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Die Erfolgsmasche

Titel: Die Erfolgsmasche
Autoren: Hera Lind
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schnell. Listen und Balken erscheinen, und Äppel ist plötzlich gehorsam und willig und macht einen auf seriös.
    »Was wollen Sie denn genau machen?«
    »Meinen Text wiederholen. Der ist weg.«
    »Wo haben Sie den denn abgespeichert?«
    »Das frage ich Sie!«
    Siegfried fummelt wieder mit der Maus herum, und plötzlich … Hurra! Der Text!
    »Ist er das?«
    »Ja! Wo haben Sie den nur gefunden?«
    »Unter DOCX.« Siegfried zeigt auf ein Symbol in der unteren Leiste. Es sieht aus wie ein Ordner, in dem einige eselsohrige Blätter stecken. Dieser Ordner hüpft dienstfertig auf und ab, bis Siegfried »Sitz!« zu ihm sagt. Da stellt er sich wieder tot.
    »Mann, ist das alles ausgeklügelt«, versuche ich fröhlich, etwas Konversation zu machen.
    Leider macht Siegfried keinerlei Anstalten, meinen witzigen, geistreichen Text über die lustigen Streiche meiner bezaubernden Kinder und deren Klone lesen zu wollen. Schade. Ich würde ihm zu gern den ganzen Text vorlesen. Und ihn damit zum Lachen bringen. Aber mir schwant, dass Siegfried nicht der Typ ist, der sich über so etwas kaputtlachen könnte. Trotzdem: Siegfried flößt mir Mut ein.

    »Brauchen Sie sonst noch was?«, fragt er höflich.
    »Nun ja, wenn Sie schon hier sind: Ich hätte gern einen anderen Bildschirmschoner.«
    Siegfried betrachtet die langweiligen Quallen und Zierfische, die emotionslos an irgendwelchen Korallen vorbeitreiben.
    »Das ist aber der allerneueste.«
    Als ob das ein Argument wäre! Typisch Mann.
    »Ich will mir keine fransigen Quallen ansehen«, gebe ich zu bedenken.
    Siegfrieds Finger turnen munter auf der Tastatur herum, führen anmutig die Maus, und Äppel gehorcht. Er versteht sofort, dass man mit diesem Mann keinen Schabernack treiben kann.
    Nach einer Weile erscheinen einige Zebras, die träge im Wüstensand vor sich hin trotten.
    »Ach nein«, sage ich schmallippig. »Zu Zebras habe ich keine besondere Beziehung.«
    Siegfried gibt dem unterwürfigen Äppel neue Befehle.
    Plötzlich sehe ich übergangslos eine Auswahl grünweißen Geschirrs.
    Siegfried sieht mich fragend über den Rand seiner Brille hinweg an: »Gmundener Porzellan. Das habe ich persönlich als Bildschirmschoner.«
    Der Mann hat doch nicht alle Tassen im Schrank!
    »Mein Bruder ist Gesellschafter dieser Porzellanfirma«, erklärt Siegfried, als er meinen verstörten Blick auffängt. »Da kriege ich alles zum halben Preis.«
    »Ach so«, sage ich erleichtert. »Aber ich selbst hätte gern etwas Originelleres. Wenn ich Porzellan anschauen möchte, gehe ich in die Küche und mache die Schränke auf. Ist aber noch nie vorgekommen.«

    Siegfried lacht kein bisschen über meinen Scherz. Schnell eilen seine Finger weiter.
    Nun gähnen mich ein paar gelangweilte Löwen an, dann sehe ich in loser Reihenfolge ein spanisches Bauwerk - Granada oder so -, ein paar Dünen mit Kamel im Hintergrund und eine winzige Südseeinsel mit einer einzigen Palme. Nichts, was ich tagaus, tagein betrachten wollte.
    Stattdessen betrachte ich Siegfrieds schlanke Hände. Das ist fast schon ein Reflex. Ich kann es einfach nicht lassen, auf die Finger eines Mannes zu schauen, das geht ganz automatisch. Wahrscheinlich tun das alle alleinstehenden Frauen. Ganz gegen meine innere Überzeugung übrigens! Ich habe null Interesse an einer festen Bindung. Bestimmt! Aus dem Augenwinkel nehme ich keinerlei Ring oder andere verdächtige Objekte daran wahr.
    Vielleicht ist dieser Siegfried doch ein einsamer Single und kein Computerspezialist? Ach, was soll’s. Hauptsache, er hilft mir.
    Inzwischen haben uns Sankt Andrä, Sankt Imberg, Kapuzinerkloster, Dreifaltigkeit, Sankt Peter, Dom, Blasius, Mülln und Sankt Franziskus mitgeteilt, dass es zwölf Uhr mittags ist.
    Das hat sich zwar zehn Minuten lang so angehört, als wäre der Krieg ausgebrochen, aber jetzt können wir uns wieder verständigen.
    »Könnten Sie mir nicht meine Kinder als Bildschirmschoner installieren?«, mache ich nun einen kühnen Vorstoß.
    Siegfried fährt erschrocken herum: »Wo sind denn Ihre Kinder?«
    »Noch im Bett.«
    »Nein, ich meine, wo haben Sie denn den Fotostick?«
    Verdammt. Das hatte ich befürchtet. Jetzt fängt der an, Fragen zu stellen. Unangenehme Fragen.

    »Sie meinen das winzige kleine schwarze Ding, das hinten in dem grauen Kasten steckte, der früher einmal unter meinem Schreibtisch stand?«
    Siegfried nickt und blickt suchend unter den Schreibtisch.
    »Nein, jetzt steht er nicht mehr da.« Oh Gott. »Schauen Sie
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