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Die Drachenflotte (German Edition)

Die Drachenflotte (German Edition)

Titel: Die Drachenflotte (German Edition)
Autoren: Will Adams
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die in dem Raum dahinter zu ertrinken drohten, die Flucht.
    Als er sie bemerkte, brüllte Chung Hu wütend auf. Er hasste Frauen, als wärensieschuld daran, dass man ihn seiner Männlichkeit beraubt hatte, und rächte sich täglich mit zahllosen kleinen Grausamkeiten an ihnen. Sie machte kehrt und floh, verzweifelt gegen das Wasser kämpfend. Chung Hu setzte ihr nach und rief seinen Kumpanen zu, ihm zu folgen. Ein Stück weiter war das Wasser nicht mehr so tief, und das Vorwärtskommen wurde leichter, aber natürlich auch für Chung Hu. Als er sie an der Schulter packte, fuhr sie mit einem Ruck herum und stach zu. Die schmale Klinge des Messers glitt mühelos durch das weiche Gewebe seines Auges in die bösartige graue Masse dahinter. Mit einem Grunzen stürzte der Dicke kopfüber ins Wasser. Seine beiden Kumpane starrten sie beinahe ehrfürchtig an, als hätten sie Chung Hu für unverwundbar gehalten. Ein gewaltiger Wasserschwall erinnerte sie an die Gefahr, in der sie sich befanden. Panisch flüchteten sie an ihr vorbei zur Treppe, die Öllampen in den Händen.
    Das Wasser reichte Mei Hua bis zu den Hüften, als sie sich endlich zu dem Vorraum zurückgekämpft hatte, wo sie die Konkubinen immer noch in ohnmächtiger Angst und Verzweiflung um Hilfe schreien hörte. Sie ertastete die beiden Holzschranken und hob sie aus ihrer Verankerung. Unter dem Druck des Wassers sprang die Tür auf, und weinend stürzten ihre Freundinnen mit ihren Kindern heraus. In der Dunkelheit rief sie verzweifelt nach ihrem Söhnchen. Li Wei streckte ihr den Kleinen entgegen, und Mei Hua schloss ihn dankbar in ihre Arme. Das Kind fest an die Brust gedrückt, schob sie sich mit den anderen zum Aufgang. Nur unter größten Anstrengungen gelang es ihr, gegen das einströmende Wasser die Treppen zu erklimmen. Das Deck war voller Menschen, Seeleute, Soldaten und sonstiger Passagiere, und mitten unter ihnen rannten panisch die aus ihren Verschlägen ausgebrochenen Tiere umher, Schweine, Hunde, Ochsen und Hühner.
    Oben angekommen, liefen die Konkubinen in alle Richtungen auseinander, um das nackte Leben zu retten. Mei Hua hielt nach dem Admiral Ausschau. Bao Zhi war schließlich sein Sohn, auch wenn er nicht bereit war, ihn als solchen anzuerkennen. Eine halb geborstene Spiere schwang sausend von hoch oben herab, spießte einen alten Mann im Gewand eines Astronomen auf und schnellte ihn himmelwärts, seinen geliebten Sternen entgegen. Alte Männer schlugen sich wie die Teufel um die Rettungsboote. Sie flehte einen von ihnen an, ihr Kind mitzunehmen, aber alle dachten nur daran, die eigene Haut zu retten. Vergeblich bot sie den Schmuck des Admirals als Bezahlung an; was halfen Juwelen, wenn man zu ertrinken drohte? Ein Offizier riss ihr trotzdem das Rubinhalsband aus der Hand, stieß sie zu Boden und schwang seinen Knüppel nach ihr. Sie warf sich herum, und der Hieb traf sie auf den Rücken, bevor sie davonkroch, an der Brust ihr schreiendes Kind, das sie mit Streicheln und zärtlichen Worten zu trösten suchte.
    Als ein gewaltiges Wetterleuchten den Himmel erhellte, konnte sie den Regen und die Gischt ausmachen, die sie noch gar nicht wahrgenommen hatte. Sie sah, dass sie fast im Bug des Schiffes war. So weit vorn war sie noch nie gewesen. Im Schein des nächsten Wetterleuchtens erhob sich über ihr die gewaltige drachenköpfige Galionsfigur mit den wie zum Flug ausgebreiteten Flügeln aus der Dunkelheit und trug Mei Hua auf ihrem Rücken hoch über die Welt hinaus. Was hatten sie nicht alles gesehen in den letzten vier Jahren! Alle Ecken der Welt hatten sie bereist. Doch was zählte das jetzt?
    Eine schmerzliche Sehnsucht überfiel sie, wenigstens einmal noch ihre Mutter sehen und ihren Schwestern den kleinen Bao Zhi zeigen zu können. Wo sie ihnen doch schon so nahe war. Erst gestern hatte ihr der Admiral auf seinem Globus gezeigt, wie weit sie schon gereist waren und dass nur noch wenige Wochen sie von der Heimat und einem triumphalen Empfang trennten.
    Ein neues, gewaltiges Beben durchlief das Schiff, noch ein Mast stürzte um. Überall an Bord schrien die Menschen in Todesangst. Schluchzend drückte Mei Hua den kleinen Bao Zhi an sich. Vor sechs Tagen hatte sie von einer Frau in Rot geträumt, die ihr mit ausgebreiteten Armen winkend über das Wasser entgegenschritt. Tian Fei, die Himmelskönigin, die gekommen war, um sie zu Hause willkommen zu heißen.
    Aber nicht so.
    Nicht so.

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    Kapitel 1
I
Ein Korallenriff vor der
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