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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende
Autoren: Lawrence Sanders
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Suite im achten Stock teilten, eine Uberdosis Barbiturate genommen und waren nackt in enger Umarmung gestorben.
    1953 hatte — ein besonders unappetitlicher Zwischenfall — ein wütender Ehemann die Tür von Zimmer 1208 aufgebrochen, wo seine Frau und ihr Liebhaber God Bless America im Bett sangen. Der Ehemann hatte weder ihr noch ihm etwas angetan, sondern sich schnurstracks kopfüber aus dem nächsten Fenster gestürzt, dem sicheren Tod auf der Madison Avenue entgegen. Die Milchglasmarkise über dem Eingang des Hotels war dabei stark in Mitleidenschaft gezogen worden.
    1968 hatte es in einer großen Firmensuite im dritten Stock eine Schießerei gegeben. Ein Mann war getötet worden, ein weiterer verletzt, und der anwesende Etagenkellner hatte die Schmach einer Streifschußwunde in den Allerwertesten erlitten.
    Das Management hatte den Mietvertrag mit dieser Firma natürlich umgehend gekündigt, denn bei allen langfristigen Abkommen mit dem Hotel Granger spielte die Moral eine wichtige Rolle.
    Trotz dieser vereinzelten Vorfälle war das Granger im Grunde ein ruhiges, konservatives Unternehmen, das alles tat, um Stammgäste und häufig noch deren Kinder und Enkel zufriedenzustellen. Die Sicherheitsabteilung war nicht groß, und ihre Hauptarbeit bestand darin, Betrunkene oder Stadtstreicher ohne großes Aufsehen wieder zu entfernen, Damen des horizontalen Gewerbes der Cocktail Lounge zu verweisen und der verlorenen und gefundenen Gegenstände Herr zu werden, eine Aufgabe, die jedes Großstadthotel zur Verzweiflung treibt.
    Zoe Kohler betrat das Hotel um 8 Uhr 46. Sie nickte dem Portier, den Pagen und der Tagschicht am Empfang kurz zu, dann trat sie durch eine Tür mit der Aufschrift Nur für Angestellte, die zu den Büros der Sicherheitsabteilung führte. Wie üblich war Barney McMillan, der die Schicht von ein Uhr nachts bis neun Uhr morgens hatte, auf der Ledercouch in Eve-rett Pinckneys Büro eingeschlafen. Sie rüttelte ihn wach. Er war ein fülliger, nicht übermäßig sauberer Mann, und sie empfand es als unangenehm, ihn zu berühren.
    »Was ist los?« fragte er schläfrig.
    »Aufstehen«, sagte sie. »Ihr Dienst ist noch nicht zu Ende.«
    »Stimmt«, sagte er, setzte sich auf, gähnte und schmeckte seine Zunge. »Wie wär's mit etwas Kaffee, Baby?«
    Sie blickte ihn an.
    »Nein«, sagte sie fest.
    Er blickte sie an.
    »Wie wär's mit etwas Kaffee, Zoe?«
    »Das war schon besser«, sagte sie. »Was zu essen?«
    »Warum nicht? 'n Stück Pflaumenkuchen oder so.«
    »Irgend etwas Besonderes passiert?« fragte sie.
    »Nein«, antwortete er. »Ein paar Betrunkene haben auf dem neunten Stock Randale gemacht. Das war es so ziemlich. Ruhige Nacht. Genau, wie ich es liebe.«
    Zoe hängte ihren Mantel in einen offenen Schrank. Sie verstaute ihre Tasche in der untersten Schublade ihres Schreibtisches und holte ein schwarzlackiertes Tablett aus der obersten. Sie verließ den Raum durch dieselbe Tür, durch die sie ihn betreten hatte, durchquerte das Foyer und die Cocktail Lounge und gelangte schließlich in einen Seitengang, der zur Küche führte.
    Dort waren alle mit dem Frühstück beschäftigt, das im Speisesaal serviert oder auf die Zimmer gebracht wurde, und niemand achtete auf Zoe. Manchmal hatte sie die Vorstellung, ein unsichtbares Wesen zu sein.
    Sie belud das Tablett mit drei Tassen Kaffee für Mr. Pinckney, McMillan und sich und legte für Barney noch zwei Stück Zucker und zwei Portionen Kaffeesahne dazu. Der Strudel sah nicht besonders appetitlich aus, deshalb entschied sie sich für einen marmeladegefüllten Krapfen. Barney McMillan aß ohnehin alles.
    Dann kehrte sie mit dem vollen Tablett wieder in die Büros der Sicherheitsabteilung zurück. Inzwischen war auch Everett Pinckney eingetroffen; er und McMillan saßen sich an Pinckneys Schreibtisch gegenüber, die Beine hochgelegt. Sie lachten schallend, hörten jedoch abrupt auf und nahmen ihre Füße herunter, als Zoe eintrat. Mr. Pinckney wünschte ihr einen guten Morgen, und beide bedankten sich höflich für ihren Kaffee.
    Als sie wieder in ihrem eigenen Zimmer war, hörte sie sie erneut lachen. Sie argwöhnte, die beiden könnten sich vielleicht über sie lustig machen, und blickte an sich hinunter, um sicherzugehen, daß ihr Pullover keine Flecken hatte und ihre Strumpfhose keine Laufmasche. Sie konnte keinen Makel entdecken, und doch …
    Sie saß steif an ihrem Schreibtisch und schlürfte in dem fensterlosen Büro ihren Kaffee. Sie lauschte dem
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