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Die Dunkelgräfin: Das Geheimnis um die Tochter Marie Antoinettes (German Edition)

Die Dunkelgräfin: Das Geheimnis um die Tochter Marie Antoinettes (German Edition)

Titel: Die Dunkelgräfin: Das Geheimnis um die Tochter Marie Antoinettes (German Edition)
Autoren: Carolin Philipps
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Eines Abends kam einer, beleidigte das Königspaar und sagte, »wenn die Feinde kämen, müssten wir alle sterben. Er habe Mitleid mit meinem Bruder, aber da er von einem Tyrannen geboren sei, müsse auch er sterben.«
    Einmal wurde der Dauphin nachts geweckt, um nachzusehen, ob er noch da war. »Ein anderer kam und sagte, dass mein Vater nicht getötet, sondern lebenslang ins Schloss von Chambord gesteckt würde, und mein Bruder dürfe nicht heiraten.« 16 Alles beherrschend aber war die Angst, dass man sie trennen würde. Die Wachen merkten das schnell und schürten diese bewusst. Die Königin wurde eines Tages von einer Nachricht so tief getroffen, dass ein ständiges Gefühl der Panik zurückblieb. 17
    »Das sind die Szenen, denen meine Familie jeden Tag ausgesetzt war«, schrieb Marie Thérèse in ihr Tagebuch 18 , Szenen, die ihr Leben für immer prägten.

Madame Royale als romantische Heldin
und der Austausch in Hüningen (1795)

Madame Royale als romantische Heldin

»Rose des Temple«, »verfolgte weiße Taube«
oder »die junge Unglückliche«,
    so wurde Marie Thérèse in den Herbstmonaten des Jahres 1795 in den Zeitungen von Paris genannt. 1
    Vom Mai 1794 bis zum offiziellen Todestag des jungen Louis XVII. am 8. Juni 1795 hatten die Machthaber in Frankreich einen Mantel aus Schweigen um den Temple und die königlichen Kinder gelegt. Aber nach dem Tod des kleinen Königs wurde das Schicksal seiner Schwester, der einzigen Überlebenden der Königsfamilie, auf einmal zu einem nationalen Anliegen.
    In der Presse erschienen Artikel, Gedichte und Lieder, die das Schicksal des »Waisenkindes im Temple« besangen und seine Freilassung forderten. Während Louis XVII. als legitimer Nachfolger auf dem Thron durchaus Bedeutung für die Politik hatte, galt Marie Thérèse als Privatperson, da sie nach dem in Frankreich geltenden Salischen Recht als Frau keinen Anspruch auf den Thron erheben konnte. Und so stand in den Annales patriotiques am 14. Juni 1795: »Alles deutet darauf hin, dass der Nationalkonvent, der geleitet wird von den Prinzipien der Menschlichkeit und Gerechtigkeit, dieser jungen Unglücklichen die Freiheit geben wird, deren einziges Verbrechen ist, geboren zu sein aus einem geächteten Geschlecht, und die in keiner Weise gefährlich werden kann.« 2
    Einige Tage später gab eine Deputation der Stadt Orléans eine Petition beim Nationalkonvent ab, in der die Freilassung Marie Thérèses gefordert wurde: Die Pforten der Gefängnisse hätten sich nun für so viele geöffnet. Wie könne man dann ein unschuldiges Kind, das alles verloren habe und dessen einziges »Verbrechen« seine königliche Geburt sei, weiterhin eingesperrt lassen? Man müsse sie freilassen und zu ihren Verwandten schicken. »Gerechtigkeit und Mitleid schreien laut für ihre Befreiung. Gibt es auch nur ein so feiges Herz, einen so gemeinen Geist, der wünschen könne, dass sie in Gefangenschaft bleibe?« 3
    Auch die Abgeordneten der Stadt Dreux und verschiedener Stadtteile von Paris forderten die Freiheit im Namen von Mitleid und Gerechtigkeit. Ein junges Mädchen wegen seiner Geburt und der Verbrechen, die seine Eltern begangen haben sollen, weiter gefangen zu halten, sei dieser Republik unwürdig.
    Schon am 13. 6. 1795 hatte das Komitee für allgemeine Sicherheit einen ersten Schritt getan und die zuständigen Polizeikommissare angewiesen, für Marie Thérèse eine weibliche Gesellschafterin zu suchen. Eine Woche später wurde die dreißigjährige Madeleine Elisabeth Renée Hillaire la Rochelle, die Frau des Bürgers Chanterenne, der Verwaltungschef einer Polizeiabteilung war, in den Temple geschickt.
    In den Archives Nationales in Paris liegt folgende Beschreibung über sie: Ihr Benehmen sei angenehm und damenhaft, heißt es. Obwohl sie die meiste Zeit auf dem Land gelebt habe, könne sie sich durchaus an die Gegebenheiten des Stadtlebens anpassen. Die Kreise, in denen sie sich bewegt habe, seien nicht brillant, aber doch ausgesucht. Sie spreche gut Französisch und schreibe es mit Leichtigkeit und Korrektheit. Sie könne Italienisch und ein wenig Englisch. Sie habe sich mit Sprachen, Geschichte, Geografie, Musik, Zeichnen und anderen Dingen beschäftigt, mit denen sich Frauen ihre Zeit vertreiben. Vor allem aber sei sie loyal der Republik gegenüber. 4
    Zeitgleich befahl die Kommission, dass man die »Tochter von Louis Capet« mit allem versorgen möge, was sie für Nahrung und ihren weiteren Unterhalt brauche. Auch solle man
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