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Die Eiskrieger

Die Eiskrieger

Titel: Die Eiskrieger
Autoren: Hubert Haensel
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Wir hatten nichts zu fürchten. Und wenn – die Magie der ihn begleitenden sechs Priester aus dem zwölfköpfigen Rat würde stärker sein als unser aller Waffen zusammen. Ob es mit dem Stein zusammenhing, der von einem schwarzen, silberbestickten Tuch verhüllt wurde? Der Wagen, auf dem er lag, ächzte und knarrte, und seine Räder sanken tief in den Boden ein.
    »Da ist es wieder!« Tramin lauschte angestrengt in den Nebel vor uns.
    Ich zügelte meinen Rappen. Jetzt hörte ich es auch.
    Es klang wie fernes Hufgetrappel. Der Wind trug mir das Geräusch zu, und er nahm es wieder mit sich fort, bevor ich wusste, von wo es erklungen war. Ob auch die anderen es vernommen hatten? Ich sah mich um.
    »Reiter!« murmelte Tramin neben mir. »Sie kommen näher.«
    Der Wind gewann an Heftigkeit, peitschte winzige Kristalle vor sich her und ließ mich frösteln. Nun war es ganz deutlich. Es mussten Dutzende Reiter sein, die in schnellem Galopp durch den Dunst sprengten.
    Eine seltsame Unruhe bemächtigte sich der Krieger. Ich ertappte mich dabei, dass ich ebenfalls zum Schwert griff. Die schwere Klinge vermittelte zwar ein Gefühl der Sicherheit, vermochte aber das Unbehagen nicht zu verdrängen, das mir seit unserem Aufbruch von stong-nil-lumen im Nacken saß.
    Etwas Unheimliches begleitete uns. Nicht nur ich fühlte so – auch Tramin und viele andere. Sie hatten sich darüber unterhalten, wenn sie die Priester nicht in ihrer Nähe wussten. Viel lieber hätten sie in Tainnia, in Ugalien oder Dandamar das Schwert geschwungen, als tatenlos einem unbekannten Ziel entgegenzureiten, umgeben von Magie, die einen schaudern machte und jeden Gedanken lähmte. Unser Leben war der Kampf. Nichts gab es, was einer gut geführten Klinge widerstehen konnte – außer den unfassbaren Mächten der Dämonen. Nur wenige von uns weilten gerne in der Nähe Drudins.
    Eine wilde Jagd donnerte heran. Jeden Moment mussten die Nebel aufreißen…
    »Ho!« Die Mammuts kamen zum Stehen. Ihre Schreie klangen schaurig wie der Schall von Kriegshörnern.
    Die Reiter waren nun unmittelbar vor uns. Ich hörte den Hufschlag ihrer Pferde, glaubte deren Schnauben zu vernehmen und das Klirren von Waffen – aber ich sah nichts.
    Mein Rappe scheute. Nur mit Mühe konnte ich ihn zügeln. Spürte er die Gefahr, die auf uns zukam? Eine eisige Faust schien nach meiner Kehle zu greifen. Ich würgte, riss mein Schwert hoch und stieß es blindlings nach vorn. Einer der unsichtbaren Angreifer musste unmittelbar neben mir sein. Ich wirbelte herum. Aber meine Klinge schnitt nur singend durch die Luft, ohne auf einen Widerstand zu treffen.
    Dann war der Spuk so schnell vorüber, wie er gekommen war.
    Als ich mich umwandte, sah ich Drudin und seine sechs Priester vor dem Wagen mit dem Schwarzstein stehen. Sie hatten ihre Gesichter mit Masken verhüllt und trugen Helme aus Tierknochen. Ein düsteres Wallen umspielte sie. Für die Dauer einiger Herzschläge schien es mir, als wollten sie vergehen, sich auflösen, aber schließlich nahmen ihre Körper wieder feste Formen an. Ein bedrückendes Schweigen breitete sich aus. Keiner von uns wagte es, die Priester mit Fragen zu belästigen.
    Endlich klang Drudins Stimme auf: »Die Reiter, die den Spiegeltod starben, werden wiederkommen. Kämpft und besiegt sie – haltet sie fern von dem, was unter diesem Tuch verborgen liegt.«
    Ich verstand den Sinn seiner Worte nicht. Wie sollte man einen Geist mit dem Schwert durchbohren, wie ihn mit einem Pfeil treffen?
    »Zeigt, dass ihr einer großen Aufgabe gewachsen seid«, fuhr der Priester fort. »Es sind Krieger der Lichtwelt, die uns nach dem Leben trachten. Wir werden sie für euch sichtbar machen.«
    Jubel brandete auf. Nach langen Tagen zermürbender Eintönigkeit gab es endlich etwas, für das es sich lohnte, ein Pferd zu besteigen.
    Drudin reckte die Arme zum Himmel empor, als wolle er nach der Sonne greifen und sie zu sich herabziehen. Im selben Moment schien ein greller Blitz das Firmament zu spalten, während erneut schnell näher kommender Hufschlag erklang. Instinktiv ahnte ich, dass der Priester zu spät gehandelt hatte.
    Die Geisterreiter waren zwischen uns, bevor wir Zeit fanden, zu begreifen.
    Unverhofft wurde ich zum Mittelpunkt eines rasch um sich greifenden Chaos. Pferde gingen durch und schlugen aus, Recken stürzten, kamen torkelnd wieder auf die Beine und fochten gegen einen Feind, von dem sie weder wussten, wie er aussah noch wo er sich befand. Ich selbst konnte mich
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