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die Detektivin in Jeans

die Detektivin in Jeans

Titel: die Detektivin in Jeans
Autoren: Margot Kreuter
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Mächen
    Rainer unterbrach sie. „Ist
doch eine wie die andere. Wenn du ihnen nichts bieten kannst, laufen sie dir
davon.“ Er schlüpfte aus seiner Pyjamajacke. „Reib mir noch eben die Schulter
ein. Aber mach bitte schnell, ich muß mich beeilen.“ Frau Faber betrachtete
besorgt den Bluterguß. „Es wäre mir doch lieber, wenn Dr. Meliert sich das
ansähe. Möchtest du nicht bei ihm Vorbeigehen?“ bat sie ihren Sohn.
    „Ja, gut, heute abend, wenn ich
vom Dienst komme. Übrigens, kannst du mir fünfzig Mark borgen, Mutter? Mein
Kollege will sich heute abend um mein Moped kümmern. Ich glaube, ich brauche
ein paar Ersatzteile, und für seine Arbeitmuß ich ihm
auch was geben.“
    Frau Faber nickte. „Mach dich
fertig. Ich richte inzwischen euer Frühstück. Ach, Rainer...!“
    Rainer drehte sich an der Tür
um.
    „Die Tarifverhandlungen sind
gelaufen. Ab Oktober kriegt der öffentliche Dienst sechs Prozent mehr. Ich
hörte es in den Spätnachrichten. Dann brauchst du nicht mehr soviel zum
Haushalt beizusteuern.“
    Rainer wurde rot. „Mutter! Die
Miete ist erhöht worden. Die Krankenversicherung kassiert auch wieder mehr...“
    Frau Faber fiel ihm ins Wort.
„Wir kommen aus! Aber ich möchte nicht, daß sich eine solche Schlägerei
wiederholt. Ich finde es schlimm, wenn ein Junge mit den Fäusten Eindruck auf
ein Mädchen machen muß. Und ein Mädchen, das so etwas zuläßt oder
herausfordert, gefällt mir nicht für meinen Jungen.“
    „Was redest du denn da?“ sagte
Rainer wütend.
    Doch seine Mutter ließ sich
nicht beirren. „Ich weiß, Geld ist nicht alles, Rainer. Doch wenn man keins
hat, fühlt man sich ziemlich minderwertig. Ich kenne das von mir. Und du
arbeitest ja. Es steht dir also zu. Sobald feststeht, wieviel wir künftig netto
mehr haben werden, entwerfen wir einen neuen Finanzplan. Es wird schon so viel
für dich übrigbleiben, daß du deine Freundin auch mal zum Abendessen einladen
kannst.“
    „Ich habe keine Freundin“,
sagte Rainer. „Ich will auch keine mehr. Deshalb brauchst du kein schlechtes
Gewissen zu haben. Außerdem... er grinste. „Wenn dein Gehalt aufgestockt wird,
kriege ich ebenfalls mehr. Ich bin ja auch im öffentlichen Dienst.“
    Seine Mutter blickte ihm
lächelnd nach.
    Doch dann wurde ihre Miene
ernst. Sie machte sich Sorgen um Rainer. Er nahm das Leben zu schwer.
Vielleicht nahm er es deshalb so schwer, weil es ihm nie leichtgemacht worden
war. Seine Kindheit war überschattet gewesen von dem Verlust seines Vaters. Und
sie selbst hatte es nicht verstanden, ihm darüber hinwegzuhelfen. Sie hatte im
Gegenteil ihren Ältesten mit ihren eigenen Sorgen belastet. Sie hatte ihn
ungewollt in eine Beschützerrolle gedrängt, die das Kind überfordern mußte.
    Das war ihr in den letzten
Wochen klargeworden, als sie erlebte, wie er sich quälte, wie er es nicht
verstand, Eva zurückzugewinnen oder sie zu vergessen. Es war normal, daß ein
junger Mensch litt, wenn ihm seine erste große Liebe verlorenging. Auch Ältere
drohten manchmal an einem solchen Verlust zu zerbrechen. Doch es war unnormal
und selbstzerstörerisch, wie Rainer darauf reagierte.
    Er blieb tatenlos. Er vergrub
sich in seinen Kummer. Er brachte es nicht einmal über sich, darüber zu
sprechen. Machte alles mit sich alleine ab. So war er schon als Kind gewesen.
Auch damals, als sein Vater seine Familie verließ und untertauchte, um sich
auch noch den Unterhaltszahlungen für seine Kinder zu entziehen.
    Was hatte sie als Mutter
versäumt?
    Rainer fühlte sich ständig
zurückgestoßen und ungeliebt. Weshalb hatte sie es nicht verstanden, ihn zu
einem selbstbewußten, heiteren Menschen zu erziehen? Sie hätte ihm über den
Verlust des Vaters hinweghelfen müssen.
    Doch kann man einem Kind
darüber hinweghelfen?
    Sandra hatte es überwunden.
Sandra war anders. Sandra setzte sich zur Wehr, wenn man sie angriff. Sie nahm
es nicht klaglos hin, daß man ihr weh tat. Sie hielt ihren Feinden nicht die
andere Wange hin, wenn man sie schlug, seelisch oder körperlich. Sandra hatte
früh erkannt, daß Menschen nicht vollkommen sind, daß sie einander zu quälen
vermögen. Es mißfiel ihr. Doch sie fand sich damit ab. Sie zerbrach nicht daran,
sondern kämpfte, solange sie glaubte, daß es sinnvoll war.
    Rainer hatte nie gekämpft. Es
mußte ihn schlimm getroffen haben, wenn er sich dazu hinreißen ließ, sich mit
den Fäusten zu verteidigen, statt Beleidigungen einzustecken oder zu fliehen,
als man ihn
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