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Die Diebe von Freistaat

Die Diebe von Freistaat

Titel: Die Diebe von Freistaat
Autoren: Robert Asprin
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den Statthalterstab an sich bringen und sich vom Prinzen dafür Gold—nein, lieber Silber, das war weniger auffällig—geben und seine Freiheit sichern lassen. Aus Suma oder Mrsevada oder von sonstwo würde er eine Botschaft schicken und Kadakithis mitteilen, anonym, natürlich, daß Lirain eine Verräterin war. Vielleicht würde er sich auch direkt nach Ranke begeben und den Kaiser darauf aufmerksam machen, was für ein Paar unfähiger Leute er in Freistatt hatte. Hanse sah sich bereits reich belohnt und als Vertrauten des Kaisers ...
    Und so trafen er und Lirain sich wieder, einigten sich und machten ihren Plan. Tatsächlich war ein Tor unverschlossen geblieben. Tatsächlich verließ ein Wächter seinen Posten an einer Palasttür. Tatsächlich erwies auch sie sich als nicht verschlossen. Hanse verriegelte sie hinter sich. Und so gelangte ein Hanse, der ungewöhnlich breit um die Mitte war, Einlaß in das prunkvolle Zuhause des Statthalters von Freistatt. Dunkle Korridore brachten ihn zu dem beschriebenen Gemach. Da der Prinz sich gegenwärtig nicht darin aufhielt, wurde es auch nicht zusätzlich bewacht. Der Elfenbeinstab, so geschnitzt, daß er wie grobborkiges Holz aussah, war tatsächlich da. Aber unerwartet hatte eine von Lirains Mitkonkubinen die Abwesenheit des Prinzen genutzt, um es sich, offenbar voll Erwartung, in seinem Bett gemütlich zu machen, und ihr Schlaf erwies sich als alles andere denn tief. Jedenfalls öffnete sie nicht nur die Augen, sondern auch den Mund, um laut zu schreien. Aus dem Schrei wurde durch Hanses Geistesgegenwart jedoch nur ein Quieken, denn er versetzte ihr einen Hieb auf den Bauch, der erschreckend gewölbt und weich für ihr Alter war. Hastig preßte er ihr ein Kissen aufs Gesicht, was ihm ein paar Kratzer und ein blaugeschlagenes Schienbein einbrachte. Doch dann erschlaffte sie. Er vergewisserte sich, daß sie nur bewußtlos, nicht tot war, und fesselte sie mit einem Riemen ihrer eigenen hochgeschnürten Sandale. Den Ring, den sie an einem Ohr trug, nahm er ihr ab. Und all das im Dunkeln. Dann beeilte er sich, den Statthalterstab in die Decke eines niedrigen Tischchens einzuschlagen. Nun zog er seinen Kittel hoch und begann, das dreißig Fuß lange, mit Knoten versehene Seil von seiner Taille abzuwickeln. Er hatte es für angebracht gehalten, es mitzunehmen. Lirain hatte ihm versichert, daß in den Abendtrunk der Höllenhunde ein Schlafmittel gemischt würde. Hanse wußte nicht, daß das tatsächlich stimmte, daß einer der fünf kräfigen Riesen es nicht nur persönlich getan hatte, sondern selbst nicht weniger getrunken hatte als die anderen. Und so schliefen Bourne und seine Kameraden tief und fest. Der Plan sah vor, daß Hanse den Palast auf dem gleichen Weg verließ, den er gekommen war. Da er jedoch wußte, daß man ihn als Werkzeug betrachtete, und er ohnedies von Natur mißtrauisch und vorsichtig war, hatte er beschlossen, einen anderen Rückweg zu nehmen.
    Er befestigte ein Ende des Seils an dem Tisch, dessen Decke er an sich genommen hatte. Das andere warf er aus dem Fenster. Da der Tisch größer als die Fensteröffnung war, würde er ihm auch nicht hindurch folgen können.
    So kletterte Hanse hinaus und hinunter und schlug Richtung Westen ein, zwischen den Freudenhäusern hindurch. Sein Rücken kribbelte, als rannten Skorpione mit erhobenem Stachel ihn auf und ab. Aber offenbar war die gefesselte Benutzerin des Bettes Seiner Hoheit noch nicht gefunden worden.
    Noch vor dem Morgengrauen erreichte Hanse seine Kammer im ersten Stock eines Hauses im Labyrinth. Aber er legte sich noch nicht sofort zur Ruhe, sondern bewunderte das Symbol rankanischer Amtsgewalt, das nach einem Gott genannt war, von dem es angeblich stammte. Die Bewunderung galt jedoch nicht seinem Aussehen, denn er sah wirklich nicht nach viel aus, dieser gertenähnliche Stab von kaum zwei Fuß aus vergilbendem Elfenbein. Er hatte es geschafft!
    Kurz nach dem Mittag des nächsten Tages redete Hanse auf den geschwätzigen alten Hakiem ein, der in letzter Zeit viel davon sprach, was für ein großartiger Mann Seine hübsche Hoheit war, und daß Seine Hoheit ihn nicht nur einiger Worte gewürdigt, sondern ihm auch zwei gute Silberstücke geschenkt hatte. Doch heute redete Hakiem nicht, sondern hörte zu — und er schluckte immer wieder. Aber was konnte er tun, als sich einverstanden zu erklären?
    Mit dem hübschen Anhänger vom Ohrring einer Frau ging Hakiem zum Palast und wurde auch zu Seiner Hoheit
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