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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde
Autoren: Barnard Christiaan
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Kopf im Nacken, den Zeigefinger an die Lippen gelegt, als lausche er auf etwas ganz Bestimmtes innerhalb einer Welt des Schweigens.
    Snyman machte Jagd auf ihn. War dies seine Waffe? Was hatte er gehört? Was wußte er? Was vermutete er?
    Die Sitzung fand gewöhnlich am späten Nachmittag statt. Reichlich Zeit. War es klug, ihr beizuwohnen? Er war fest entschlossen gewesen, hinter den Kulissen zu bleiben …

11
    Deon bog in die schmale Allee ein, die zu den schlanken griechischen Säulen bei den hohen Bäumen führte. Philip wartete schon in seinem Volkswagen neben dem Eingang zum Ehrenmal. Als er das Knirschen der Reifen auf dem Kies hörte, drehte er sich um und stieg lächelnd aus.
    Sie hatten vereinbart, sich hier zu treffen, da es nicht ratsam schien, zusammen gesehen zu werden. Sie begrüßten sich und gingen auf die Terrasse. Philip sah zu der in grüblerischer Pose verharrenden Statue auf, die am Ende einer langen Steintreppe saß. Er las nachdenklich die gemeißelte Inschrift: »Dem Geist und Lebenswerk von Cecil John Rhodes, der Südafrika liebte und ihm diente.«
    Deon sah auf die Stadt hinunter, wo die Krankenhausgebäude lagen. Aus der Entfernung wirkten sie wie die willkürlich durcheinander gewürfelten Klötze eines Baukastens. Er stellte mit Genugtuung fest, daß sie nicht mehr Gewicht oder Substanz besaßen als ein Kinderspielzeug. Aus dieser Perspektive gesehen – wie konnten diese Bausteine mächtig genug sein, einen Menschen zu zermalmen?
    »Wir haben zu reden«, sagte er.
    »Gewiß«, stimmte Philip bereitwillig zu und trat neben ihn.
    »Was wirst du jetzt tun?«
    Philip sah ihn kurz an. »Was schlägst du vor?«
    »An deiner Stelle würde ich den Kopf einziehen und abwarten, bis das Gewitter vorbei ist.«
    »Findest du?«
    »Bestimmt.« Deon wandte sich ab und trat mit unnötigem Kraftaufwand gegen einen losen Stein. Er fing ihn mit der Fußspitze auf und schoß ihn ins Leere, bis er in hohem Bogen auf dem unteren Wiesenabhang landete. »Ich werde natürlich alles tun, um dir zu helfen.«
    Philip nickte bedächtig, sagte aber nichts.
    »Es war sehr gescheit, mich da nicht hineinzuziehen«, fuhr Deon fort. »Der alte Snyman hat es auf mich abgesehen. Wenn mein Name erst in dem Zusammenhang erwähnt wird, bin ich machtlos.«
    Ich rede zuviel, dachte er. Was denkt er? Daß ich ihn verrate, wie die anderen alle?
    Philip sah ihn nicht an. »Du darfst dich natürlich meinetwegen nicht in Schwierigkeiten bringen.« Seine Stimme klang lauernd.
    »Das ist es nicht«, wehrte Deon heftig ab. »Es ist eben nur, daß ich dir viel mehr nützen kann, wenn ich als unbeteiligter Außenseiter erscheine.«
    »Natürlich.« Es folgte ein förmliches Schweigen.
    »Du scheinst mir nicht zu glauben«, sagte Deon.
    »Das tut nichts zur Sache. Du hast jedes Recht, dich da herauszuhalten. Ich bin ganz allein dafür verantwortlich.«
    »Du scheinst mich nicht verstehen zu wollen.«
    »Vielleicht verstehe ich dich nur zu gut?«
    Langsam und drohend begann Deon: »Siehst du denn nicht, verdammt noch mal …«, aber er unterbrach sich abrupt. Jetzt streiten wir uns schon. Dabei sind wir Brüder, und mehr noch: zum ersten Mal müssen wir es sein. »Entschuldige«, sagte er und kickte wieder nach einem Stein, der an der Terrassenwand abprallte. »Ich sitze auf einem Pulverfass. Ich habe eine Unmenge Probleme. Und es ist nicht immer leicht, die richtige Lösung zu finden. Hast du eine Ahnung, wer das angezettelt hat? Ich meine, wer der Presse diesen Bericht zugespielt hat?«
    Auch Philip war sichtlich erleichtert, daß die Atmosphäre zwischen ihnen sich entspannt hatte. »Es muß Williams gewesen sein.«
    »Wer ist Williams?«
    »Mein ehemaliger Laborant«, sagte Philip mit einem Anflug von Ingrimm. »Er leugnet es ab, aber er allein kann es gewesen sein.«
    »Was sollte ihm daran liegen?«
    »Wir sind nie besonders gut miteinander ausgekommen. Und zum Schluß gab es dann noch einen schlimmen Krach. Es begann …« Philip zögerte, dann überlegte er es sich wieder anders. »Jedenfalls war es eine unerfreuliche Szene. Mir wurde klar, daß wir nicht zusammenarbeiten konnten, also versetzte Professor Gleave ihn in eine andere Abteilung.«
    »Dann bist du jetzt allein?«
    »Ja. Das heißt, es ist nicht mehr wichtig, denn ich bekam die Aufforderung, die Arbeit einzustellen.«
    »Was? Von wem?«
    »Der Dekan ließ Gleave und mich heute Morgen in sein Büro rufen und teilte uns mit, daß der Rat ihn angewiesen hätte, dafür
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