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Die Dornen der Rose (German Edition)

Die Dornen der Rose (German Edition)

Titel: Die Dornen der Rose (German Edition)
Autoren: Joanna Bourne
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dabei bemerken.« Carruthers machte sich Notizen auf den Zetteln, die sie dort ausgebreitet hatte, wo auf dem Tisch noch Platz war. »Sie wären unsichtbar.«
    »Ich könnte ihnen die Taschen ausräumen, während sie es machen.« Das Klappern hörte auf. Er band sich eine unsichtbare Schürze um die Taille und wurde zum flinken, gewandten und leisen Servierjungen in einem Café. Diese Engländer hatten wirklich etwas von einem Chamäleon.
    Guillaume war der wandelbarste von allen. Seit dem frühen Morgen war er unterwegs und hatte Neuigkeiten und Gerüchte gesammelt. Er trug die blaue, zerknitterte Jacke eines Marktarbeiters. Althea hatte ihm das Haar ganz kurz geschnitten und Asche hineingerieben. Jetzt hatte er graue Haare, die Narbe war fort. Jede lange Linie in seinem Gesicht war eine tiefe Furche, und ein Netz aus kleinen Fältchen umrahmte seine Augen. Sie wusste nicht, wie er das geschafft hatte.
    Am Morgen hatte sie gesehen, wie er aufgebrochen war, um durch die Straßen der Stadt zu wandern. Er hatte sich verwandelt, noch während der Pförtner das Tor geöffnet hatte, und war zu einem anderen Mann geworden. Mit einem Mal stimmte etwas mit seiner linken Schulter und dem Arm nicht mehr – es wirkte, als hätte jemand beides schnell zusammengeklebt und dann zu früh daran gerüttelt, ehe alles hatte trocknen können. Er wirkte unbeholfen. Er sah überhaupt nicht mehr wie Guillaume LeBreton aus.
    Es musste schwer sein, so viele Rollen über einen so langen Zeitraum zu spielen. In dem Heim, das sie für ihn schaffen würde, würde er nur Guillaume sein. Nur er selbst.
    Guillaume reichte Hawker seine leere Tasse. »Ich werde zu den Ständen von Les Halles zurückkehren. Wenn überhaupt, dann wissen die Marktleute zuallererst, was vorgeht.«
    »Es liegt mir fern«, erklärte Carruthers, »einem unabhängigen Agenten Befehle zu erteilen, aber ich könnte Sie hier brauchen, um Berichte durchzusehen. Ich habe genug Augen und Ohren in der ganzen Stadt. Ich werde den Jungen zum Markt schicken«, sie schaute Hawker an, »und sehen, was er mir mitbringt.«
    »Einverstanden. Ich werde …«
    Die Tür ging auf. Ein junger Mann hastete herein. Er war sechzehn oder siebzehn, hatte fast weiße Haare und das Gesicht eines Schuljungen. Sein Blick huschte von einem zum anderen und blieb kurz an Hawker hängen, ehe er schließlich Carruthers ansah. »Der Mann, dem ich gefolgt bin …«
    »Victor de Fleurignac.« Carruthers zog einen Stuhl mit dem Fuß heran und schob ihn ihm hin, damit er sich setzte. »Du kannst reden. Und du brauchst Hawker jetzt doch nicht mehr umzubringen. Er gehört jetzt mir.« Auf ihrem Gesicht erschien ein schmallippiges Lächeln. »Wir sind alle erleichtert. Was ist jetzt mit Victor de Fleurignac?«
    »Fouché hat ihn kurz nach neun heute Morgen aufgesucht. Er ist zwanzig Minuten geblieben. Zwischen zehn Uhr und Mittag sind drei Boten mit Nachrichten gekommen. Dann lange Zeit nichts. Vor einer Stunde ist der alte Mann aufgetaucht. Der ältere de Fleurignac, der Marquis. Er hat die Tür aufgeschlossen und ist hineingegangen. Bevor ich gegangen bin, ist er nicht herausgekommen.«

50
    Doyle zählte Dutzende von Männern auf den Straßen, die alle in unterschiedliche Richtungen eilten. Es waren keine Kutschen, keine Karren, keine Fuhrwerke unterwegs. Und keine Frauen, bis auf die, die an seiner Seite ging. Alle rechneten damit, dass Unruhen ausbrechen würden, als von der Nationalversammlung Truppen ausgesandt wurden, um Robespierre festzunehmen. Vielleicht stand eine richtig schöne, stürmische Revolte bevor.
    Er hatte Hawker und den jungen Pax dabei, was schon eine halbe Armee war. Maggie marschierte wie eine Walküre neben ihm her. Er beneidete Victor nicht um den Zusammenstoß, der ihm mit Maggie bevorstand. Falls Victor ihrem Vater etwas getan hatte, würde sie ihn wahrscheinlich mit bloßen Händen in Stücke reißen.
    Noch ein Grund, warum ich Victor umbringen werde. Damit sie es nicht tun muss . Er wollte nicht, dass sie mit dem Wissen weiterlebte, jemanden getötet zu haben.
    Die Läden waren geschlossen, abgesperrt und verrammelt, und die Ladenbesitzer harrten im Inneren bewaffnet aus, um den Pöbel abzuwehren, falls Plünderungen einsetzten. Doch die Cafés und Tavernen waren geöffnet und so voll, dass die Männer im Stehen tranken. Alle lasen Zeitungen und tauschten sie untereinander aus. Gerüchte machten die Runde. Er schnappte sie im Vorbeigehen auf.
    »Robespierre hatte die Sektionen
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