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Die Erfolgsmasche

Titel: Die Erfolgsmasche
Autoren: Hera Lind
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das natürlich wieder etwas ganz anderes. Werde eine aus den Männern schlau!
    »Tief liegen« ist ja auch sehr wichtig. Aber nur bei Autos. Oder »Sound«. Wenn ein Auto so richtig aufheult, sind Männer begeistert. Macht eine Frau das gleiche Geräusch, packen sie ihre Sachen und hauen ab.
    Meinen Alten hatte ich so gut im Griff. Den Computer, meine ich. Jochen überhaupt nicht. Aber darüber will ich mich jetzt nicht mehr ärgern. Mein ganzes Ärger-Potenzial ist schon verbraucht. Es ist für diesen ungehorsamen, frechen Computer draufgegangen.

2
    In meiner Verzweiflung beschließe ich, mir einen Mann kommen zu lassen.
    In meine Wohnung. Ehrlich, so was tue ich sonst nie. Ich meine, so tief bin ich noch nicht gesunken. Dass ich mir bei der Notrufhotline einen Mann bestelle.
    Dabei will ich nur meinen Text wiederfinden! Meinen schönen Text, den ich soeben mit viel Herzblut und Liebe geschrieben habe! Wo ist er bloß hin? Eine einzige falsche Bewegung mit dem kleinen Finger der linken Hand, und Äppel hat meinen originellen Erguss mit einem schadenfrohen Pfeifen weggefegt. Ich bin kurz vor dem Heulen. In die Ecke, Besen, Besen! Los, alter Hexenmeister! Komm sofort her und gebiete diesem Schalk Einhalt!
    Ich tippe ein: »Mann kommen lassen!«
    Äppel bietet mir fröhlich blinkend kurzerhand an, die »Partnersuche zu starten«. Nein, nein. Jetzt nicht! Hach! Hinweg! Ungefragt erscheint jedoch das Bild eines hübschen Kerls in Sportklamotten: Architekt, Ende dreißig, joggt gern, einfühlsam.
    Ich klicke ihn weg. Einfühlsame, joggende Männer sind sowieso schwul.
    Dann heißt es: »Wassermänner strotzen vor Ideen!« Aber ich will keinen ideenstrotzenden Wassermann. Ich will einen Mann, der mir meinen übermütigen Äppel zur Räson bringt.
So eine Art Supernanny für schlecht erzogene Computer. Doch der ist gerade erst in Fahrt geraten und bietet mir immer neue Männerbekanntschaften an.
    Ich fühle mich irgendwie beobachtet. Da sitzt doch einer drin, der mich heimlich filmt und sich über mich kaputtlacht!
    Panisch hacke ich erneut auf verschiedene Tasten ein. Äppel bietet mir zum Trost an, meine alten Klassenkameraden wiederzufinden. Nee, Alter, lass gut sein. Wenn ich nur an Rainer Wallaschek denke mit den verfilzten Haaren überm Parka. Lass den mal schön in seiner Höhle. Oder Tilman Zakowski. Obwohl der ganz süß war, eigentlich. Als ich schon erwäge, Tilman Zakowski zu kontaktieren, um ihn zu fragen, ob er etwas von Computern versteht, taucht irgendein weiblicher C-Promi auf, daneben die Botschaft: »Haarausfall muss nicht sein. Mit dem Haaraktivator stieg meine Haardichte um 83 Prozent in 16 Wochen.«
    Danke. Jetzt bin ich mir SICHER, dass da ein Auge drin ist. Bei »Haare« habe ich nämlich nicht »Hier!« geschrien. Ehrlich! Ich habe den Schalter mit der Aufschrift »Schöne lange dichte Haare« überhaupt nicht gesehen! Wahrscheinlich, weil ich bei »Chaotisches Leben« ziemlich lange angestanden habe.
    Ich werde sauer. Ich will meinen alten, mir vertrauten, heiß geliebten alten Computer mit der unmodernen Mattscheibe wiederhaben! Der hat mir gehorcht, aufs Wort! Der machte »Sitz« und »Platz«, sobald ich es wollte. Gut, er war ein wenig unmodern. Und die Tastatur war vorsintflutlich. Ja, zugegeben, er nahm viel Platz weg und war schon etwas angestaubt. Aber er gehorchte mir! Leider gehorchte er auch den Kindern, was ihn am Ende völlig ruinierte.
    Äppel. Bitte. Ich will meinen Text wiederhaben. Mein ungebärdiger
neuer Freund hat jedoch schon eine neue Idee, wie ich die Zeit totschlagen kann: »Flirten im Februar! Die besten Partner! Ihre Liebessterne!« Ja, später, Äppel. Ist ja nett gemeint. Bestimmt kannst du aus deinem winzigen versteckten Kamera-Auge sehen, wie verzweifelt ich bin. Ich raufe mir die Haare. Ob ich die Kinder um Hilfe bitten soll? Aber die schlafen noch.
    Es ist Sonntag, die vielen tausend Glocken der Salzburger Altstadt scheppern mir blechern um die Ohren und teilen mir auf mittelalterliche Weise mit, dass es gerade erst zehn ist. Um so eine Uhrzeit weckt eine liebende Mutter ihre Kinder nicht.
    Trotzdem - hat sich noch nicht herumgesprochen, dass wir im Zeitalter der Armbanduhren leben? Man kann auch völlig lautlos erfahren, wie spät es ist.
    Ich wanke in die Küche und schenke mir bereits die fünfte Tasse Kaffee ein. Dann schlurfe ich vorsichtig zurück, um bloß keine Flüssigkeit über meinen neuen Blinkenden zu schütten. Komm, alter Junge, lass uns Freunde sein.
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