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Die dritte Ebene

Die dritte Ebene

Titel: Die dritte Ebene
Autoren: Ulrich Hefner
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Bildschirmdaten. Die Landkarte auf dem Monitor zeigte die Südküste Floridas bis hinunter zu den Antillen. Grellgelbe Isobaren – Linien, die Flächen gleichen Luftdrucks miteinander verbinden – unterteilten das Gebiet in verschiedene Bereiche, doch irgendetwas stimmte nicht. Der Luftdruck in Höhe von Puerto Rico war innerhalb der letzten drei Stunden über 30 Hektopascal gefallen, die Windgeschwindigkeit lag bei 57 Knoten, und die Luftströmung eines 250 Kilometer entfernten subtropischen Hochdruckgebiets speiste über das Meer unaufhörlich das entstandene Tief. »Wir erhalten auch von der kanadischen Nordküste sonderbare Werte«, erklärte Changs Kollege Schneider, der das Papier aus dem Wäschekorb einer oberflächlichen Prüfung unterzogen hatte. »Dort treibt ein Ausläufer des Islandtiefs auf die Hudsonbai zu. Das ist für diese Jahreszeit ziemlich außergewöhnlich.«
    »Was ist in diesem Frühjahr überhaupt noch so, wie es sein soll?«, knurrte Chang. »Da unten braut sich etwas zusammen. Wir müssen eine Sturmwarnung herausgeben. Es sieht gar nicht gut aus.«
    »Ein Hurrikan?«
    »Ich fürchte, ja. Eines gewaltigen Ausmaßes und einen ganzen Monat zu früh. Er ist vor Barbados entstanden. Nach meinen Berechnungen treibt er mit rasender Geschwindigkeit auf die Südküste Floridas zu. Ich habe den Kurs mittlerweile dreimal überprüft. Florida und die Bahamas, sofern sich die Parameter nicht ändern.«
    »Und genau da haben wir wieder das Problem«, erwiderte Schneider. »Vor einem Jahr lagen wir bei achtzig Prozent unserer Vorhersagen richtig. Wenn wir in diesem Jahr fifty-fifty schaffen, dann können wir noch von Glück reden. Das sind keine Vorhersagen mehr, das ist reinste Wahrsagerei.«
    Chang drückte auf die Eingabetaste seines Keyboards. Zahlenreihen liefen über den Bildschirm. »Vielleicht sind unsere Rastergrößen nicht mehr zeitgemäß. Das Jahr fängt jedenfalls gut an. Ein Hurrikan, mitten im Frühjahr. Das darf doch wohl nicht wahr sein.« Er zoomte auf der Landkarte in das Gebiet, in dem sich der Sturm zusammenbraute. Ein Raster von schwarzen Vierecken lag darüber. Jedes Quadrat war mit einer Kombination aus Buchstaben und Zahlen beschriftet. Die Sturmfront überdeckte bereits mehr als zwei Drittel der Fläche. »Schauen wir mal, was da draußen vorgeht«, murmelte Chang. »Weißt du, was wir im Planquadrat DSQ 327 haben?«
    Schneider durchsuchte die nicht enden wollende Liste. Schließlich legte er die Aufzeichnungen auf das Schreibpult. »Das ist eine Boje draußen im Golf. Sie arbeitet mit Funk.«
    »Ich hole mir mal die Daten rein«, sagte Chang und klickte auf den Link, der sich hinter den Buchstaben im Viereck versteckte. »Windgeschwindigkeit bei 61 Knoten aus Süd-Südwest, 890 Hektopascal, Temperatur 21,3 Grad Celsius und knapp 82 Prozent Luftfeuchtigkeit.«
    Schneider warf einen Blick auf den Monitor und verglich die Daten mit denen der Prognose. »Das ist plausibel.«
    Chang klickte auf das daneben liegende Quadrat. Weitere Daten wurden übermittelt – sie waren nahezu identisch mit den Werten von DSQ 327. Chang prüfte weitere Raster. Hinter jeder Einteilung steckte eine Wetterstation, die ihre festgestellten Daten online übermittelte: eine Boje, Satellitenwerte, Messungen eines Wetterballons mit Sonde oder einer einfachen Wetterstation in irgendeinem Garten eines Grundstücks oder eines öffentlichen Gebäudes. Dazu kamen noch einige tausend herkömmliche Wetterstationen, wo ein ehrenamtlicher Mitarbeiter, meist Rentner, viermal täglich die Werte ablas und sie dann per Telefon oder Fax durchgab. Mitarbeiter des Instituts übertrugen diese Werte unverzüglich in den Zentralrechner, damit sich ein schlüssiges Bild ergab und eine Prognose errechnet werden konnte. Als Chang den Link auf der DSQ 334 aktivierte, stutzte er. Windgeschwindigkeit bei 72 Knoten aus westlicher Richtung, Luftdruck bei 1020, 13,8 Grad und eine Regenwahrscheinlichkeit von 72 Prozent. Das Ergebnis wich drastisch von der Norm ab.
    »Was ist da bei 334?«, fragte Chang und zeigte mit dem Finger auf den Bildschirm. Das Quadrat lag über der Region von West Palm Beach.
    Schneider wühlte in den Papieren. »Ich hab’s«, sagte er. »Es ist ein Funksignal, kommt online rein und geht direkt auf den Rechner.«
    »Da stimmt doch was nicht«, entgegnete Chang. »Eine solche Abweichung auf knapp fünf Quadratkilometern liegt zu weit außerhalb des Varianzbereiches.«
    Schneider griff zum Telefonhörer. »Ich
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