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Die Drachenreiter von Pern 03 - Drachengesang

Die Drachenreiter von Pern 03 - Drachengesang

Titel: Die Drachenreiter von Pern 03 - Drachengesang
Autoren: Anne McCaffrey
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daß die Kinder, die Menolly unterrichtete, ihre Melodien für echte Lehrballaden der Harfnergilde halten können. (Wenn die Lieder nach Ansicht ihrer Eltern so gut klangen, welchen Schaden konnten sie dann anrichten?) Im Grunde wollten sie doch nur, daß sie ihre Lieder für sich behielt, damit keiner sie hörte und zur Unrechten Zeit sang.
    Menolly sah deshalb nichts Verbotenes darin, neue Stücke niederzuschreiben. Sie spielte die Melodien leise im Kleinen Saal, wenn die Kinder fort waren und ihr noch Zeit bis zur Nachmittagsarbeit blieb, und versteckte die Noten dann sorgfältig zwischen den Harfner-Aufzeichnungen im Regal. Bis zum Eintreffen des neuen Mannes waren sie hier sicher; keiner außer ihr würde sie entdecken.
    Dieses geringe Abweichen vom strengen Verbot ihres Vaters half Menolly ein wenig, die wachsende Verzweiflung und Einsamkeit zu meistern. Was Menolly nicht wußte, war die Tatsache, daß ihre Mutter sie die ganze Zeit über scharf beobachtete.
    Mavi waren die Zeichen der Rebellion nicht entgangen. Die Baronin wollte mit allen Mitteln verhindern, daß die Burg irgendwie ins Gerede kam; sie fürchtete vor allem, daß Menolly die eindeutige Gunst des Harfners in den Kopf gestiegen war und das Mädchen nicht die nötige Reife besaß, sich zu zügeln.
    Auch Sella hatte sie gewarnt, daß Menolly immer widerspenstiger wurde. Mavi tat einen Teil dieser Reden als Geschwisterneid ab. Aber als Sella ihr dann verriet, daß Menolly eigenmächtig begonnen hatte, einige Kinder als Trommler und Pfeifer auszubilden, fühlte sie sich zum Eingreifen verpflichtet. Wenn nämlich erst einmal Yanus von Menollys Ungehorsam erfuhr, dann stand es schlimm um die Kleine.

    ***

    Der Frühling nahte, und die See beruhigte sich. Vielleicht traf jetzt bald der neue Harfner ein.
    Und dann brachen die schönen Tage mit Macht herein. Eine leichte Brise wehte vom Meer herein und trug den süßen Duft blühender Strandpflaumen- und Moosbeerensträucher durch die weit offenen Fensterläden des Kleinen Saales. Die Kinder sangen aus voller Kehle, als könnten sie damit das Ende des Unterrichts beschleunigen. Vielleicht war es ihr Übermut, der Menolly ansteckte und sie an eine Melodie erinnerte, die sie erst am Vortag niederzuschreiben versucht hatte.
    Ihr kam nicht zu Bewußtsein, was sie tat. Und sie hatte keine Ahnung, daß die Flotte von ihrem Morgenfang bereits wieder zurück war. Ebensowenig merkte sie, daß die Akkorde, die sie anschlug, nicht zu jenen gehörten, die ein Harfner lehrte. Es war also doppelt unselig, daß gerade in diesem Moment der Burgherr am offenen Fenster des Klassenraumes vorbeikam – Sekunden später stand er im Eingang und befahl den Kindern schroff, beim Entladen der schweren Netze zu helfen.
    Dann nahm er wortlos seinen breiten Ledergürtel ab, riß Menolly den Kittel über die Schultern hoch und legte sie mit harter Hand über den Hocker.
    Als er fertig war, kniete sie auf den kalten Steinfliesen und biß sich die Lippen blutig, um das Schluchzen zu unterdrücken. Yanus hatte sie noch nie zuvor so brutal geschlagen. Das Blut dröhnte ihr in den Ohren, und sie hörte nicht einmal, wie er den Raum verließ. Es dauerte lange Zeit, ehe sie das Gewand über die aufgeschwollenen Striemen streifen konnte. Erst als sie sich langsam aufrichtete, merkte sie, daß er auch die Gitarre mitgenommen hatte. Da wußte sie, daß sein Schuldspruch hart und unumstößlich war.
    Und ungerecht! Sie hatte nur die ersten Takte gespielt … mitgesummt … weil die Schlußakkorde der Lehrballade in die neue Melodie übergingen. Sicher hätte diese winzige Variation keinem ihrer Schüler geschadet. Sie kannten inzwischen jede Silbe jeden Ton der Lehrballaden. Und sie hatte nicht mit Absicht gegen das Gebot verstoßen!
    »Menolly?« Ihre Mutter stand an der Tür, die Tragschlaufe eines leeren Ledersacks in der Hand.
    »Du hast sie heute wohl früher fortgeschickt? Ist das vernünftig …« Mavi unterbrach sich mitten im Satz und starrte ihre Tochter an. Zorn und Kummer spiegelten sich in ihren Zügen wider.
    »Konntest du dich wirklich nicht besser beherrschen? Wo soviel auf dem Spiel stand …?«
    »Ich hab es doch nicht absichtlich getan, Mavi! Das Lied kam mir einfach so in den Sinn. Und ich hatte nicht mehr als die ersten Takte gespielt.«
    »Da, nimm den Sack! Wir brauchen frisches Grünzeug«, sagte Mavi mit ausdrucksloser Stimme. »Und halte Ausschau nach Gelbfasergras! Die ersten Büschel müßten allmählich
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