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Die dritte Weissagung

Die dritte Weissagung

Titel: Die dritte Weissagung
Autoren: Vampira VA
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zerwühlten Pritsche aufrichtete, rief: »Wer ist da? Sergej?«
    Vermutlich hatte sich ihr Mann noch nie im Leben so katzenhaft leise und geschmeidig bewegt, wie Irina es gerade tat.
    »Sergej ist draußen geblieben«, flüsterte sie. Und schickte ein böses Lachen hinterher.
    Die Frau erstarrte. Nicht Angst, nur namenloses Staunen breitete sich über ihre Züge. Vor einer Frau - einer jungen Frau, wie nicht nur Irinas Äußeres, sondern auch ihre Stimme vorgaukelte - hätte sich diese leidgewohnte Frau niemals gefürchtet.
    »Wer, zur Hölle, schleicht da herum?«
    »Die Herrin der Hölle«, antwortete Irina launig. Ohne Umweg ging sie zu dem Schläfer und setzte sich neben ihm auf die Matratze.
    »Verschwinde, Hure!« zischte die Frau im Dunkel. Ihre Hand fuchtelte herum, suchte nach der Dose Schwefelhölzer, die neben einer Lampe am Kopfende ihres Bettes stand. »Ich weiß nicht, wo er dich aufgegabelt hat, aber du läßt meinen Sohn in Ruhe weiterschlafen, sonst werde ich dir .«
    Irina wartete nicht ab, bis das Zündholz fauchend die Dunkelheit zerriß.
    Sie mißachtete die Warnung der Mutter und weckte den Sohn. Zog ihn spielerisch leicht wie eine Puppe zu sich heran - - und biß zu.
    Als die Flamme auflohte, mochte es für die aufgebrachte, füllige Frau, fünf Schritte vom Geschehen entfernt, so aussehen, als wäre ihr Sohn in einem innigen Kuß mit diesem . Flittchen vereint.
    Wutentbrannt entzündete sie die Lampe und wuchtete dann ihren schweren Körper in die Höhe, um wankend auf das Paar zuzugehen.
    »Wassily, du verdammter -«
    Der Rest des Fluchs blieb ihr im Halse stecken, als sie die Wunde am Hals ihres Sohnes gewahrte. Irinas Lippen konnten die zerfetzte Stelle nicht völlig umschließen. Zu ungezügelt, zu temperamentvoll war sie zu Werke gegangen. Der gerade noch kraftstrotzende Jüngling in ihren Armen hatte sein Leben bereits ausgehaucht, und der Nektar entströmte seinem Leib, in dem die Pumpe ausgesetzt hatte, nur noch als träges Rinnsal.
    Als sich Irinas Mund nun von der zerfetzten Ader Wassilys löste, gab es ein schmatzendes Geräusch, als fülle sich ein Vakuum mit Luft.
    Irina machte sich nicht die Mühe, die verlebte Frau, die wie eine alte Vettel aussah und gewiß ebenso wie ihr toter Gemahl draußen oft genug dem Alkohol zugesprochen hatte, am Schreien zu hindern.
    Behende wie ein gesättigtes, aber nicht übersättigtes Tier schnellte sie sich aus der Hocke heraus auf die Plärrende zu.
    Sie sperrte ihre Kiefer so weit auf, daß es für die zur Salzsäule Erstarrte aussehen mußte, als würden sie in den Gelenken auseinanderbrechen. Im nächsten Moment jedoch nahm Irina überraschend ihre Metamorphose zurück. Unschuldsvoll, beinahe bedauernd starrte sie auf die Frau, die sie zuerst zur Witwe gemacht und dann auch noch ihres Sohnes beraubt hatte.
    »Du bist so häßlich«, schnarrte sie, »du gefällst mir. Ich war ohnehin auf der Suche nach einer neuen Dienerin .«
    Nach diesen Worten beugte sie sich vor und verging sich, für sie selbst ein wenig überraschend, mit ausgesuchter Vorsicht an der aufgedunsenen Alten.
    Ein Rascheln im Hintergrund erinnerte sie daran, daß sie mit Was-sily noch nicht fertig war. Behutsam legte sie die Hände um die Kehle der Frau und erstickte sie. Dann ließ sie sie zu Boden sinken und wandte sich dem Sohn zu, der orientierungslos um sich starrte.
    »Schade«, murmelte sie, »aber für dich habe ich keine Verwendung mehr. Über einen Mann verfüge ich bereits ...«
    Sie glitt auf ihn zu.
    Ob er das Geräusch, das wie ein brechender Zweig klang, selbst noch hörte, war zweifelhaft.
    Sekunden später zerfiel er zu flockiger Asche, verzehrt von einem Feuer, das nur von Blut hätte gelöscht werden können.
    Wenn überhaupt.
    *
    Gegen Morgengrauen erreichte die Vampirin den Winterpalast in Begleitung ihrer neuen Zofe.
    Längst hatte der Regen das Blut der Demonstranten weggewaschen, die hier, auf dem Vorplatz, ihr Leben bei dem Versuch einge-büßt hatten, den Frieden und eine Verfassung zu erzwingen. Von den Unruhen, die nun ein Jahrzehnt zurücklagen, zeugte nichts mehr. Aber neues, weit ärgeres Unheil braute sich zusammen. Wer mit offenen Augen durch die Stadt ging und die aus aller Welt eintreffenden Nachrichten zu deuten verstand, konnte sich dieser Ansicht nicht verschließen .
    Die Wachen ließen die Spätheimkehrerin und ihre Begleiterin bedenkenlos ein. Irina war ihnen bekannt, wenn auch nicht namentlich.
    Der Palast umfaßte mehr als 1500
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