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Die Dunkelgräfin: Das Geheimnis um die Tochter Marie Antoinettes (German Edition)

Die Dunkelgräfin: Das Geheimnis um die Tochter Marie Antoinettes (German Edition)

Titel: Die Dunkelgräfin: Das Geheimnis um die Tochter Marie Antoinettes (German Edition)
Autoren: Carolin Philipps
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geben oder, wie am 26. Oktober 1792, um den Kammerdiener Cléry zu verhaften. Sechs Gendarmen mit gezogenem Degen, Schreiber und Gerichtsdiener betraten das Zimmer, wo die Familie entsetzt auffuhr, weil man dachte, der König solle verhaftet werden. Aber sie nahmen nur Cléry mit, weil er angeblich einen Brief in den Temple geschmuggelt haben sollte. Doch abends schon kehrte er zur Freude aller zurück.
    Als die Königin, Marie Thérèse und Madame Elisabeth der Duchesse von Serent selbst bestickte Kissenbezüge schicken wollten, wurde dies verweigert, weil man glaubte, die Muster enthielten Hieroglyphen, die versteckte Nachrichten übermitteln sollten. Ein Kommissar ließ Makronen zerbrechen, um nach Zetteln mit Botschaften zu suchen, ein anderer befahl, Pfirsiche zu zerschneiden und die Kerne aufzuknacken. Nach jeder Mahlzeit gab Madame Elisabeth Cléry ein Messer mit goldener Klinge zum Reinigen. Beamte rissen ihm das einmal aus der Hand, um zu sehen, ob Papier in der Scheide versteckt war. 6 Frisch gewaschene Wäsche musste auseinandergefaltet werden, jedes Papier, das zum Einwickeln benutzt wurde, musste gegen das Feuer gehalten werden, um nach Schriftzeichen in unsichtbarer Tinte zu suchen.
    Und doch gelang es den Gefangenen, Nachrichten zu übermitteln und zu empfangen. Botschaften wurden zum Beispiel auf einer Serviette mit Nadelstichen eingepiekst. 7 Andere wurden in Garnknäueln versteckt. Die Nachrichtenkette verlief über den Küchenjungen Turgy, der als Einziger den Temple verlassen durfte und Nachrichten nach draußen bringen konnte. Nachts wurden Briefe an Bindfäden befestigt aus dem Fenster heruntergelassen.
    Da es immer schwieriger wurde, Nachrichten mündlich weiterzugeben, hatten Marie Antoinette und Madame Elisabeth im Herbst 1792 ein differenziertes System von Zeichen entwickelt, um über die Truppenbewegungen der Alliierten informiert zu werden. Turgy schreibt: »Für die Engländer: rechter Daumen aufs rechte Auge. Wenn sie an der Küste von Nantes landen, Daumen ans rechte Ohr; wenn es bei Calais ist, ans linke. Wenn die Österreicher in Belgien siegten, Zeigefinger der rechten Hand aufs rechte Auge. Wenn sie von Mainz her Lille einnehmen, stattdessen den Mittelfinger … Wenn die fremden Mächte sich zur Lage der königlichen Familie äußern, sind die entsprechenden Finger der rechten Hand an die Haare zu legen.« Dies sind nur einige Auszüge aus der Zeichensprache, die im Detail durch den geheimen Briefwechsel ergänzt wurde, den Turgy aus dem Temple hinaus- und hineinschmuggelte.
    Er nutzte seine Besorgungsgänge immer dazu, den ehemaligen Kammerdiener Hue zu treffen, der nicht zurück in den Temple gelassen wurde. Hue übernahm dann die weitere Vermittlung der Botschaften, die über die Duchesse de Serent, eine ehemalige Hofdame von Madame Elisabeth, weitervermittelt wurden. 8
    Neben der Angst vor der Unberechenbarkeit ihrer Bewacher war die erniedrigende Behandlung das größte Problem. Marie Thérèse konnte es immer noch nicht fassen, wie respektlos die Beamten mit ihrem Vater umgingen. 9 Bei jedem Spaziergang im Garten wurde der König aufs Gröbste beleidigt, ebenso wie ihre Mutter. Einer der Arbeiter im Garten drohte einmal, ihrer Mutter eines seiner Werkzeuge an den Kopf zu werfen.
    Den Turmschließer mit Namen Rocher fürchteten alle besonders. Marie Thérèse schreibt, er sei ein »furchtbarer Mensch«, der zu denen gehörte, die am 20. 7. 1792 die Tür zum Raum ihres Vaters in den Tuilerien eingetreten und gedroht hatten, ihn umzubringen. Er sang immer wieder fürchterliche Lieder und blies ihnen Tabakrauch ins Gesicht. »Es gibt keine Art von Qualen und keine Beleidigung, die er sich nicht ausdachte.« 10
    Auch Cléry schildert die Schikanen dieses Wärters: »Rocher … einer der Turmschließer, der furchterregend aussah … mit Schnurrbart, einer schwarzen Fellmütze, einem breiten Säbel und einem Bund mit großen Schlüsseln am Gürtel, stand gewöhnlich an der Tür, wenn der König hinauswollte; er schloß erst auf, wenn Seine Majestät dicht bei ihm war, wobei er scheinbar erst unter den vielen Schlüsseln suchen musste; dabei schüttelte er sie unter lautem Gerassel, ließ die königliche Familie mit voller Absicht warten und schob die Riegel krachend zurück. Dann lief er schnell hinunter und baute sich mit einer langen Pfeife im Mund neben der letzten Tür auf. Jedem Mitglied der königlichen Familie, das vorbeikam, besonders den Damen, blies er den Tabakrauch
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