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Die dunkle Göttin

Die dunkle Göttin

Titel: Die dunkle Göttin
Autoren: Wolfgang David; Thon Weber
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war wesentlich kleiner als das riesige Gebiet, für das ihr Vater verantwortlich war. Zweifellos fiel es einer so kleinen Stadt viel leichter, diese Umwandlung zu vollziehen, weil sie nur eine so übersichtliche Gerichtsbarkeit umfasste.
    Leeana war etwas erschreckt von der Gehässigkeit, die ihre Gedanken färbte. Der Wunsch, ihren Vater zu verteidigen, indem sie jeden verunglimpfte, der eine Aufgabe früher bewältigt hatte als er, überraschte sie. Sie schämte sich deswegen, doch als Garlahna sie der Stadtoberin Dalthys Hallafressa vorstellte, hatte Leeana dieses Gefühl bereits wieder abgeschüttelt.
    »Nein, meine Arbeit erledigt nicht die Domina«, hatte ihr Dalthys barsch erklärt, bevor die überraschte Leeana überhaupt ihre Frage hatte stellen können. Dalthys war eine korpulente Frau Ende dreißig oder vielleicht Anfang vierzig. In ihr braunes Haar mischten sich bereits graue Strähnen, und sie lächelte sie müde und ein wenig amüsiert an.
    »Domina Yalith hat die Ehre und das zweifelhafte Vergnügen, Kalatha regieren zu dürfen«, erklärte Dalthys. »Ich leite die Stadt nur. Man könnte sagen, sie ist Baron und ich bin ihr Seneschall.« Ihre braunen Augen funkelten belustigt, als sie Leeanas Miene bemerkte. »Anders gewendet: Sie fängt sich alle politischen Kopfschmerzen ein, während ich mich mit dem grauen Alltag beschäftige, die Politik Schritt für Schritt umzusetzen. Klingt das verständlich?«
    »Ja, ja, Madam, das tut es.«
    »Das ›Madam‹ kannst du dir sparen, Mädchen.« Dalthys runzelte leicht die Stirn. »So sprechen wir nicht miteinander, ebenso wenig wie wir uns verbeugen oder uns bei Hofknicksen die Knöchel brechen. Amtstitel, Namen oder militärische
Rangtitel der Stadtwache genügen für eine Kriegsbraut.« Sie knurrte diese Worte beinahe heraus.
    »Ja, Ma …« Leeana errötete, schaffte es aber gerade noch rechtzeitig, sich zu unterbrechen. Dalthys schnaubte.
    »Ich beiße dir schon nicht den Kopf ab, Leeana«, fuhr sie etwas freundlicher fort. »Die Tatsache, dass du …« – Leeana war klar, dass sie damit meinte: »Jemand mit deiner Herkunft«, obwohl Dalthys viel zu taktvoll war, dies so auszudrücken – »das Gefühl hast, wir unerwünschten Kriegsbräute verdienten, höflich angesprochen zu werden, verrät deine gute Erziehung. Ich halte es aber dennoch für besser, wenn du dir gleich von Anfang an hier in Kalatha die richtige Einstellung angewöhnst, meinst du nicht auch?«
    »Ja, Stadtoberin Dalthys.«
    »Gut! Ausgezeichnet! Ich merke sofort, wann ich es mit einer klugen Frau zu tun habe. Das sind nämlich alle die, die mir stets zustimmen!« Dalthys lachte leise und Leeana lächelte sie an.
    »Also gut.« Dalthys schlug einen gewaltigen Lederfolianten auf und blickte stirnrunzelnd hinein. »Wir müssen dir ein Zimmer suchen.«
    »Verzeiht, Stadtoberin Dalthys«, mischte sich Garlahna ein.
    »Ja?« Dalthys blickte auf und musterte Garlahna scharf.
    »Erlis möchte, dass Leeana für die erste Zeit ein Zimmer in meiner Nähe bekommt. Ich bin ihr als Mentorin zugewiesen, und da sie noch ihre Probezeit bestehen muss …«
    Sie zuckte die Achseln und Dalthys nickte. Zunächst langsam, dann entschlossener.
    »Das klingt vernünftig.« Sie blickte wieder in ihren Folianten und blätterte die Seiten langsam um. Schließlich betrachtete sie eine Tabelle mit Einträgen. »Da habe ich ein Zimmer! Es ist eigentlich ein Doppelzimmer. Aber im Augenblick ist niemand sonst dafür eingetragen. Es liegt auf demselben Flur wie dein Raum, Garlahna, drei Türen weiter. Ist das nah genug?«

    »Das passt wunderbar!«, stimmte Garlahna zu, und Dalthys sah Leeana an.
    »Die meisten Menschen in Kalatha leben in ihren eigenen Häusern oder mieten Wohnungen, wie in anderen Städten auch«, erklärte sie. »Aber jeder neuen Kriegsbraut wird auf Grund der Bestimmungen unserer Charta ein Jahr lang kostenloses Wohnen und Essen gewährt. Bei jemandem wie dir, Leeana, die sich in der Probezeit bei uns befindet, wird diese Periode auf anderthalb Jahre ausgedehnt. Wir versuchen auch, für unsere Bräute zu sorgen, wenn sie sich nicht selbst erhalten können, ohne eigenes Verschulden, selbstverständlich.« Sie zuckte mit den Schultern. »Jedenfalls besitzt die Stadt Schlafsäle, in denen die Bräute kostenlos wohnen können. Außerdem vermieten wir dort zu recht vernünftigen Preisen, wie ich finde, Räume an die Kriegsbräute, die diese erste kostenfreie Zeit überstanden haben. Garlahna wohnt bereits seit
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