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Die Erben des Terrors (German Edition)

Die Erben des Terrors (German Edition)

Titel: Die Erben des Terrors (German Edition)
Autoren: Johannes C. Kerner
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kein Fett ist vielleicht genau das, was der Körper braucht, um Chandimas Figur zu haben, oder zu behalten.
    Lowell hätte Chandima allein schon wegen ihres Aussehens eingestellt, erinnerte er sich wieder an das erste Interview vor drei Jahren. Wenn er eine junge Frau für den Empfang gebraucht hätte. Die aber hatte er schon – oder immer wieder. Attraktive junge Frauen gehen gerne ins Zentrum der Macht, hier nach Washington, DC. Die meisten stellen aber bald fest, dass das Pflaster hier sehr rau ist, man mit Nettigkeit und gutem Aussehen allein nicht weiterkommt.
    Brandy, eine Südstaatenschönheit mit einem Bachelor in Kunstgeschichte ( oder etwas vergleichbar Unnützem), die fast ein Jahr bei MLC International geblieben war, hatte die Firma zwei Wochen zuvor in Richtung LA verlassen, um Model zu werden. Oder Filmstar. Lowell hatte ihr zwar deutlich gemacht, dass LA und das Modelbusiness sicher kein angenehmeres Pflaster wäre, als das politische DC, aber das brachte gar nichts. Sie ging trotzdem.
    Ihre Nachfolgerin, Rose, Tochter eines Marinesoldaten, hatte gegenüber Bra ndy einen großen Vorteil: Sie war pünktlich wie ein Uhrwerk. Sie hatte den Nachteil, dass sie mit jedem Mitarbeiter von MLCI flirtete, weitgehend unabhängig von Position und Geschlecht.
    Wäre MLCI eine normale Anwaltskanzlei, wäre das untragbar. Die damit verbundenen Risiken, vor allem das Kostenrisiko, dass ein Mitarbeiter wegen sexueller Belästigung den Arbeitgeber verklagt, wären viel zu hoch. MLCI ist aber keine normale Anwaltskanzlei, das sind die meisten Sozietäten in Washington nicht. MLCI ist eine Strategieberatung – Schrägstrich – PR-Agentur – Schrägstrich – Kanzlei. Auf der Internetseite von Lowell und seinen Kollegen steht, dass sie Krisenmanagement anbieten.
    Deswegen gibt es bei MLC International selbst keine Krisen.
    Und mit Neuzugängen wie Chandima Rajapatirana auch bei den Klienten nicht, dachte Lowell, während er an seinem eigenen Café Americano, verdünnten Espresso in der Größe Venti , etwas mehr als ein halber Liter, nippte. Chandima war die Tochter einer Harvardprofessorin und eines Rechtsanwalts bei der ACLU, der amerikanischen Bürgerrechtsorganisation, über den der Privatdetektiv, der jeden neuen Mitarbeiter und seinen Hintergrund gründlich prüfte, nicht viel herausfinden konnte.
    Chandima hatte an der Universität ihrer Mutter Rechtswissenschaften studiert und mit einem J.D. abgeschlossen, wie fast alle Mitarbeiter von MLCI. Mit dreiundzwanzig Jahren hatte sie ein Jahr in Deutschland studiert. Mit einigen Kontakten, vor allem mit einem LL.M., einem Abschluss in internationalem Recht, war sie wieder in die USA zurückgekommen. In weiteren zwölf Monaten machte sie an der University of California in Stanford einen MBA, einen der renommiertesten Wirtschaftsabschlüsse an einer der besten Universitäten der Welt.
    Als sie sich zwei Wochen nach ihrem fünfundzwanzigsten Geburtstag bei Miller, Lowell & Creyghton International vorstellte, hatte sie neben dieser unglaublichen Fülle akademischer Qualifikationen dazu ein Gesicht, was die meisten Bollywood-Schönheiten in den Schatten stellte und eine perfekte schlanke Figur, die zumindest in einem roten Abendkleid dazu führt, dass ein ganzer Raum voller Männer – oder auch Frauen – schweigt und starrt. Zumindest für eine Sekunde, bis es jemandem auffällt, dass das unangebracht ist.
    So war es bei der Weihnachtsfeier 2010 von MLCI. Irgendwann, beschloss Lowell, würde er sie auf eines der Dinner im Weißen Haus mitnehmen – nur um zu sehen, ob sie dort den gleichen Effekt hatte. Jetzt aber war nicht der Zeitpunkt für solche Spielchen, jetzt musste gearbeitet werden. Und das sah man auch Chandima an, deren lange schwarze Haare, zu einem strengen Dutt gebunden, deutlich vermittelten, dass gerade only work and no play – Zeit ist. Wie auch immer man nach zwölf Stunden Arbeit immer noch eine perfekte Frisur haben kann, sinnierte Lowell, während er sich durch seine grau melierten Haare strich und aufstand.
    „Okay“, sagte er, „Zeit für eine Zusammenfassung“.
    Die beiden Jüngeren im Raum blickten kurz auf die untere rechte Ecke ihres Bildschirms, Alan Creyghton auf seine IWC-Uhr.
    „22 Uhr, wir haben noch zwölf Stunden bis zum J CS – Meeting. Wir wissen, was wir präsentieren wollen, jetzt geht es nur noch um die Storyline, damit die das auch verstehen. Chandima, du bastelst schon daran, lass mal hören“.
    Chandima setzte sich ein
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