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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Mann oder Frau, maskiert, wahrscheinlich die übliche Notgeilheit nebst entsprechenden plumpen Versuchen der sexuellen Kontaktaufnahme. Okay. Konnte sein. Doch dann war die Leitung abermals zusammengebrochen und Vika hatte sich seither nicht mehr gemeldet.
    »Wenn ich rauskrieg, dass der Kerl grad durch die Betten poppt, ist aber zappenduster.« Sollte witzig sein, doch nicht einmal Hermine selbst konnte darüber lachen. War nicht seine Art. Glaubte auch Irmi nicht. Beruhigte Hermine damit, der Herr könne auf eine frische Spur geraten sein. Sogar Marxer nickte dies als Möglichkeit ab, obwohl er Klein das Abschnüffeln frischer Spuren nicht zutraute. Während er selbst auf der schönsten aller Fährten wandelte, der literarischen also, aber psssst, war noch nicht spruchreif.
    Mohamad Ndaye und Mirjam hatten es sich nicht nehmen lassen, den Freunden ein senegalesisches Nationalgericht aus Rindfleisch und Gemüse zu bereiten. Exotisches Gewürz lag in der Luft. Das roch nicht nach lecker Schweinegulasch mit Rotkohl und Semmelknödeln, registrierte die Rentnerschaft enttäuscht und widmete sich dem sprachlos vor sich hin flimmernden Fernseher, die Bilder eine Mischung aus prallen Silikontitten, ballonseidener Unterschicht und lärmenden Komödianten, also Privatfernsehen (konnte man sich aber auch nicht mehr so sicher sein). »Schalt mal auf Nachrichten um«, wies Helga Monika an. Aha, Tagesübersicht. Die Kanzlerin sagte etwas, hinter ihr das Kabinett, bleich, ganz rechts – Kriesling-Schönefärb, noch bleicher. »Den kennen wir doch!«, riefen Jonas und Laura einmündig. Der war im Fernsehen! Kannten sie! Echt ey, geil! Wow!
    Borsig schäkerte mit seinem isländischen Menhir, dieser Pracht von einem Weibsbild, diesem erotischen Schraubstock, diesem Geysir sprudelnder Glückseligkeit, diesem Thingvellir der Lüste. Hatte er googeln müssen, dieses Thingvellir. Alter isländischer Parlamentsplatz, düster-bizarre Felsformationen. Wen es da reinhaute, der bekam vor lauter Gänsehaut schon einen Orgasmus, und das passt, dachte Borsig und schickte Eisbällchen über die heiße schiefe Ebene seines Rückens.
    Das Essen schmeckte ausgezeichnet. Scharf wie ein japanisches Küchenmesser, sogar die Rentner konnten nicht widerstehen und orderten, natürlich durfte die Flasche Maggi auf dem Tisch nicht fehlen, man wollte es ja mit dem Multikulti nicht zu weit treiben. Ein Essen, wie geschaffen, den eigentlich biervollen Bauch für weitere Getränke der alkoholischen Art zu präparieren, Scheiß auf die Leber, raus damit, ein Organ weniger, an dem die Krebszellen wuchern können. So fatalistisch war man zu vorgerückter Stunde, nur Hermine noch immer beunruhigt, mehr als vorher.
    Worüber redete man? Über alles und nichts, nur nicht über Island und Jersey, Plüschosterhasen und sonstige Abenteuer. Was wird aus Mohamad und Mirjam? Kriesling-Schönefärb hatte versprochen zu »liefern« und, bitte, der Mann war nicht die FDP, dem konnte man das zutrauen. Der Fernseher flimmerte weiter. Ein Toter auf einer öffentlichen Toilette, hier, in unserer Stadt. »Mach mal Ton an!« Mit einem vergifteten Regenschirm, wie aus gewöhnlich gut un terrichteten Kreisen... Wie alt ist der, wie heißt er, wie sieht er aus? »Moritz!«, schrie Hermine und kippte nach hinten. Gottseidank in die zufälligen Arme Marxers. Der schnaufte ob des Gewichts der Leblosen und dachte sich: Klein, Klein, was hast du wieder angestellt.

295
    Dann war es vorbei. Als hätte jemand, es ist Sonntag Punkt 21.45 Uhr, den Fernseher ausgeschaltet, nachdem der Tatort-Kommissar im letzten entscheidenden Verhör den Mörder mit seiner Tat konfrontiert und zum Geständnis bewegt hatte. Ich war bei meiner Aussage geblieben und verließ das Gebäude als freier Mensch, atmete die bitterkalte Luft, zollte meiner Sucht Tribut und bewegte mich, ein wenig schwankend, wie ich befürchte, durch die Straßen, dem Treffpunkt meiner Getreuen zu. Nein, es war nicht 21.45 Uhr, es war bedeutend später, aber noch nicht zu spät.
    Natürlich hatten sie mir nicht geglaubt. Der mittelalterliche Beamte (Namen vergessen, ein Kriminalhauptkommissar, was mir schon immer wie Donaudampfschifffahrtskapitän geklungen hat) und die etwas abseits sitzende Dame im strengen Kostüm und mit dem jungfräulichen Dutt. Der erste quasselte, die zweite schwieg, war älter und wohl die ranghöhere Person, beobachtete mich genau, verzog keine Miene. Das ist meine Gegnerin, konstatierte ich instinktiv. Ich
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