Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung
Autoren: Vince Flynn
Vom Netzwerk:
sich die ungeheuerlichsten Verfehlungen hatten zuschulden kommen lassen, fanden dennoch keinen ruhigen Schlaf. Sie konnten sich einfach nicht vorstellen, dass man so wertvolle Informationen besitzen konnte, ohne davon Gebrauch zu machen.
    Es war schmerzlich für Irene Kennedy, zusehen zu müssen, wie ihr Mentor nach und nach seiner Krankheit erlag – doch sie musste sich auf ihre aktuellen Aufgaben konzentrieren. Das Orion-Team hatte grünes Licht vom Präsidenten der Vereinigten Staaten bekommen, eine ganz bestimmte Person zu töten – und zwar nicht irgendjemanden, sondern einen Mann von einigem Einfluss und Ansehen. Dr. Kennedy betrachtete die Schwarz-Weiß-Fotografie, die an die Akte auf ihrem Schreibtisch geheftet war. Der Mann war Graf Heinrich Hagenmüller, ein deutscher Industrieller und nahe verwandt mit der Familie Krupp. Die Tatsache, dass Präsident Hayes bereit war, die Ermordung einer Privatperson zu genehmigen, die noch dazu ein Bürger eines der engsten Verbündeten der USA war, sprach Bände über die neue Entschlossenheit, den Terrorismus auf allen Ebenen zu bekämpfen.
    Hagenmüller und seine Firmen waren Anfang der neunziger Jahre erstmals im Visier der CIA aufgetaucht. Damals arbeitete Dr. Kennedy an einem Projekt, das als Rabta-II-Operation bekannt war. Rabta II war eine weltweite Initiative der CIA mit dem Ziel, Muammar al-Gaddhafi am Bau von Anlagen zu hindern, in denen biologische, chemische und nukleare Waffen hergestellt werden konnten. Die Operation war nach einer derartigen Anlage benannt, die Gaddhafi Ende der achtziger Jahre errichten ließ. Die Anlage befand sich in der Stadt Rabta im Norden von Libyen. Im Jahr 1990, kurz bevor die Anlage in Betrieb gehen sollte, drohte Präsident Bush mit Luftangriffen und nannte öffentlich jene europäischen Firmen, die beim Bau der libyschen Waffenfabrik mitgeholfen hatten. Eine davon war die Maschinenbaufirma Hagenmüller.
    Gaddhafi wollte seine Anlage nicht von Bomben zerstören lassen und zog es vor, sie zu schließen und woanders neu aufzubauen. Anfang 1992 entdeckte die CIA den Ort, an dem die neue Anlage errichtet wurde. Der libysche Diktator versuchte die Waffenfabrik tief in einen Berg hineinzubauen. Wenn die Anlage fertig war, würde sie nur noch durch einen Nuklearschlag zu vernichten sein.
    Um den Bau der Anlage zu verhindern, startete die CIA ihr Rabta-II-Projekt. Zunächst wurde alles ausfindig gemacht, was an Ausrüstung, Technologie und Personal für den Bau benötigt wurde. Mithilfe ihrer Verbündeten belegten die USA die betreffenden Produkte mit einem Ausfuhrverbot. Aber wie das im internationalen Handel nun einmal so ist, fanden Gaddhafi und seine Leute Mittel und Wege, das Embargo zu umgehen. Seit Beginn der Operation geriet Hagenmüllers Unternehmen samt seinen Tochtergesellschaften immer wieder in den Blickpunkt der Behörden. Sie behaupteten stets, dass sie keine Ahnung hätten, wem sie ihre Produkte letztendlich verkauften, und kamen jedes Mal davon, ohne auch nur eine symbolische Strafe von den deutschen Behörden aufgebrummt zu bekommen. Heinrich Hagenmüller hatte einflussreiche Verbindungen. Nachdem Gaddhafi von der internationalen Bühne verschwand und mit zunehmendem Alter gemäßigter zu werden schien, verzichteten die USA darauf, die Deutschen in Sachen Hagenmüller zum Handeln zu drängen.
    Irene Kennedy blätterte die Akte durch, sah sich verschiedene Fotos an und übersetzte im Geist ein Gespräch, das Hagenmüller mit seinen neuen Geschäftspartnern geführt hatte. Es waren diese neuen Beziehungen, die der CIA so große Sorgen bereiteten. Hagenmüllers Unternehmen stellte unter anderem spezielle Drehbänke und verschiedene andere Hightech-Geräte her, wie sie für den Bau einer Atombombe benötigt wurden.
    Auf der nächsten Seite befanden sich Fotos von den verschiedenen Wohnsitzen des Grafen. Da war ein Sandsteinhaus in einem der ältesten Viertel von Hamburg, das Familiengut, das eine Autostunde südlich von Hamburg lag, und ein Haus in der Abgeschiedenheit der Schweizer Berge. Hagenmüllers Familie war zwar von nobelster Herkunft, hatte aber horrende Schulden. Vor fünf Monaten hatte sich Dr. Kennedy mit einem Kollegen vom Bundesamt für Verfassungsschutz, dem deutschen Inland-Geheimdienst, in Verbindung gesetzt, und er hatte ihr mitgeteilt, dass die Vereinigten Staaten nicht das einzige Land waren, das Informationen über den Grafen sammelte. Es waren erst kürzlich Anfragen von den Israelis und den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher