Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Eisbärin (German Edition)

Die Eisbärin (German Edition)

Titel: Die Eisbärin (German Edition)
Autoren: Matthias Gereon
Vom Netzwerk:
»Ich habe übrigens gestern unseren Keller ausgemistet.«
    Linda verzog das Gesicht. »Aber das wollte ich doch machen.«
    Lukas gähnte. »Ja, das versprichst du mir seit dem letzten Frühjahr.«
    »Dann kann ich ja wenigsten den Sperrmüll wegbringen«, bot Linda an.
    Lukas grinste schief. »Versprich nichts, was du nicht halten kannst.«
    Linda ignorierte die Spitze. »Hilfst du mir beim Einladen?«
    »Ich zieh mir nur schnell was über.«
    **
    Wenig später hatten sie das Gerümpel im Kofferraum von Lindas Wagen verstaut. Lukas fischte einen kleinen gelben Zettel aus seiner Jackentasche hervor. »Du könntest mir einen Gefallen tun. Würdest du meine Hemden aus der Reinigung mitbringen? Die will ich auf die Reise mitnehmen.«
    Linda schnappte den Reinigungszettel und stopfte ihn in die Tasche ihrer Jeans. »Für dich tu ich doch alles.«
    »Bring den Müll am besten gleich weg, bevor du ins Präsidium fährst, sonst kutschierst du nächstes Jahr noch damit herum.«
    »Kennst mich doch.«
    »Eben drum.«
    Linda streckte ihm die Zunge raus.
    »Wollen wir zusammen Mittag essen?« Er öffnete ihr die Autotür. »Um eins im Franziskaner?«
    »Bayerisch zum Abschied? Okay. Treffen wir uns dort.« Linda stieg ins Auto. Lukas warf die Autotür zu und ging zum Haus zurück.
    Sie kam nicht weit, weil ein Müllwagen die Straße versperrte. Während sie wartete, sah sie in den Rückspiegel und entdeckte Lukas, der vor dem Haus stand und angeregt mit einer jungen Frau plauderte. Offensichtlich amüsierten sich die beiden prächtig. Linda konnte ihn lachen sehen. Doch wer war diese Frau? War das nicht die die Zicke von gegenüber, die nie grüßte, sondern immer nur wegsah, wenn sie vorbeikam?
    Eigentlich interessierte sie diese Blondine überhaupt nicht, aber woher kannte Lukas diese Kuh? Sie ignorierte das Hupkonzert, das inzwischen eingesetzt hatte. Stattdessen starrte sie gebannt in den Rückspiegel, bis jemand an die Scheibe klopfte. Erschrocken sah Linda hinaus und entdeckte einen Mann, der neben ihrem Auto stand und sie wütend ansah. »Fahr endli weida, bleade Kuh.«
    Der Müllwagen war längst verschwunden, die Straße frei. »Bin ja schon weg«, murmelte Linda und brauste los.
    ***
    Auf ihrem Schreibtisch im Kommissariat entdeckte sie den Bericht. Noch im Stehen überflog sie, was die beiden Streifenpolizisten Felix Egner und Stefan Hoffmann in ihrem Protokoll festgehalten hatten. Ein Anrufer namens Tim Jonas hatte nachts gegen 01:50 Uhr Hilfeschreie aus dem Englischen Garten gemeldet. Die Suche war ergebnislos verlaufen, lediglich ein verschmutztes Seidenhemdchen hatten die Polizisten gefunden. Ein Zusammenhang zwischen der Fundsache und dem Schrei bestünde vermutlich nicht, hatten die Beamten dazugeschrieben. Das waren bestimmt nur ein paar betrunkene Kids, Junkies oder Obdachlose gewesen, vermutete Linda und legte den Bericht beiseite.
    Sie verließ ihr Büro und ging nach nebenan. Sie klopfte einmal, öffnete die Tür und streckte den Kopf hinein. Michael Lewandowski, ihr Chef, stand am Fenster in einer Wolke aus Zigarettenqualm. Er drehte sich um, als er sie eintreten hörte.
    So wie er heute wieder aussieht, könnte er mein Großvater sein , dachte Linda. Dabei war er nur vierzehn Jahre älter als sie.
    »Du?«, fragte er erstaunt. »Ich dachte, du hast Urlaub.«
    »Nächste Woche.« Linda schob sich an ihm vorbei und riss das Fenster auf.
    »Bist deppert? Es is’ koid«, schimpfte Lewandowski. Er verfiel nur in Bayerische, wenn er sich aufregte oder getrunken hatte. Ansonsten sprach er Hochdeutsch mit einer leichten Münchner Färbung. Genau wie Linda.
    »Frische Luft hat noch niemandem geschadet.« Linda warf den Kopf zurück und ihre Locken suchten nach einer neuen Ordnung. Sie bemerkte Lewandowskis Blick. Ja, sie hatte es wieder mal nicht geschafft, ihre Haare zu bändigen. Sie vermied diesen Kampf, da sie sonst morgens im Bad einfach zu lange brauchte. Ihre Mähne bekam sie einfach nicht in den Griff. Davon trennen wollte sie sich aber auch nicht, schon weil Lukas sie mit aller Macht davon abgehalten hätte. Die rote Mähne verdankte sie ihrer Großmutter mütterlicherseits, wie auch die olivfarbene Hautfarbe. Mit ihren roten Locken, der gesunden Gesichtsfarbe und den Sommersprossen, die frech auf ihrer Nase leuchteten, wirkte sie wie ein frischer irischer Frühlingsmorgen, selbst an so einem tristen Wintermorgen wie heute.
    Ganz anders bei Lewandowski. Die Mengen von Nikotin und Teer, die er in den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher