offenbar als Wohnzimmer genutzt wurde. Der Raum war so schön, dass sie überlegte, ob sie ihre Straßenschuhe ausziehen sollte. Rote Läufer auf einem hellen Eichenboden, weiße Wände, die von scharlachroten Samtvorhängen unterbrochen wurden. Vor dem offenen Kamin, in dem ein munteres Feuer flackerte, stand eine niedrige Couch. Beherrscht wurde der Raum von einer Treppe aus massiver Eiche, die auf der rechten Seite der Halle zu einer Galerie an der hinteren Wand führte. Linda fühlte sich an eine teure Weihnachtskarte erinnert. Irgendwie schienen die Bewohner des Hauses nicht recht dazu zu passen, zumindest nicht die beiden Männer. Nur die Frau konnte für dieses Zimmer verantwortlich sein, das ebenso farbenprächtig und gleichzeitig elegant wie sie selbst war. Sie trug ein rotes Wollkleid und hatte glattes, schwarzes Haar, das sie wie Linda im Nacken zu einem Knoten zusammengesteckt hatte.
    »Setzen Sie sich. Möchten Sie eine Tasse Tee?« Die Frau sah auf den Tisch mit dem Teegeschirr neben der Couch.
    »Nein, danke«, erwiderte Linda, während sie sich auf dem Sofa niederließ. »Ich habe im Dorf Tee getrunken. Im Gasthaus.«
    »Warum hat Weir Sie denn nicht gefahren?«, mischte sich der Ältere der beiden Männer ein.
    Linda blickte auf. »Er war mit dem Auto unterwegs.«
    »Typisch … Was treibt Sie überhaupt her? Mit den Batleys haben Sie wohl nichts zu schaffen, oder?«
    »Nein, ich will auf die Landwirtschaftsschule und mache vorher bei Mr Batley ein einjähriges Praktikum.«
    Die drei starrten sie an. Linda sah von einem zum anderen.
    »Gütiger Himmel!«, rief der Mann aus.
    Sie hatte keine Ahnung, was das bedeuten sollte, aber ihr blieb auch keine Zeit zum Nachdenken, denn in diesem Augenblick wandte sich die Frau an ihren Sohn. »Du wirst sie mit dem Auto hinfahren müssen.«
    »Waaas?«, fragte er unwillig. Dann schien er zu merken, wie das auf ihren ungebetenen Gast wirken musste. »Tut mir Leid«, sagte er hastig zu Linda, »aber wissen Sie …«
    »Rouse! Komm bitte mal kurz her.« Die Frau ging durch die breite Halle auf eine Tür zu, aber der junge Mann folgte ihr erst, als sein Vater ihn mit einer brüsken Kopfbewegung dazu aufforderte.
    Dafür nahm der ältere Mann, der Kniebundhosen, Tweedjacke und Hausschuhe trug, nun seinen Platz vor dem Kamin ein. Er stellte sich mit dem Rücken zum Feuer und verschränkte die Hände auf dem Rücken. »Wissen Sie, worauf Sie sich einlassen? Landwirtschaft ist in dieser Grafschaft
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