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Die Dunkelgräfin: Das Geheimnis um die Tochter Marie Antoinettes (German Edition)

Die Dunkelgräfin: Das Geheimnis um die Tochter Marie Antoinettes (German Edition)

Titel: Die Dunkelgräfin: Das Geheimnis um die Tochter Marie Antoinettes (German Edition)
Autoren: Carolin Philipps
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Barthélemy hatten nicht viel Zeit zur Vorbereitung, denn Anweisungen dazu dürften nicht vor Anfang Dezember aus Paris gekommen sein.
    Natürlich hätten sie auf die Tausende in der ganzen Schweiz auf Schlössern und Gütern verstreuten französischen Adligen zurückgreifen können, die hier Schutz vor den Verfolgungen in der Heimat gefunden hatten. So wie zum Beispiel die Familie der Gräfin de Polignac, der besten Freundin Marie Antoinettes, der Erzieherin des Dauphin, die bereits 1789 flüchten musste und sich mit ihrer Schwester auf Schloss Gümligen bei Bern niederließ, während ihr Mann sich im Auftrag Louis’ XVIII. in Wien oder St. Petersburg aufhielt. Sie war allerdings schon 1793 gestorben.
    Oder Madame de Staël, die solcherart Hilfsdienste auch in ihren Memoiren beschreibt: »Ich verbarg bei mir im Waadtland einige in jeder Beziehung durch ihren Rang und ihre Tugenden achtungswürdige Freunde der Freiheit, und da man von den damaligen Schweizer Behörden keine förmliche Erlaubnis für ihren Aufenthalt bekommen konnte, so führten sie schwedische Namen, die Herr von Staël (Botschafter Schwedens) ihnen beilegte, um das Recht zu haben, sie zu beschützen.« 2 Madame de Staël war die Tochter Jacques Neckers (1732 – 1804), des langjährigen Finanzministers Louis’ XVI., der aus Genf stammte. Ihr Vater hatte größere Besitzungen in der Schweiz und war einverstanden, dass sie – wie viele andere – den unglücklichen Vertriebenen Asyl gewährte. Sie war in jungen Jahren mit ihrer Familie nach Paris gekommen und hatte zum engsten Freundeskreis Marie Antoinettes gezählt, der sie im Juli 1792 hatte zur Flucht verhelfen wollen. Gegen die Hinrichtung Marie Antoinettes hatte sie vergeblich protestiert. Sie selbst war Mitte der Neunzigerjahre allerdings nur selten auf ihrem Schloss Coppet am Genfer See, das für eine rasche Unterbringung der Prinzessin wohl auch zu weit entfernt von Basel lag.
    Wahrscheinlicher ist daher, dass Bacher und Barthélemy zunächst einmal auf ihre persönlichen Kontakte in Basel und Umgebung zurückgriffen. Da war zum Beispiel der oberste Verwaltungsbeamte der Stadt, Peter Ochs, bei dem Barthélemy seit seiner Übersiedlung nach Basel wohnte, oder der reiche Kaufmann und Gelehrte Jacob Sarasin (1742 – 1802), der in seinem palastähnlichen Haus am Rhein stets Gäste aus aller Welt beherbergte. 1777 besuchte ihn dort Kaiser Joseph II., 1784 Prinz Heinrich von Preußen. Dies Haus lag nicht weit vom Ort der Vertauschung entfernt. Auch das Gasthaus »Zum Engel« im nahe gelegenen Pratteln, das er 1777 für Gäste eingerichtet hatte, wäre für einen kurzfristigen Aufenthalt infrage gekommen.
    Das eigentliche Problem aber war die dauerhafte Unterbringung einer königlichen Prinzessin dieses Ranges. Wenn man davon ausgeht, dass Madame Royale vertauscht wurde, weil die französische Regierung bzw. einige ihrer Mitglieder ein Interesse daran hatten, dann musste alles unter höchster Geheimhaltung vor sich gehen. Jeder neue Mitwisser brachte eine unkalkulierbare Gefahr mit sich. Die an der Vertauschung Beteiligten gingen ein hohes Risiko ein. Wenn das Geheimnis zum falschen Zeitpunkt entdeckt wurde, konnte es nicht nur die Karriere der Beteiligten ruinieren, sondern auch die Beziehungen der französischen Regierung zu Österreich und anderen Herrscherhäusern, die sich brüskiert fühlen würden. Immerhin war der Austausch ein offizieller Akt zwischen zwei Regierungen gewesen. Der noch sehr instabile Ruf der Republik als ernst zu nehmender Verhandlungspartner wäre nachhaltig zerstört worden.
    Wie aber sollte man das verhindern? Niemand wusste, wie lange das Versteckspiel dauern würde. Jahre, Jahrzehnte, bis zum Tod der Prinzessin? Niemand konnte voraussehen, wann und ob überhaupt man das Geheimnis der Vertauschung zum eigenen Nutzen würde einsetzen können.
    In diesen Zeiten der Revolution, der Kriege, der unkalkulierbaren Regierungen gab es nur ein Netzwerk, das überregional, unabhängig von der politischen Überzeugung, unabhängig von gesellschaftlichen und religiösen Schranken funktionierte: das soziale Netzwerk der Freimaurer.
    Es geht hier, um das ausdrücklich zu betonen, nicht um irgendeine der vielen Verschwörungstheorien, die den Freimaurern auch gerade in Zusammenhang mit der Französischen Revolution fälschlicherweise angehängt wurden und werden. Es geht hier allein um ihr Netzwerk, das wirklich einzigartig war.
    Ausgehend von England hatte sich die
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