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Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)
Autoren: Kristina Lloyd
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Sie sah Clarissa fest an, und ihr junges, zartes Gesicht sah mit einem Mal sehr ernst aus. «Ich habe ziemlich viel anstellen müssen, um bis hierherzukommen, Miss. Jetzt hör auf, dich wie ein verzogenes Kind zu benehmen, und tu, was ich dir sage.»
    Mit einem Wimmern gab sich Clarissa geschlagen und eilte hinter Kitty her, die durch eine offene Tür stürmte. Vereinzelte Gaslampen erhellten das Dämmerlicht, die matt und gelblich flackerten. Endlich hielt Kitty ein und klopfte an eine mit einem schweren Riegel gesicherte Tür.
    «Gabriel?», zischte sie. «Ich bin’s, Kitty.»
    «Kitty!», kam die leise Antwort zurück, mit einer Stimme, die voller Hoffnung und Erleichterung war, so vertraut und doch so schrecklich merkwürdig.
    Clarissas Herzschlag raste und ließ das Blut in ihren Ohren rauschen, als Kitty den Riegel zurückschob und mit den Schlüsseln klapperte. Die ersten sechs passten nicht ins Schloss – sechs lähmende Versuche, bei denen sich Clarissa sowohl wünschte, die Tür würde sich endlich öffnen, als auch, dass sie für immer verschlossen bliebe. In ihrem Kopf drehte sich alles, und ihre Erinnerungen purzelten durcheinander, die so lange vergangenen, sanften Zärtlichkeiten und die noch so lebendig vor ihren Augen stehenden Verderbtheiten, die alles andere in den Schatten zu stellen schienen. Und sie konnte sich nicht entscheiden, welche ihr lieber waren. Sie verschränkte die Arme über ihren nackten, rotgeschminkten Brüsten, wünschte sich, sie wäre nicht so lüstern gekleidet, wünschte sich, ihr Rock wäre nicht so besudelt mit Wein wie der einer Schlampe.
    Der siebte Schlüssel glitt ins Loch und ließ sich drehen. Die Tür ging auf, und Gabriel, mit Augen, so leuchtend wie Topas, trat heraus. Er sah wild und ungekämmt aus, seine Wangen von Bartstoppeln verdunkelt, sein braunes Haar in wirren Locken. Und trotzdem bot er einen herzzerreißend schönen Anblick. Seine Begeisterung schwand in dem Augenblick aus seinem Gesicht, als er Clarissa erkannte, und sein Lächeln erstarb.
    Verzweiflung machte sich in ihr breit, und sie senkte den Kopf in bitterer Scham.
    «Was macht sie hier?», wollte er wissen. «Sie sollte doch feiern, denke ich. Ihre Verlobungsfeier, oder täusche ich mich?»
    Kitty schnaubte heftig und wütend. «Ihr beide müsst ein paar Dinge klären», sagte sie ungeduldig. «Und ihr werdet Asham nicht verlassen, solange ihr das nicht getan habt. Seht, dass ihr den Flur entlangkommt. Solltet ihr auch nur leise protestieren, dann schreie ich hier den ganzen Laden zusammen, und dann wäret ihr beide wieder dort, wo ich euch hergeholt habe. Geht weiter. Bewegt euch.»
    Clarissa und Gabriel tauschten einvernehmliche Blicke. Kittys Befehl folgend, trabten sie mürrisch und beklommen den Korridor entlang. Sie sprachen kein Wort und berührten sich nur ein einziges Mal, als sich ihre Arme an einer Ecke versehentlich streiften. Beide taten so, als hätten sie es nicht bemerkt.
    Kitty lief hinter ihnen her, gab ihnen kurze Anweisungen, wie sie durch die Gänge fanden. Nach einer Weile kamen sie zu einem Flur, dessen Wände mit Majolikakacheln gefliest waren und an dessen Ende eine große Eichentür lag.
    «Wohin führst du uns, Kitty?», erkundigte sich Clarissa mit schüchterner Stimme.
    «An einen Ort, wo ihr eine Zeit lang sicher sein werdet», antwortete sie. «Wo ihr euch den Schmutz vom Körper spülen könnt und reden.»
    An der Tür hantierte sie mit den Schlüsseln, während Clarissa und Gabriel tatenlos und ergeben danebenstanden.
    «Marldon wollte eigentlich seine Gäste hierherbringen», sagte das Mädchen und hatte jetzt den richtigen Schlüssel gefunden. «Aber ich glaube nicht, dass er in seinem Zustand dazu kommen wird, so etwas noch vorzuschlagen.»
    Sie öffnete die Tür, und eine große Dampfwolke entwich in den Flur. Sie schob sie beide vorwärts.
    «Mit all den Klamotten an könnte es euch ein bisschen warm werden», sagte Kitty und verabschiedete sich mit einem Grinsen.
    Die Tür schloss sich hinter ihnen; es klickte im Schloss, und man hörte, wie Kittys Schritte im Flur hallten und langsam leiser wurden.
    Sie waren in einem Vorraum, der mit Marmor ausgekleidet war, eingehüllt von Dampf. Es war heiß. Clarissa spürte, wie ihr Gesicht feucht wurde und ihr ein Schweißtropfen kühl den Rücken hinabperlte. Sie öffnete ihren Mund, um zu sprechen, aber Gabriel wandte sich abrupt von ihr ab und ging auf einen bogenförmigen Durchgang zu, der mit grünen
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