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Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts: Roman (German Edition)

Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts: Roman (German Edition)

Titel: Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts: Roman (German Edition)
Autoren: Susann Pásztor
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zurück. »Als du das letzte Mal so drauf warst, standen wir in der Nähe von Legnica an einer Bushaltestelle. Die Leute da reden heute noch von dir. Das rothaarige Mädchen aus Deutschland, das Großmutters Schreckensherrschaft im Dorf beendete. Sie war für den Rest ihres Lebens so süß und sanft wie ein Kremówka.«
    Unsere Großmutter hätte dreihundert Jahre alt werden müssen, um sich in eine Cremeschnitte zu verwandeln. Ich muss so lachen, dass ich mich an meinem Kaffee verschlucke.
    »Wie hieß deine Kassette noch mal?«
    »Tolle Lieder«, sage ich.
    »Tolle Lieder«, wiederholt Marek. »Echt, ich hab dich so bewundert damals.«
    »Du hattest gar keine Wahl. Ich war stärker als du, ich konnte dich einfach mitschleifen.«
    »Das meinte ich nicht«, sagt Marek. »Weißt du Mila, ich hab immer noch nicht ganz verstanden, wonach du eigentlich suchst, aber ich wünsch dir von ganzem Herzen, dass du es findest.«
    »Danke«, sage ich.
    Wir sitzen eine Weile in friedlicher Eintracht zusammen. Dann zieht Marek sich zurück, um, wie er sagt, einen Geschäftstermin am späten Vormittag vorzubereiten, und ich lese noch ein paar Schlagzeilen in Helmuts Zeitung, räume das Frühstücksgeschirr weg und gehe nach oben zum Duschen. Wieder einmal hole ich meinen Koffer aus einer Zimmerecke und öffne den Deckel. Das rote Kleid leuchtet mir entgegen, so nutzlos wie eine frankierte Urlaubspostkarte, die man vergessen hat, im Ausland einzuwerfen. Ich halte das Kleid an mein Gesicht, aber ich kann keine Spur von Simons Geruch darin ausmachen.
    »Seit wann trägst du Kleider?«, fragt Marek, der an der offenen Tür lehnt, jetzt in Jeans und Jackett und mit einer CDin der Hand. »Oder riechst du nur an ihnen?«
    »Seit wann gibt es CDs in eurem Haushalt?«, frage ich zurück, im Gesicht so rot wie das Kleid.
    »Zeig mal«, sagt Marek und nimmt das Kleid und hält es mit ausgestreckten Armen vor sich hin, in der einen Hand immer noch die CD, die in einer transparenten Hülle steckt. Zu meiner Überraschung sagt er »Steht dir bestimmt gut«, als er es mir zurückgibt.
    »Ziehst du noch oft welche an?«, frage ich.
    »Nee. Nur noch zu besonderen Anlässen. Ich war nie eine gute Dragqueen. Ich mag Kleider, aber auf hohen Absätzen bin ich eine Lachnummer. Ich liebe Männerschuhe. Für rahmengenähte Budapester könnte ich sterben.« Er lässt sich auf das runde Bett fallen und sagt: »Mila, bevor du deinem Glück in die Arme rennst, würde ich gern noch kurz was mit dir besprechen.«
    »Oh Gott, die Immobilien.«
    »Was die betrifft, hast du die Wahl. Entweder vertraust du mir, dann müssen wir auch gar nicht weiter darüber reden, oder du vertraust mir nicht, dann werde ich dir einen langen Vortrag halten und dich mit Dokumenten zuschütten, die du alle lesen musst, weil ich dich hinterher testen werde.«
    »Ich vertraue dir.«
    »Wusste ich. Ich wollte dir auch was ganz anderes sagen, auch auf die Gefahr hin, dass du mir gleich ins Gesicht springst.«
    »Was ist das eigentlich für eine CD, an der du dich festhältst?«
    »Gleich. Ich habe einen Geschäftspartner, der eines seiner Privathäuser von einer Gruppe von Künstlern gestalten lassen will. Er lebt in der Schweiz. Es ist ein ziemlich großes Projekt. Und was er mir davon erzählt hat, klingt einfach toll. Ich habe ihm ein paar von deinen alten Sachen gezeigt.«
    »Oh nein, Marek«, sage ich. »Nicht die Wasserleichenbilder.«
    »Er würde sich gern mit dir unterhalten«, fährt Marek unbeirrt fort, »und ich finde, du solltest ihn unbedingt mal anrufen. Nein, noch besser, fahr einfach hin und sieh dir dieses Haus an, um das es geht. Du liebst doch Umwege so. Mila, das wäre eine Riesenchance. Und was immer du jetzt antwortest, erspar mir bitte die Nummer mit deiner angeblichen Mittelmäßigkeit.«
    »Ich hab keine Lust, für einen reichen, gelangweilten Sack, der sich mit seiner Kohle als Kunstmäzen aufspielt, große Flächen zu bemalen«, sage ich. »Besser?«
    »Viel besser. Ich geb dir seine Karte mit. Wenn du dich irgendwann wieder für Männer interessierst, die nicht Simon heißen, dann schau mal nach, was du im Internet über ihn findest. Das ist kein gelangweilter Sack, der Mäzen spielt. Versprich mir, dass du das auf jeden Fall machst, bevor du dich entscheidest, okay?«
    »Okay«, sage ich. »Herzensbruder Marek. Ich liebe dich. Ich sollte dir das öfter sagen. Ich dank dir tausendmal für alles. Ich muss jetzt los.«
    »Ich weiß«, sagt Marek. »Hier, die hab
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