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Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer

Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer

Titel: Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer
Autoren: Christina Förster
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zwei Monaten für ihn zuständig. Wieder so ein ahnungsloser Anfänger! Er kann einem ja schon fast leidtun …
    „Ah, Valerian, da bist du ja! Sehr schön!“
    Der lächelte gekünstelt und nickte knapp. Ja, ja, wir lieben dich alle! Komm lieber zur Sache!
    „Sie meinten, dass ich um 14 Uhr hier sein soll – also bin ich hier. Was gibt es denn?“
    Seine Entgegnung war brüsk und abweisend. Erst mal zappeln lassen! Dem wird das Grinsen schon noch vergehen!
    Doch weit gefehlt. Herr Köppers schien bester Laune.
    „Aber, aber! Komm doch erst mal rein! Es warten schon alle auf dich.“
    Alle? Wer sollen denn bitte alle sein?
    Stirnrunzelnd trat Valerian ein und musterte verblüfft die Anwesenden.
    Im Büro saßen zwei elegant gekleidete Männer sowie Tante Edith, die ein ebenso sonniges „Köppers-Lächeln“ zur Schau stellte. Er wusste nicht, von wem er sich mehr bedroht fühlte: den „Men in Black“ oder einer euphorischen Tante. Sie musste große Mühen auf sich genommen haben, um die unliebsame Spätschicht mit einer Kollegin zu tauschen.
    Sein Blick wanderte wieder zu den beiden Männern. Definitiv keine Sozialarbeiter. Sie sind zu gut und zu teuer gekleidet.
    Der Kleinere, obwohl sicher einsfünfundsiebzig, war ein älterer Mann um die sechzig. Er hatte hellgraue Haare und einen großväterlichen Zug in seinem Gesicht. Er saß ganz entspannt da, die Hände locker auf dem Tisch platziert. Hätte er im nächsten Moment ein ledergebundenes Buch aufgeschlagen und angefangen, ein Märchen vorzulesen, dann wäre das Bild perfekt gewesen. Neben ihm lehnte ein Spazierstock am Tisch. Valerian erkannte ein silbernes Geflecht in dem schwarzen Holz, das sich zu einem interessanten Muster zu formen schien.
    Der Mann daneben wirkte halb so alt wie sein Begleiter. Seine hellblonden Haare waren streng aus dem Gesicht gekämmt und saßen perfekt. In seine goldenen Manschettenknöpfe waren große Rubine eingefasst. Ein dritter Rubin prangte in Form eines goldenen Siegelringes an seinem linken Ringfinger. Seine hellgrauen Augen schienen kalt wie Eis und sein Blick war bohrend. Valerian stellte entsetzt fest, dass sich seine Nackenhaare aufrichteten.
    Die beiden Männer erhoben sich simultan, als er den Raum betrat. Der Ältere streckte ihm die Hand entgegen und zu Valerians eigener Verwunderung ergriff er sie.
    „Das sind Sir Prof. Dr. Fowler und sein Kollege Prof. Lichtenfels“, verkündete Herr Köppers gewichtig.
    „Das ‚Sir‘ reicht vollkommen.“ Der ältere Mann zwinkerte Valerian kurz zu. Als er sprach, war ein feiner englischer Akzent zu hören.
    Was hat ein englischer Ritter beim Berliner Jugendamt zu suchen , fragte sich Valerian verwundert.
    Der jüngere Mann machte keine Anstalten, sich näher vorzustellen, und so nahmen sie alle Platz. Tante Edith strahlte immer noch, als hätte sie im Lotto gewonnen. Sie las jedes Boulevard-Blättchen, das ihr (natürlich kostenlos) in die Hände fiel (meist beim Friseur oder Arzt), und wenn dieser Fowler wirklich von Adel war, dann kannte sie ihn gewiss. Jetzt war klar, warum sie die Strapazen auf sich genommen hatte, um herzukommen. Edith und der Sir … Das würde sie noch wochenlang ihren Freundinnen erzählen können! Doch was wollten die Männer von ihm?
    „Sir Fowler“, Herr Köppers warf dem Engländer einen jovialen Wir-sind-ja-jetzt-Freunde-Blick zu, „ist Leiter einer besonderen und neuen Schulart. Er hat dir ein großartiges Angebot zu machen. Und, so viel darf ich verraten, das ist ein einmaliges Angebot. So etwas bekommt man nie wieder!“ Dazu hob er vielsagend die Brauen.
    Ein Angebot, das man nicht ausschlagen kann, was? Na, das werden wir ja noch sehen …
    Valerian versuchte, das enthusiastische Nicken seiner Tante zu ignorieren.
    „Die Cromwell Hochschule am Rande von Berlin ist nicht einfach nur eine Privatschule, sie bietet den Schülern auch außergewöhnliche Studieninhalte“, ergriff nun Sir Fowler das Wort. „Allerdings steht sie nur ganz bestimmten Studenten offen. Studenten mit besonderen Begabungen. Solchen wie Ihnen.“
    Eine Stunde später verließen alle das Büro. Tante Edith hatte während des Gesprächs doch tatsächlich ein paar Freudentränen produziert. Womöglich, weil die Schulleitung ihr die entfallenden Pflegegeldzahlungen ausgleichen würde, solange Valerian als Student der Cromwell Hochschule galt. Von Sir Fowler hatte sie sich mit einem improvisierten Knicks verabschiedet.
    Nicht zu fassen! Valerian schüttelte den Kopf.
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