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Die Dunkelgräfin: Das Geheimnis um die Tochter Marie Antoinettes (German Edition)

Die Dunkelgräfin: Das Geheimnis um die Tochter Marie Antoinettes (German Edition)

Titel: Die Dunkelgräfin: Das Geheimnis um die Tochter Marie Antoinettes (German Edition)
Autoren: Carolin Philipps
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ins Gesicht. Einige Nationalgardisten, die sich über diese Unverschämtheiten amüsierten, scharten sich um ihn, lachten schallend bei jeder Tabakwolke und erlaubten sich die unflätigsten Reden; andere holten Stühle aus dem Wachlokal, um dieses Schauspiel noch bequemer genießen zu können, setzten sich darauf und versperrten den Durchgang, der schon eng genug war.
    Während des Spaziergangs fingen die Kanoniere zu tanzen an und sangen Lieder, die immer revolutionär, manchmal obszön waren. Wenn die königliche Familie in den Turm zurückging, war sie den gleichen Kränkungen ausgesetzt; auf den Wänden, an denen sie vorbeigingen, stand mit großen Buchstaben geschrieben: ›Madame Veto wird tanzen … Wir werden das fette Schwein auf Diät setzen … Man muss den kleinen Wölfen den Hals umdrehen.‹ An einer Stelle war ein Galgen mit einem Erhängten gezeichnet. Darunter stand: ›Louis nimmt ein Luftbad‹; ein anderes Mal unter einer Guillotine ›Louis spuckt in den Sack.‹«
    Und immer wieder ertönte durch den Turm das Revolutionslied Ça ira , dessen Refrain lautete: »Ah, ça ira … Die Aristokraten an die Laterne, man wird alle Aristokraten aufhängen.« Ein anderes Lied dieser Zeit, das die Wachen begeistert sangen, war die Carmagnole , ein Rundgesang mit Tanz:
Frau Veto [Marie Antoinette, Anm. d. Autorin] hatte versprochen,
Ganz Paris umzubringen.
Aber ihr Plan ist fehlgeschlagen
Dank unserer Kanoniere.
Refrain
Tanzen wir die Carmagnole,
Es lebe ihr Klang,
Es lebe ihr Klang,
Tanzen wir die Carmagnole,
Es lebe der Klang der Kanonen.
Herr Veto [Louis XVI., Anm. d. Autorin] hatte
versprochen,
Seinem Land treu zu sein.
Aber das hat er versäumt,
Lasst uns ihm kein Quartier mehr bieten.
Marie Antoinette hatte beschlossen,
Uns auf den Hintern fallen zu lassen,
Aber ihr Plan ist fehlgeschlagen
Sie hat eins auf die Nase bekommen.
Ihr Ehemann glaubte, Sieger zu sein,
Da kannte er unseren Wert aber schlecht,
Geh, Louis, du dicke Heulsuse,
In den Turm im Temple.
Die Schweizer hatten versprochen,
Unseren Freunden Dampf zu machen,
Aber wie sie gesprungen sind!
Wie sie alle getanzt haben!
Als Antoinette den Turm sah,
Wollte sie eine Kehrwendung machen.
Da wurde ihr ganz schlecht,
Als sie sich ohne Ehre sah.
    Diese beiden Schmähgesänge bildeten die ständige Geräuschkulisse dieser Monate, wie Marie Thérèse berichtet.
    Zeitungen bekamen die Gefangenen nur, wenn sie schlimme Nachrichten enthielten: Beleidigungen, Verleumdungen, Forderungen nach dem Tod des Königs oder »der kleinen Wölfe«, womit die Kinder gemeint waren. 11 Einmal brachten sie eine Zeitung zu ihrem Vater und sagten, »es stände etwas Interessantes drin: Welch ein Horror! Man sprach davon, dass man seinen Kopf auf eine rote Kanonenkugel stecken und dieses Höllenspektakel mit Freuden darbieten würde.« Die junge Prinzessin beschreibt auch, wie ständig Menschen unter den Fenstern erschienen und nach dem Kopf ihres Vaters schrien. Trommeln kündigten dabei immer besonders schlimme Ereignisse an. 12
    Zeit ihres Lebens behielt Marie Thérèse panische Angst vor Geräuschen und Lärm jeder Art, eine Angst, die beinahe hysterisch wirkte.
    Der Abbé Henry Edgeworth de Firmont, der als Beichtvater kurz vor dem Tod des Königs zu ihm geführt wurde, berichtet erschrocken über die Zustände im Temple: »Die Tür des Turmes war zwar sehr klein und niedrig, ging aber mit furchtbarem Knarren auf, wegen der vielen Riegel und Eisenstangen, mit denen sie gesichert war … Sie führten mich über eine Wendeltreppe, die so eng war, dass dort kaum zwei Personen aneinander vorbeikommen konnten. In regelmäßigen Abständen wurde diese Treppe durch Schranken blockiert, und an jeder stand ein Wachposten; diese Posten waren echte Sansculottes und fast alle betrunken. Die schrecklichen Schreie, die sie ausstießen und die von den Gewölben widerhallten, waren wirklich furchterregend …« 13
    Immerhin durfte im Krankheitsfall der ehemalige Leibarzt des Königs kommen. Als der Kammerdiener Cléry krank wurde, pflegte die Familie ihn selber. 14 Die Versorgung mit Wäsche und Kleidung wurde zum Problem. Die Damen hatten ja schon angefangen, ihre Wäsche selbst zu flicken, eine ungewohnte Tätigkeit, die sie aber nach Clérys Auskunft erstaunlich gut machten. 15
    Und immer wieder hörten sie Todes- oder andere Drohungen von Wachen und Beamten der Kommune, vor allem dann, wenn die äußere Bedrohung durch die Truppen der ausländischen Monarchen akut wurde.
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