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Die Deutschen

Die Deutschen

Titel: Die Deutschen
Autoren: Artur Müller
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Resignation in entscheidenden Fragen der Politik. Aber stimmt jene scheinbare politische Enthaltsamkeit, jene politische Inaktivität mit dem tatsächlichen Geschehnisablauf überein? Haben die Deutschen keine revolutionäre Tradition? Wurden sie als Untertanen geboren, und ist es ihnen für alle Zukunft bestimmt, als Untertanen zu sterben?
    Der Versuch, die politischen Willensäußerungen und die revolutionären Aktivitäten des deutschen Volkes aufzuzeichnen, führt zu einem überraschenden Ergebnis. Die Geschichte des deutschen Volkes ist – so betrachtet – nicht nur eine Geschichte seiner Kaiser und Staatsmänner, seiner Bischöfe und Reformatoren, seiner Philosophen und Dichter, nicht nur eine Folge diplomatischer und kriegerischer Vorgänge, sie ist vielmehr gleichzeitig und nicht zuletzt Ausdruck eines unzerstörbaren politischen Willens seiner Bürger und ihres nie abreißenden Kampfes um gesellschaftliche und politische Freiheit. Tausende von Deutschen sind in diesen Kämpfen gestorben und geopfert worden. Zwar gibt es in der Geschichte der deutschen Aufstände mehr Niederlagen als Siege, mehr Blut und Tränen als Jubel und Triumphe. Aber der Glaube an Fortschritt und Gerechtigkeit, an Brüderlichkeit und Freiheit war nie zu ersticken. Wie viele leidenschaftliche Rebellen sind namenlos gestorben, wie wenige Revolutionäre sind in das Bewußtsein ihres Volkes eingegangen! Wie viele der Kämpfe, die mit großer Hingabe geführt wurden, sind vergessen, als wären sie nie gewesen!
    Dieses Buch will an der Neubildung eines politischen Bewußtseins der Deutschen mitwirken; es will der Jugend eine Vergangenheit zeigen, die zwar nie ohne Irrwege war, aber auch voll des Glaubens an eine bessere Zukunft und voller Opferbereitschaft für eine Gesellschaftsordnung, in der soziale Gerechtigkeit und politische Freiheit, Humanität und Frieden unverrückbare Leitsterne sind.

    Chronik 1000–1234
    Der Kampf der Stedinger Bauern. 1232–1233

    Um das Jahr 1000 n. Chr. entwickelt sich in Deutschland der Feudalismus, jene soziale Ordnung, die auf dem Lehnswesen beruht, einem System von Abhängigkeiten durch »Verleihen« von Ämtern, Grund und Boden, Münzrechten und anderen Pfründen. Als die Lehen allmählich erblich werden, verfestigen sich die Herrschaftsstrukturen, und es entsteht, bei freilich regional und institutionell sehr unterschiedlichen Gegebenheiten, die mittelalterliche Standes- und Klassengesellschaft. Die Wirtschaftsform des Feudalismus entwickelt sich aus der zweiten gesellschaftlichen Arbeitsteilung durch die Konstituierung selbständiger Handwerker wie Töpfer mit Werkstätten, Bronze- und Edelmetallarbeiter in Produktionsgruppen, Drechsler, Wagenbauer, Böttcher und Zimmerleute. Gemünztes Geld wird allgemein anerkanntes Zahlungsmittel. Luxusartikel und Gebrauchsgegenstände werden eingeführt; Vieh, Honig, Wachs, Pelze und Sklaven werden exportiert. Marktflecken und Marktrechte werden durch Könige und Fürsten geschaffen. Bestimmte Gewerbe schließen sich zu Zünften zusammen, denen politische und wirtschaftliche Privilegien zugestanden werden. Die Erdbefestigungen werden durch Mauern ersetzt, und es bilden sich Städte, in denen die Patrizier das Recht bestimmen und die Exekutive ausüben. Man baut Ziegelhäuser und Steinbrücken. Die Wasserkraft wird in den Dienst des Menschen gestellt, und auch auf diese Weise wird die Errichtung von Werkstätten mit Arbeitsteilung gefördert.
    Zunächst dominiert die Naturalwirtschaft, allmählich aber spezialisiert sich die Produktion, und es zeichnet sich eine stetig zunehmende gesellschaftliche Arbeitsteilung ab. So blüht denn zwar die Wirtschaft auf, doch müssen Handwerk und Gewerbe immer höhere Abgaben verschiedener Art leisten. Insbesondere geraten die ehemals freien Bauern mehr und mehr in die Abhängigkeit von Feudalherren und Fürsten, die sie zu Frondiensten zwingen. Wirtschaftliche Ausbeutung und politische Unterdrückung provozieren denn auch allenthalben Erhebungen, Aufstände, Klassenkämpfe.

    1060: Im Kampf um die Allmende, die gemeindeeigenen Weiden und Wälder, die von allen Gemeindemitgliedern genutzt werden, nimmt der Bischof von Osnabrück den Bauern die Wälder um Iburg weg, um Rodungsland für sich selbst zu gewinnen.
    1073–1075: Als die königlichen Ministerialen vor allem im Harzgebiet Allmenderechte an sich reißen und mehr Frondienste und höhere Abgaben fordern, erheben sich die sächsischen Bauern gegen ihre Zwingherren.
    1094:
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