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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten
Autoren: S Booth
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alles seine Schuld. Mein lieber kleiner Bruder war schuld.«
     
    Ben Cooper beobachtete ihm Rückspiegel den Bus, der vor dem Pepper Pot Inn in der Ortschaft namens Midhopestones hielt. Nur drei Personen stiegen aus. Zwei warfen einen Blick auf den bedrohlich dunklen Himmel und verschwanden im Pub. Die dritte Person wartete, bis der Bus weitergefahren war, ehe sie langsam die Straße entlangging.
    Cooper hatte es nicht für nötig erachtet, Angie Fry zu sagen, was für einen Wagen er fuhr. Wahrscheinlich wusste sie das längst und kannte auch seine Autonummer. Vielleicht auch sein Geburtsdatum, den Mädchennamen seiner Mutter und seine Sozialversicherungsnummer.
    Auch als Angie in seinen Toyota stieg, schaute er weiter in den Rückspiegel, in der Erwartung, einen Wagen auf die Straße einbiegen oder rückwärts aus dem Parkplatz der Kneipe herausfahren zu sehen. Aber nichts dergleichen geschah. Er ließ den Motor an.
    »Wo fahren wir hin?«, wollte Angie wissen.
    »Irgendwohin, wo es ruhig ist.«
    »Möchten Sie nicht mit mir gesehen werden, Ben?«
    Cooper antwortete nicht, sondern fuhr den Weg, den er gekommen war, zurück in Richtung der Kreuzung bei Flouch. Dabei kamen sie durch Langsett, und bald veränderte sich die Landschaft. Cooper war zuversichtlich, dass Angie sich in dieser Gegend nicht auskannte und folglich auch nicht wissen würde, wohin sie fuhren.
    »Angie, ich gehe davon aus, dass Sie wissen, was Diane vor ihrer Versetzung nach Derbyshire passiert ist?«, sagte er.
    »Ja.«
    »Für jemanden, der so lange keinen Kontakt mit seiner Schwester hatte, sind Sie bemerkenswert gut informiert.«

    Angie zögerte. »Es gibt immer Mittel und Wege, so etwas herauszufinden.«
    »Davon bin ich überzeugt.Vor allem mit Hilfe Ihres Freundes, der den dunkelblauen BMW mit gesperrtem Kennzeichen fährt.«
    »Gesperrtes Kennzeichen?«, wiederholte sie verständnislos.
    »Für wen arbeitet er? Für ein Sondereinsatzkommando? Für die innere Sicherheit? Mit wem arbeiten Sie zusammen, der nicht will, dass eine lange verschollene Schwester ihm ins Handwerk pfuscht?«
    »Ben, Sie verstehen die Situation nicht ganz.«
    »Nein, ganz und gar nicht«, erwiderte Cooper.
    Und zum ersten Mal verspürte er so etwas wie Zorn über die Art und Weise, wie man ihn behandelt hatte. Er hatte von Anfang an gewusst, dass er belogen wurde. Es war vollkommen unmöglich, dass Angie Fry ohne Hilfe eines Insiders an ihre Informationen gekommen war, ohne jemanden mit den richtigen Kontakten und Möglichkeiten, die entsprechenden Fragen zu stellen. Angelogen zu werden war schon schlimm genug. Aber es war die unterschwellige Verachtung, die ihn wirklich wütend machte, die Annahme, dass er nur ein vertrottelter Dorfpolizist war, der alles mitmachen würde, worum man ihn bat.
    Cooper hatte keine Ahnung, in welch größerem Zusammenhang er als Bauernopfer auserkoren war. Wahrscheinlich eine verdeckte Ermittlung gegen wichtige Drogendealer oder gegen eine groß angelegte Aktion des organisierten Verbrechens. Für sich selbst war ihm das egal, aber Diane sollte ebenfalls als ahnungsloses Opfer herhalten müssen.
    Und am schlimmsten von allem war die Tatsache, mit welcher Ignoranz der Plan zusammengeschustert worden war. Cooper war gleichzeitig entsetzt und wütend angesichts der zynischen Vorstellung, er könnte sich freiwillig dazu hergeben, die Hoffnung eines anderen zu zerstören, eines Menschen, der in ihm offensichtlich einen Freund sah.

    »Angie, Sie sollten Ihrem Freund ausrichten, dass er Ihnen hätte beibringen sollen, besser zu lügen«, sagte er und drückte das Gaspedal stärker durch, als er auf die A628 bog.
    Angie wurde gegen die Kopfstütze gepresst. »Ich bin sicher, es gibt einen Ausweg aus dieser Situation«, meinte sie.
    »Ja, den gibt es.«
    Müde ließ sie den Kopf nach rechts rollen und betrachtete ihn von der Seite.
    »Was schlagen Sie vor?«
    »Es gibt immer einen Ausweg aus solchen Situationen«, sagte Cooper. »Er erfordert ein wenig Mut, aber anders geht es nicht.«
    »Ich habe das Gefühl, dass ich davon nichts hören will.«
    Als im Norden die weißen Turbinen des Windenergieparks und der Luftschacht der Eisenbahntunnel am gegenüberliegenden Hang in Sicht kamen, fühlte Cooper mehr und mehr, dass er die Situation unter Kontrolle hatte. Das erste Mal, seit er einen Fuß nach Withens gesetzt hatte.
    »Es geht darum, die Wahrheit zu sagen«, fuhr er fort.
    Angie seufzte. »Genau das habe ich befürchtet.«

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    D ie
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