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Die Dämonenfängerin. Aller Anfang ist Hölle

Die Dämonenfängerin. Aller Anfang ist Hölle

Titel: Die Dämonenfängerin. Aller Anfang ist Hölle
Autoren: Jana Oliver
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da noch die Zunft, mit der sie fertig werden musste. Sie sah die feixenden Gesichter förmlich vor sich und hörte schon das Altherrenlachen. Und erst die derben Witze. Darin waren sie richtig gut.
    Das habe ich nicht verdient.
Die anderen Lehrlinge machten auch Fehler, aber noch nie war deswegen ein Krisentreffen einberufen worden.
    Die Sonne ging gerade unter, und einen Moment lang konnte sie fast glauben, dass kein enttäuschter Vater im Inneren des alten Gebäudes auf sie wartete. Ihre Nase fing den verführerischen Duft von geröstetem Fleisch ein. In dünnen Säulen stieg der Rauch von unzähligen Holzfeuern aus dem Centennial Park auf der anderen Straßenseite auf. Im ganzen Park verstreut standen bunte Zelte, wie bei der modernen Version eines mittelalterlichen Marktes. Menschen wuselten durch die Gänge und wurden von den Verkäufern angesprochen. Die Händler standen hinter ihren Tischen, auf denen die Waren hoch gestapelt lagen. Sie konnte den Bariton eines Mannes hören, der sein frisches Brot anpries.
    In Anlehnung an den ursprünglichen Namen der Stadt nannte man ihn den Terminus Markt. Anfangs hatte er nur an den Wochenenden geöffnet, inzwischen war er jedoch zu einer Dauereinrichtung geworden. Je schlechter es um die Wirtschaft stand, desto mehr florierte der Markt und füllte die Versorgungslücken, während das reguläre Geschäftsleben zum Erliegen kam. Man konnte dort fast alles kaufen oder tauschen, von lebenden Hühnern bis zu magischen Hilfsmitteln wie den Glaskugeln, die die Dämonenfänger benutzten. Wenn ein Händler nicht hatte, was man suchte, hatte er es bis zum nächsten Abend garantiert aufgetrieben, ohne irgendwelche Fragen zu stellen.
    »Die Zeichen der Zeit«, sagte Beck leise. »Es ist einfach nicht richtig.«
    Alarmiert durch die tiefen Furchen auf seiner Stirn, folgte sie seinem Blick. Auf dem Gehweg stand, beladen mit Paketen, ein Untoter. Er trug saubere Kleidung, und sein Haar war gekämmt, trotzdem konnte man sehen, dass er tot war. Die bleiche graue Haut und der abwesende Gesichtsausdruck verrieten ihn. Er stand ein paar Schritte hinter seiner »Besitzerin«, einer Frau in den Dreißigern mit rotblondem Haar und Designerjeans, auf deren Po die Worte
Smart Bitch
mit Pailletten gestickt waren. Alles an ihr roch nach Geld, einschließlich des Autos. Es hatte keinen Sonnenkollektor auf dem Dach, also brauchte sie sich keine Sorgen darum zu machen, wie viel ein Liter Benzin kostete. Keine Dellen, kein Rost, alles blitzblank und neu.
    Wahrscheinlich hat der tote Mann es gewaschen.
    Soweit Riley wusste, war ein Untoter nicht so etwas wie ein Zombie im Film, sondern nur die traurige Erinnerung an ein vergangenes Leben. Für Leute mit Geld waren sie die perfekten Diener: Sie baten nie um Urlaub und hatten keinen Anspruch auf Lohn. Sobald die Nekromanten einen Leichnam aus dem Grab geholt hatten, hielt er sich noch etwa ein Jahr – die Kehrseite der immer besser werdenden Einbalsamierungstechniken. Sobald sie nicht länger von Nutzen waren, wurden die Untoten wieder verscharrt, falls ihr Besitzer so mitfühlend war. Wenn nicht, wurde der Leichnam eines Tages im Müllcontainer gefunden.
    »Sie sind die reinsten Sklaven«, sagte Riley. »Wenn man gestorben ist, sollte man in Ruhe gelassen werden.«
    »Dein Wort in Gottes Ohr.« Beck räusperte sich. »Tja, da musste dir keine Sorgen machen. Sobald ein Dämon einen Fänger in der Mangel hatte, will kein Nekro ihn mehr haben.«
    Toller Trost.
    Riley sah zu, wie der Untote die Pakete in den Kofferraum des Wagens stapelte. Als er fertig war, kletterte er auf den Rücksitz. Sie eigneten sich gut für einfache Aufgaben, aber Auto fahren gehörte nicht dazu.
    Sie wandte sich wieder ihrem Ziel zu. Beim Tabernakel handelte es sich um ein über einhundert Jahre altes rotes Backsteingebäude. Ursprünglich war es eine baptistische Kirche, danach eine Konzerthalle. Sie war einmal zu einem
Alter Bridge
-Konzert hier gewesen, als sie den fünfunddreißigsten Geburtstag ihres Dads gefeiert hatten. Zu dieser Zeit hatten sie noch in Buckhead gewohnt, und ihre Mom hatte noch gelebt. Damals hatten ihre Eltern als Lehrer an einer richtigen Schule gearbeitet, und die Welt war noch in Ordnung.
    Am Eingang blieb Beck stehen und lehnte sich gegen das Seil, das als Geländer diente. Der metallene Handlauf war schon längst verschwunden. Beck hielt seine Reisetasche in der Hand und sah sie mit ungewöhnlich ernster Miene an.
    »Es ist nicht nur, weil du ein
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